Mastrinder

Deutschland ist mit seinen etwa elf Millionen Rindern sowohl einer der größten Milcherzeuger als auch zusammen mit Frankreich und Großbritannien einer der bedeutsamsten Rindfleischproduzenten der Europäischen Union. Milchkühe und ihre Nachzucht machen den größten Anteil des Rinderbestandes aus und beeinflussen gleichzeitig stark die Rindfleischerzeugung. Denn die nicht für die Reproduktion der Milchviehherde benötigten Kälber gehen in die Rindermast und auch Färsen und Altkühe fließen in die Rindfleischerzeugung ein. Zusätzlich bestimmen Mastbullen und Ochsen, Rinder aus der Mutterkuhhaltung sowie Absetzer und Fresser (junge Rinder, die nicht mehr gesäugt werden) den Rinderbestand. Die Rinderhaltung ist noch stark von kleinen Höfen geprägt, sodass 73 Prozent der Betriebe unter zehn Rinder halten. Gleichzeitig entstehen aber immer größere Betriebe, sodass 30 Prozent der Rinder in Beständen mit über 100 Tieren gehalten wird. Die Rindfleischerzeugung in Deutschland steht zunehmend unter Druck, weil konkurrierende Märkte durch Freihandelsabkommen und deutlich intensivere Mastverfahren kostengünstiges Fleisch auf deutsche beziehungsweise europäische Märkte bringen. Dies beeinträchtigt auch das Tierwohl in der Rindermast, indem intensive Mastverfahren den Grundbedürfnissen der Tiere nicht gerecht werden, Qualzüchtungen auf eine maximale Fleischleistung das Tier beeinträchtigen und Forderungen nach Weidehaltung, Verzicht auf Amputationen und ausgewogene Haltungsbedingungen mit der wirtschaftlichen Realität kaum vereinbar sind. In aller Regel wird den Masttieren im Betrieb das wenigste Augenmerk geschenkt. Ein Großteil der Betriebe legt den Focus auf den Ausbau der Milchviehhaltung und vergrößert, modernisiert hier weit mehr als im Mastbereich. Darunter leiden die Mastrinder zum Teil massiv. Durch die Spezialisierung der Betriebe wird die Mast zudem immer weiter ausgelagert. 

Grundbedürfnisse 

Eine Kuh säugt ihr Kalb auf einer Weide
Mutterkuh mit Kalb © PROVIEH

Rinder sind sehr soziale Wesen. Sie leben in Herden mit bis zu 70 Mitgliedern. Bei mehr Tieren entstehen Untergruppen, da sonst das Stressniveau steigt. Eine Rinderherde ist stark durch eine hierarchische Rangordnung geprägt. Diese wird beim erstmaligen Aufeinandertreffen zweier Tiere durch einen Rangkampf festgelegt und ändert sich bei weiblichen im Gegensatz zu männlichen Tieren im festen Herdenverband nicht mehr. Über die Stellung des Rindes entscheiden physische Faktoren, zum Beispiel Größe, Gewicht und Behornung, wie auch psychische Faktoren, wie beispielsweise das Gemüt oder das Alter. Die feste Rangordnung führt zu geringeren Konflikten beim Zugang zu Futter und Wasser, zu Liege- und Laufbereichen sowie zu Sexualpartner:innen. Innerhalb des Herdenverbandes bilden sich darüber hinaus langfristige freundschaftliche Beziehungen, die häufig von Verwandtschaftsverhältnissen geprägt sind. Gegenseitiges Belecken und nebeneinander Ausharren ist Ausdruck einer intensiven Freundschaft. Außerdem weisen Rinder ein ausgeprägtes Mutter-Kind-Verhalten auf, welches durch eine intensive Bindung und Fürsorge geprägt ist. In naturnaher Umgebung bilden sich im Verlauf der gemeinsamen Aufzucht Familienverbände aus Muttertieren mit ihrem Nachwuchs. Bullen schließen sich ihrerseits zu eigenen kleinen Herden zusammen. Trotz dieser ausgeprägten Beziehungen sind Rinder in erster Linie Distanztiere. Steht ihnen genügend Platz zur Verfügung, halten Rinder bei der Fortbewegung, beim Liegen und Fressen stets die Individualdistanz von 0,5 bis fünf Metern zu ihren Artgenossen ein. Gleichzeitig ruhen und fressen Rinder häufig simultan im Herdenverband, daher muss den Tieren ausreichend Platz eingeräumt werden. 

Außerdem erkunden Rinder aktiv und neugierig ihre Umgebung. Auch Bewegung beeinflusst das Wohlbefinden und den Gesundheitsstatus der Tiere positiv. In naturnahen Umgebungen legen sie täglich mehrere Kilometer zurück. Dabei schreiten sie nicht nur gemächlich vorwärts, sondern traben und galoppieren auch regelmäßig. Damit Rinder diesem Bewegungsdrang nachkommen, muss der Boden jedoch geeignet sein: Er sollte fest aber weich, nachgiebig und trittsicher sein. Rinderställe sind jedoch häufig durch harte und feuchte Spalten- oder Betonböden geprägt. Der Vergleich von Rindern in Weide- und Stallhaltung zeigt, dass Rinder ihre Bewegung in der Stallhaltung auf ein Minimum beschränken und sich nur etwa 500 Meter täglich fortbewegen. Bullen in enger Buchtenhaltung ist nicht einmal dieses Minimum an Bewegung möglich. Sie stehen auf den üblichen rutschigen Vollspaltenböden zum Ende der Mast nur noch zum Fressen auf und steigern bei besserer Bodenbeschaffenheit ihr Bewegungsverhalten, soweit vom Platz her möglich, erheblich. Hier kommt es also zu einer starken Verhaltenseinschränkung. 

Eine Kuh und eine Kalb auf einer Weide
Diese Rinder dürfen sogar Hörner tragen
© PROVIEH

Eine deutlich ausgiebigere Bewegung zeigt sich in der Weidehaltung. In ihrem natürlichen Lebensraum grasen Rinder bis zu zwölf Stunden täglich und fressen frische Gräser, Pflanzenstängel und Blätter anstelle von konservierter Gras- und Maissilage. Die Wiederkäuer sind aufgrund ihrer Vormägenbiologie auf eine kontinuierliche Nahrungsaufnahme angewiesen. Daher werden Fress- und Wiederkauaktivitäten gleichmäßig über Tag und Nacht verteilt und nehmen jeweils Perioden von acht bis zehn Stunden ein. Da der Großteil der Wiederkauaktivität im Liegen stattfindet, kommt dem sogenannten Ruheverhalten eine übergeordnete Rolle zu und ist für das Wohlbefinden und die Leistung von Rindern von großer Bedeutung. Eine gute Akzeptanz der Liegefläche ist daher entscheidend und wird mit einer weichen, verformbaren, sauberen, trittsicheren Liegefläche erreicht.  

Hinsichtlich der Temperatur sind Rinder ausgesprochen tolerant und vertragen dabei tiefe Temperaturen deutlich besser als Hitze. Ihr Temperaturoptimum liegt zwischen zwei und 22 Grad. Ideal sind, insbesondere bei Hochleistungstieren mit hoher Stoffwechselleistung Temperaturen bis 16 Grad Celsius. Zusätzlich profitieren Rinder von Klimareizen, indem sie sich im Sommer im Schatten oder im Regen kühlen und im Winter gezielt sonnige Bereiche aufsuchen, sofern ihnen dies ermöglicht wird.  

Rinder betreiben trotz ihrer vermeintlichen Unbeweglichkeit eine ausgiebige Körperpflege, indem sie sich mit der Zunge, ihren Hörnern und Klauen lecken, kratzen und scheuern und dabei teils raumgreifende Bewegungen einnehmen. Auch für diese Bewegungen sind rutsch- und trittsichere Böden unabdingbar.   

Kälber werden zwischen dem sechsten und elften Monat geschlechtsreif und zeigen fortan Sexualverhalten, zum Beispiel durch Aufspringen. Um unerwünschte Deckakte an weiblichen Masttieren zu verhindern und das Aggressionsverhallten in der Herde zu minimieren, sollte spätestens ab der Geschlechtsreife ein getrenntgeschlechtliches Aufstallen erfolgen. Bei Bullen nimmt das Aufspringen mit zunehmendem Gewicht ab, ein vermindertes Platzangebot erhöht jedoch die Tendenz zum Aufspringen aufgrund von Dominanzverhalten gegenüber beziehungsweise Verdrängung von rangniederen Tieren. Rinder haben eine durchschnittliche Tragzeit von 280 Tagen. Im letzten Stadium der Trächtigkeit ziehen sich Rinder natürlicherweise zurück und kalben abseits der Herde.

Eine Kuh auf einer Weide
© PROVIEH

Zucht 

Die Zucht von Milch- und Mastrindern ist durch unterschiedliche Zuchtziele geprägt. Hier soll es in erster Linie um die Zucht von Mastrindern gehen (mehr Informationen zu Milchkühen finden Sie hier). 

Die Rindermast ist zum einen durch Zweinutzungsrinder bestimmt, die sowohl auf Milch- als auch Fleischleistung gezüchtet werden. Dominierende Zweinutzungsrinderrassen sind in Deutschland unter anderem Fleckvieh und Rotbunte. Zum anderen prägen auch Milch- beziehungsweise Fleischbetonte Rassen die Zucht. 

Züchterisch optimierte Fleischrassen werden entweder zur Rindfleischerzeugung im Milchvieh eingekreuzt oder bei reinen Bullenmastbetrieben oder Mutterkuhbetrieben eingesetzt. Dies sind beispielsweise Intensivrassen wie Charolais, Limousin oder Weiß-Blaue Belgier. Vorrangiges Ziel der Zucht von Mastrindern ist die Produktion von hochwertigem, kostengünstigem Rindfleisch. Wirtschaftlich relevante Zuchtziele wirken entweder kostenminimierend oder erlösmaximierend und lassen sich in diesem Kontext folgenden übergeordneten Zuchtzielen der Fleisch- und Mastleistung zuordnen: Unter eine hohen Fleischleistung fallen Indikatoren wie Mastendgewicht, Schlachtausbeute sowie die Bemuskelung und Fett-Marmorierung des Fleisches. Unter der optimalen Mastleistung finden sich Indikatoren wie die täglichen Zunahmen des Rindes, die Mastdauer sowie die Futterwertung, definiert als Futteraufwand pro Kilogramm Fleischausbeute, wieder. Die Optimierung dieser Mastleistung führte dazu, dass in der Intensivmast von Rindern heute wenig Grünfutter eingesetzt wird. Hauptsächlich werden energiedichte Maissilage und Kraftfutter aus Getreide oder Soja gefüttert, die nicht zur Physiologie des Rindes als Wiederkäuer passen. Dies ist auch aus Gründen der Nachhaltigkeit nicht sinnvoll, da das Rind so zum Nahrungskonkurrenten des Menschen wird.

Kühe im Stall
Rinder zur Mast auf Spaltenboden © freeanimalpix

Fleischrassen wie Charolais, Limousin oder Weiß-Blaue Belgier sind als Hochleistungstiere lange Zeit nur auf diese maximalen Fleisch- und Mastleistungen gezüchtet worden, um die Produktivität der Tiere zu erhöhen. Funktionale Merkmale wie Robustheit oder Langlebigkeit sowie Gesundheitsparameter wie zum Beispiel Erkrankungshäufigkeiten, Erbdefekte oder Anomalien, maternale Eigenschaften oder das Temperament wurden vernachlässigt.  

Die einseitig leistungsorientierte Zucht bringt die Tiere teils an ihre physiologischen und anatomischen Grenzen und geht häufig mit negativen Begleiterscheinungen einher, die als „leistungsabhängige Gesundheitsstörungen“ bezeichnet werden. Weitreichende nachteilige Folgen der Züchtungen werden als „Qualzuchten“ benannt und sind laut Tierschutzgesetz seit 1986 verboten, werden aber dennoch weiterhin in der Rinderzucht in Kauf genommen.  

Eine solche Qualzucht stellt in der Rindermast die Muskelhypertrophie beziehungsweise Doppellendigkeit dar. Dieser Gendefekt tritt bei der überzüchteten Fleischrasse „Weiß-Blaue Belgier“ auf und bewirkt ein ungehemmtes Muskelwachstum an den Hintergliedmaßen des Rindes. Das Skelett und die Organe der Rinder geraten dadurch enorm unter Druck, was zu Gelenkdeformationen und einem deutlich eingeschränkten Bewegungsverhalten führt. Darüber hinaus ist ein natürlicher Geburtsverlauf kaum noch möglich, weil die Kälber bereits im Mutterleib unnatürlich groß sind. Dadurch entstehen problematische Geburtsverläufe zum Nachteil des Muttertieres und Kalbes und erfordern fast immer einen sonst in der Rinderhaltung unüblichen Kaiserschnitt. 

Haltungsbedingungen 

Ein Großteil der zur Fleischproduktion genutzten Kälber, entspringt der Milchviehhaltung. Zudem werden Kreuzungstiere aus Milch- und Fleischrassen sowie die Nachkommen spezieller Fleischrassen auf unterschiedliche Arten gemästet. In der Regel wird das Kalb im Milchvieh- oder Mastbetrieb unmittelbar nach der Geburt von der Mutter getrennt und verbringt die ersten zwei Lebenswochen isoliert in einem sogenannten Kälberiglu – ohne Kontakt zu Artgenossen, ohne mütterliche Fürsorge und ohne ausreichend Bewegungsfreiheit. Männliche und nicht zur Remontierung der Milchviehherde oder zur Vermarktung als Zuchttiere benötigten beziehungsweise geeigneten weiblichen Kälber sind die sogenannten überschüssigen Kälber der Milchproduktion und verlassen in den meisten Fällen mit vier Wochen den Milchviehbetrieb. Viele Kälber werden dann quer durch Deutschland oder gar durch die EU transportiert, um sie zum folgenden Absetzer-, Fresser- oder Mastbetrieb zu verfrachten. Absetzerkälber entspringen der Mutterkuhhaltung und werden bis zum Absetzen von der Milch zwischen ihrem sechsten und neunten Monat von einem Absetzerbetrieb großgezogen. Als „Fresser“ werden Rinder der Vormast bezeichnet, die bis zum siebten Monat von der Milch entwöhnt und ans Grundfutter gewöhnt worden sind und im Anschluss in das eigentliche Mastverfahren übergehen. Auch diese können der Mutterkuhhaltung entspringen. Solche Mutterkühe dienen nicht der Milcherzeugung, sondern der Aufzucht von Mastkälbern. 

Die Lebensbedingungen der Mastrinder unterscheiden sich stark in Abhängigkeit des Mastverfahrens. Es gibt die Intensiv-, Wirtschafts-, Weide- und Kälbermast.  

Intensivmast 

Kühe im Stall
Die Jungbullen haben wenig Platz © freeanimalpix

Die Intensivmast in spezialisierten Bullenmastbetrieben ist am stärksten verbreitet und bringt die Tiere an ihre physiologischen Grenzen. Hier dauert das Mastverfahren maximal 400 Tage, in der die Mastrinder ein Gewicht von etwa 650 Kilogramm – mit Tageszunahmen von optimaler Weise 1,5 bis 2 Kilogramm – erreichen. Dies ist nur mithilfe einer Intensivfütterung möglich, sodass die Tiere kaum rohfaserreiches Grünfutter erhalten, sondern energie- und proteinreiches Futter als Gemisch aus Silage aus Mais, Zuckerrüben oder Biertreber und Kraftfutter aus Soja, Ackerbohnen und Getreidekomponenten. Damit wird das Wachstumspotenzial der Rinder vollkommen ausgeschöpft, zum Nachteil der Wiederkäuergerechtheit. Die Tiere leiden häufig an Stoffwechselstörungen wie der Pansenübersäuerung oder an Leberverfettung. 

Wirtschaftsmast 

Bei der Wirtschaftsmast werden die hohen Gewichtszunahmen erst zum Mastende angestrebt. Zu großen Teilen wird hofeigenes Futter gefüttert und erst zum Mastende wird das Kraftfutter ausgeschöpft.  

Weidemast 

Die Weidemast wird in Deutschland leider nur in einem geringen Umfang ausgeführt. Sie zeichnet sich dadurch aus, dass die Rinder auf der Weide und dadurch extensiv gemästet werden. Sie fressen vornehmlich Gras und hofeigenes Futter und bekommen nur in den Wintermonaten zugekauftes Kraftfutter. Dies ist im Hinblick auf die Tierphysiologie und auf ihre arteigenen Bedürfnisse positiv zu bewerten. Aufgrund des temperamentvollen Charakters von Jungbullen (ca. 50 Prozent der Masttiere) werden in der Regel nur Färsen, Ochsen und männliche Tiere, (in der Regel bis zum Absetzen) in Mutterkuhherden auf der Weide gemästet. Abgesehen von der Weidemast sehen nur die wenigsten Mastrinder zu ihren Lebzeiten eine Weide. Diese machen aber nur einen sehr geringen Teil an der Rindfleischproduktion aus. 

Kälbermast 

Im Rahmen der Kälbermast wurden 2019 etwa 300.000 Kälber gemästet. Das kommerziell beliebte Weißfleisch des Kalbes wird erreicht, indem die Kälber kurz nach dem Absetzen von der Milch mit etwa fünf Monaten geschlachtet werden und in der Mast kaum Raufaser fressen. Obwohl eine Raufuttergabe ab der zweiten Lebenswoche verpflichtend ist, wird diese so minimal wie möglich gehalten, weil sich sonst das Fleisch verfärben könnte. Damit Kälber ihrem Bedürfnis nach Raufutter nicht nachkommen, werden sie nicht auf Stroh, sondern auf Spalten und Gummimatten gehalten. Während der Kälbermast bekommen sie in der Regel statt Kuhmilch Milchaustauscher gefüttert. Dies ist ein Gemisch aus Molkepulver und Pflanzenprotein, das kostengünstiger, für das Tier aber ungünstiger als Kuhmilch ist. Dadurch erleiden die Kälber häufig Mangelerscheinungen an Eisen, leiden an extrem schmerzhaften Magengeschwüren und zeigen wie auch andere Mastrinder aufgrund des fehlenden Raufutteranteils Verhaltensauffälligkeiten wie Zungenrollen und Stangenbeißen. 

Stallhaltung in Buchten

Das Rind ist ein Weidetier. Dennoch sehen die meisten Tiere nur selten eine saftige, weite, weiche Weide. Die heute dominierende ganzjährige Stallhaltung belastet die Rinder stark: Ihre natürlichen Verhaltensweisen und Bedürfnisse werden enorm eingeschränkt und sie haben weder ausreichend Außenreize noch die Möglichkeit ihre Umgebung zu erkunden.   

Der größte Teil der Rinder in Deutschland lebt in Laufstallhaltung, wobei es sich nicht wie bei den Milchkühen um große Ställe mit relativ viel Bewegungsmöglichkeiten. Vielmehr ist der Stall in einzelne kleine Abteile (Buchten) unterteilt. die jedoch von sehr variierender und häufig besorgniserregender Güte ist. In jeder Bucht ist eine Gruppe von Tieren durchgehend bis zur Schlachtung untergebracht, die jedoch von sehr variierender und häufig besorgniserregender Güte ist. So werden in Deutschland Mastrinder zu großen Anteilen in Altbauten gehalten, in denen Licht- und Luftqualität, vor allem aber die Bodenbeschaffenheit als mangelhaft zu bewerten ist. Meist sind in den Stallabteilen (Buchten) keine Funktionsbereiche vorhanden und die Tiere liegen, laufen und fressen auf einem räumlich sehr begrenzten Vollspaltenboden. Auf diesem koten und urinieren die Rinder, sodass der Boden nicht nur hart, sondern auch dreckig, nass und rutschig ist. Dies führt zu Verdreckung, Hygienemängeln, Liegeschwielen und zu starkem Stress für das Tier. Gänzlich fehlen Liegebereiche, die mit Gummiauflagen oder optimalerweise mit Einstreu eine weiche Beschaffenheit für die Rinder bieten, in denen sie ruhen und ihre Gelenke und Klauen entlasten können. Auch das Platzangebot ist in den meisten Mastställen unzureichend und die Besatzdichten zu hoch. Es gibt keinerlei gesetzliche Regelungen für die Haltung von Mastrindern. Ein ausgewachsener Bulle hat zum Teil weniger als 2,7 Quadratmeter Platz. Insbesondere hinsichtlich des Aggressionspotenzials und Beschäftigungsbedürfnisses der Rinder ist der mangelnde Platz verheerend, weil sie bei spielerischen Kämpfen und dem Aufspringen nicht ausweichen können, leicht ausrutschen und sich so häufig verletzen. Zusätzlich erleiden Mastrinder häufig Verletzungen an ihren Schwanzspitzen, weil sie aufgrund des begrenzten Platzes sowie fehlender Struktur der Liegebereiche versehentlich auf die Schwänze ihrer Artgenossen treten. Die dadurch regelmäßig auftretende Schwanzspitzennekrose ist eine schmerzhafte, behandlungserforderliche und langlebige Entzündung des Schwanzspitzenansatzes. Die Reaktion der modernen Rinderhaltung darauf ist die präventive, schmerzhafte Entfernung der oft betroffenen unteren Schwanzabschnitte – das „Nutztier“ wird wie üblich an die unzureichenden Haltungsbedingungen angepasst. 

Neben der Laufstallhaltung in kleinen Stallabtelen wurden 2020 neun Prozent der Rinder (und elf Prozent der Milchkühe) in Anbindehaltung untergebracht. Diese Haltungsform beschneidet die Tiere nahezu komplett in ihren arteigenen Verhaltensweisen und ist als tierschutzwidrig abzulehnen.

Die Anbindehaltung macht in der Rindermast nur einen geringfügigen Anteil aus und wird nur selten bei freien Ständen in Milchviehbetrieben mit einer Anbindehaltung genutzt. 

Krankheiten/Probleme 

Verhaltensauffälligkeiten 

Mastrinder zeigen aufgrund des fehlenden Platzangebotes, fehlender sozialer Interaktion, fehlenden Möglichkeiten zum Ausleben ihres natürlichen Verhaltens sowie dem nicht tierphysiologischen Futterregiment häufig Verhaltensauffälligkeiten. So weist die Verhaltensanomalie des Zungenrollens auf einen unzureichenden Raufutteranteil im Futter hin. Rinder nehmen auf der Weide mit einer rollenden Zungenbewegung Gräser zu sich und sind als Wiederkäuer auf die lange Verdauung dieser angewiesen. Den Mangel an Rohfasern und gegenseitigem Besaugen zeigen die Rinder damit deutlich. Gleichzeitig kommt es immer wieder zu Stangenbeißen der Rinder. Die Tiere nehmen dieses Verhalten aufgrund eines nicht befriedigten Saugbedürfnis im jungen Alter an. Darüber hinaus schränken Rinder in den üblichen Buchtenhaltungen auf Vollspalten ihr Bewegungsverhalten auf ein Minimum ein und stehen häufig nur noch zum Fressen auf. 

Aktuelle Untersuchungen zeigen zudem, dass Mastbullen auf Vollspaltenböden auffällig unruhig sind und häufig schnelle, wechselnde Verhaltensabläufe zeigen. Zwischen 50 und 150 Verhaltenswechsel (Naselecken, Schritt vorwärts, Fressen, Belecken, Aufreiten) und damit ein extremes Unruheverhalten zu beobachten ist. Erste Erklärungsversuche neben der reizarmen Haltung, ist die intensive Fütterung, die mit einer massiven Pansenübersäuerung nach der Futteraufnahme einhergeht. 

Gesundheitliche Probleme 

Kühe im Stall
Männliche Milchkuh-Kälber im Stall auf Spalenboden © freeanimalpix

Klauenerkrankungen und Lahmheiten sind die häufigsten gesundheitlichen Probleme in der Rindermast. Diese werden vor allem durch die harte und nasse Bodenbeschaffenheit, Haltungsdefizite, aber auch genetische Faktoren und die Fütterung hervorgebracht. Durch die intensive Fütterung leiden Bullen häufig an Mangelerscheinungen, an Magengeschwüren und Pansenübersäuerungen. Auch potenziert die tierunphysiologische Fütterung Klauenerkrankungen, Lahmheiten und Schwanzspitzennekrosen. Minderdurchblutungen, Quetschungen, Fäule bei Nässe, Sohlengeschwüre und infektiös bedingte Klauenerkrankungen sind die Folge. Außerdem kommt es in der Rindermast häufig zu Entzündungen der Karpal- und Tarsalgelenke.  

Amputationen  

Der Großteil der Rinder in Deutschland wird an das knappe Platzangebot und das Haltungsverfahren angepasst, indem die Hornanlagen mit einem Brennstab verödet werden und der Hornbewuchs damit ausbleibt. Die Enthornung wird bei Kälbern in der Regel bis zur sechsten Lebenswoche durchgeführt, da dann bislang keine Betäubung notwendig ist und eine Schmerzausschaltung nur empfohlen wird. Die Hauptargumente sind, dass sich die Rinder auf diese Weise bei Rangkämpfen und auch den Tierhalter nicht verletzen können. Die Halter horntragender Rinder weisen jedoch darauf hin, dass sich bei ausreichendem Platzangebot sowie bei einem gesamten Hornbewuchs der Herde und damit gleichen Kampfbedingungen keine erhöhte Aggressivität darstellt. Außerdem wurde das Horn als wichtiges Stoffwechselorgan nachgewiesen und nimmt den stolzen Rinden einen Teil ihrer Selbst. Ähnlich grauenvoll werden viele Rinder kastriert. Bei der gängigen Burdizzo-Kastration werden die Samenstränge der maximal vierwöchigen Kälber mit der Burdizzo-Zange zerquetscht, was zu stundenlanger Qual beim Tier führt.  

Die dritte übliche Amputation von Rindern ist die Entfernung der Schwanzspitze, um der Schwanzspitzennekrose präventiv zu begegnen. Dafür wird mit einem Ring der Schwanz abgeschnürt, der nach einigen Wochen abstirbt und abfällt. Alle diese Amputationen werden häufig betäubungslos und ohne Schmerzmittelgabe vollzogen und führen zu traumatischen Schmerzen bei den jungen Rindern.  

Schlachtbedingungen 

Rinder werden in Deutschland üblicherweise mit einem Bolzenschuss in den Schädel betäubt und dann über einen Schnitt der Halsschlagader getötet. Doch aufgrund fehlender Sachkunde und der Schlachtung um Akkord zeigen Schlachttierbefunde eine Vielzahl von nicht sachgemäßen Betäubungen, indem entweder der Schuss nicht richtig platziert wurde oder eine Vielzahl an Schüssen vorzufinden sind. Dies führt in jedem Fall zu enormem Stress für das Tier vor der Betäubung und darüber hinaus. Aufgrund solcher Befunde muss leider häufig von einer unzureichenden Betäubung vor der Tötung ausgegangen werden. 

PROVIEH fordert 

Eine artgemäße Haltung von (Mast-) Rindern 

Weidehaltung! Kühe sind natürliche Weidegänger und ihr natürlicher Lebensraum sowie ihre natürliche Futtergrundlage ist das Grünland. Wir fordern, Rinder, wenn immer möglich und mindestens in der Weidesaison auf großzügigen und futterspendenden Weiden zu halten.  

Mehr Platz und Bewegungsfreiheit in den Ställen! Großzügige und voneinander abgetrennte Lauf- und Liegebereiche sowie ein Tier-Liegeplatz- und -Fressplatzverhältnis von 1:1 müssen gesetzlich verpflichtend sein, damit Rinder ihre artgemäßen Verhaltensweisen ausleben können, wie die Individualdistanz zueinander einzuhalten, herdensynchron aktiv zu sein, Rangkämpfe auszutragen und ranghöheren Tieren auszuweichen. Dafür sollten zudem Sackgassen vermieden werden und ausreichend Übergänge vorhanden sein. Sollte einem Betrieb aufgrund einer dichten Besiedelung oder wegen unzureichenden betriebsnahen Flächen kein Weidegang möglich sein, bedarf es zumindest eines Laufhofes sowie eines großzügigen Platzangebotes im Laufstall.  

Konsequentes Verbot der Anbindehaltung! Die fixierte Haltung schränkt Rinder in ihren wesentlichen Bedürfnissen und artgemäßen Verhaltensweisen grundlegend ein. Die Haltung wird daher als tierungerecht bewertet gehört ganzjährig wie saisonal verboten. Die Politik muss endlich einen zuverlässigen Ausstiegsplan für die praktizierenden Landwirte schaffen und diese finanziell beim Um- und Ausbau unterstützen. Bequeme, großzügige Liegeflächen! Das artgemäße und ungestörte Ruhen und Aufstehen bzw. Abliegen sind für das Wohlergehen von Rindern essenziell! Dafür muss ihnen eine großzügige, frei zugängliche, funktional abgetrennte, trockene und weich-verformbare Liegefläche durch Einstreu zur Verfügung stehen.

Ausgewogene Mastverfahren! PROVIEH fordert eine weniger leistungsorientierte, sondern extensivere Mast von Mastrindern und Kälbern. Intensivmastverfahren bringen die Rinder an die Grenzen ihrer anatomischen und physiologischen Gegebenheiten und belasten die Tiere stark. 

Artgemäßes Futter und qualitativ einwandfreies Wasser! Rinder als Wiederkäuer und Weidegänger sind von Natur aus auf eine Fütterung mit Gras ausgerichtet. Daher ist streng genommen nur eine Fütterung mit frischem Gras und Kräuter sowie Gräsern und Heu artgemäß. Zusätzlich muss die Fütterung jedoch leistungs- bzw. bedarfsgerecht sein: Aufgrund der hohen Leistungen der Milch- und Fleischrinder Allerdings kann eine verhältnismäßige Fütterung zusätzlich mit Mais und regionalen Eiweißkomponenten wie Raps oder Leguminosen als Kompromiss der modernen Milchviehhaltung notwendig sein. Darüber hinaus müssen Tränken in ausreichender Anzahl, Stellung und hygienischem Zustand vorhanden sein und mit einer offenen Trinkfläche und einer Durchflussgeschwindigkeit von 10-15 Litern pro Minute das artgemäße Trinken von Rindern gerecht werden.  

Die in Intensivmastverfahren und in den intensiven Kälbermastverfahren eingesetzten Futterregimente sind als inakzeptabel zu bewerten. So passt weder eine fünfmonatige reine Milchaustauschertränke noch eine unausgewogene Ration aus Mais und Soja zu dem Verdauungstrakt oder den Nährstoffanspruch des Rindes.

Keine Amputationen am Rind! Das Enthornen sowie auch das Kastrieren sind starke Einschnitte in das Wesen des Tieres und bedeuten immensen Stress und Schmerz für das junge Kalb. Die minimale und überfällige Anforderung müsste ein umfassendes, kontrolliertes und gesetzlich vorgeschriebenes Konzept zur Betäubung und Schmerzlinderung der Behandlung sein. Ebenso gehört die präventive Schwanzspitzenamputation konsequent verboten.

Qualzüchtungen verbieten! Bei Zuchttieren der Rasse „Weiß-blaue Belgier“ hat sich der Gendefekt der Muskelhypotrophie etabliert, welches zu starken Leiden und sogar zur Verendung von Zuchttier und Muttertier führen kann. Die Akzeptanz dieser „Doppellendigkeit“ zum Zwecke der vorteilhaften Masteigenschaften der Nachkommen zeigt das aus dem Ruder gelaufene System und muss unbedingt gestoppt werden.

Breitere Zuchtziele! Rückkehr zum Zweinutzungsrind: Anstatt der primären Zucht auf hohe Milch- und Mastleistungen sollten Eigenschaften wie Gesundheit, Langlebigkeit, Robustheit gegenüber Umweltveränderungen sowie gute Muttereigenschaften für die Förderung der kuhgebundenen Kälberhaltung stärker im Vordergrund der Zuchtausrichtung stehen.   

Trittsichere Laufflächen! Das Rind braucht aufgrund der Physiologie seiner Klaue und seines Gewichts eine trockene, verformbare und ebene Lauffläche, weil nur so artgemäßes Laufen möglich ist. Die Haltung auf Vollspalten ist für das Rind in keiner Weise geeignet. Die Mindestanforderung ist die Haltung auf einer planbefestigten Fläche, die regelmäßig abgeschoben und dadurch trocken gehalten wird. 

Licht und Luft im Stall! Rinder brauchen gute Licht- und Luftverhältnisse! Dafür sollte der Tageslichteinfall ermöglicht und ein guter Luftaustausch garantiert werden. Die Haltung von Rindern direkt über der Güllegrube setzt den Tieren ständig Schadgasen wie Ammoniak und Schwefelwasserstoff zu und sollte daher vermieden werden. Außerdem sollte Rindern der Zugang zu Außenklimareizen wie Sonne, Schnee, Regen und Wind ermöglicht werden, gleichzeitig aber auch der Schutz vor zu starken Witterungsverhältnissen und Hitzestress gewährt werden.  

Komfort- und Erkundungsmöglichkeiten! Scheuerbürsten tragen dem Komfortbedürfnis der Tiere Rechnung. Ausläufe und noch besser Weiden mit Witterungsschutz wie Hecken und Grüninseln bieten gesundheitsfördernde Außenreize und zusätzliche Bewegungs- und Erkundungsmöglichkeiten. 

Kuhgebundene Kälberaufzucht! Zum artgemäßen Verhalten von Rindern gehört die gemeinsame Aufzucht von Kühen mit ihren Kälbern. Sowohl die Mutterkuhhaltung in der Fleischrinderaufzucht als auch die kuhgebundene Kälberaufzucht in der Milchkälberaufzucht sollten die natürliche und übliche Aufzuchtform sein. Kuh und Kalb genießen die Zweisamkeit ungemein, Kuh- und Kälbergesundheit sind verbessert, außerdem bekommt das Kalb so mehr und regelmäßiger Milch, wodurch sich sein Magen-Darm-Trakt besser entwickelt und dadurch ein Leben lang profitiert.  

Transport- und Schlachtbedingungen! Die Transporte von Kälbern, Absetzern beziehungsweise Fressern und Mastrindern setzen den Tieren enorm zu und sollten umfassend revolutioniert werden! Wir fordern eine regionale, dezentrale Struktur von bäuerlichen Mästern und kleineren Schlachtstrukturen, die Langstreckentransporte erübrigen. Für alle Transporte und Schlachtungen sollten immer die fünf Freiheiten berücksichtigt werden. So sollten alle Tiere frei von Hunger und Durst, frei von Angst und Leiden, frei von Schmerz, Verletzung und Krankheit, frei von Unbehagen und frei zum Ausleben des Normalverhaltens sein. 

Hier finden Sie unseren Text über Mastrinder auch noch einmal mit Quellenangaben als pdf-Datei zum Download: