Vereinsgründung

Durch das gesteigerte öffentliche Bewusstsein und die engagierte Arbeit der Tierschutzverbände sind viele Fortschritte auf dem Gebiet des Tierschutzes erzielt worden. PROVIEH hat mit seiner Arbeit zweifellos maßgebend zu den Erfolgen im Tierschutz beigetragen: seit 1973 mit Engagement und harter Arbeit für den Schutz und die Rechte der Tiere.

Bereits Anfang der 70er Jahre erkannte der damalige “Verein gegen tierquälerische Massentierhaltung” (VgtM) die eingetretene und sich weiter verschärfende Entwicklung in der Massentierhaltung sowie die Zerstörung der bäuerlichen Strukturen und begann, dieser Entwicklung entgegen zu wirken.

Aufklärung der Verbraucher, Mitarbeit in Arbeitskreisen und Beiräten, stetes Engagement für eine artgemäßere Haltung von Tieren in der Landwirtschaft und für ein angemessenes Einkommen für bäuerliche Erzeuger prägten seitdem die Arbeit von PROVIEH.

Wie alles begann – zwei Schwestern

Margarete Bartling (Oberlandwirtschaftsrätin) und Olga Bartling (damalige Leiterin der Heikendorfer Volkshochschule und Konrektorin der Realschule in Heikendorf) sind die Initiatorinnen der Vereinsgründung vom 15. Juni 1973. Das Schlüsselerlebnis ist eine Studienfahrt nach Leck. Rinderhaltung und Aufstallung von Kälbern in tierunwürdiger Weise sind Auslöser für die Bartling-Schwestern, den “Verein gegen tierquälerische Massentierhaltung” zu gründen.

Die schnell steigende Mitgliederzahl spornt die Gründerinnen an, sofort Kontakte zu Ministerien, Persönlichkeiten aus Politik, Wissenschaft und Landwirtschaft aufzunehmen, um die Ziele des Vereins durchzusetzen. Das Thema „Öffentlichkeitsarbeit“ steht ganz oben. Die tägliche Arbeit, oft weit mehr als ein Acht-Stunden-Tag, findet in den ersten Jahren in der eigenen Wohnung in Heikendorf-Kitzeberg, Schönkamp 24, statt. Die Mittel für den Aufbau des Vereins kommen aus eigener Tasche bzw. aus den ersten Mitgliedsbeiträgen (1,- DM pro Person und Monat).

Die Flut von Anfragen und das Erstellen und Verschicken von Informationsmaterial für Schulen, Vereine, Verbraucherverbände und Einzelpersonen kann nur noch mit Hilfskräften erledigt werden. Flugblätter, Filme und Videokassetten werden hergestellt. Die ersten Filmkopien der Fernsehsendung von Prof. Grzimek über die Massentierhaltung sind schon 1975 im Einsatz. Margarete Bartling hält Referate vor Hausfrauenverbänden, Verbraucherschutzorganisationen und anderen Gremien über die Problematik der Massentierhaltung. Die Vereinsmitglieder werden regelmäßig drei bis viermal pro Jahr mit Berichten über die Aktivitäten informiert.

1991 treten Margarete Bartling mit 82 Jahren und Olga Bartling mit 85 Jahren vom Vorstand des Vereins zurück. Beide werden zu Ehrenmitgliedern ernannt. 

Der Minister für Natur, Umwelt und Landesentwicklung des Landes Schleswig-Holstein, Prof. Dr. Berndt Heydemann, verleiht dem VgtM den Umweltpreis 1992 für die vorbildliche Arbeit in den Bereichen Natur und Umwelt.

Als Höhepunkt ihrer Arbeit können Margarete und Olga Bartling 1993 das Bundesverdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland entgegennehmen.

PROVIEH – der weiterentwicklte VgtM

PROVIEH kämpft für eine positive Veränderung herrschender Zustände. Diese Blickrichtung sollte auch nach außen dokumentiert werden: Mit einem Namenszusatz für den “Verein gegen tierquälerische Massentierhaltung” – PROVIEH

PROVIEH-Logo

Auch das neue Logo sollte die Vielfalt und die positive Grundstimmung unterstützen: Nicht mehr ein Hahn, sondern die drei am meisten in Deutschland gehaltenen Tierarten symbolisieren seit 2003 unser Vereinsanliegen. Eingängig, harmonisch in ihren Formen, kontrastreich in ihren Farben, aufmerksamkeitsstark und aufrüttelnd präsentieren sich Schwein, Rind und Huhn den Leserinnen und Lesern unserer Briefe und Publikationen.

Anmerkungen zum Begriff Vieh

Rune-FE

Der Begriff “Vieh” findet sich bereits in den germanischen Runenzeichen und so wurde FEHU mit Vieh bzw. Fahrhabe gleichgesetzt. Das Vieh – als bewegliche Habe – stellte den Besitz und Reichtum der Stammesverbände dar und begleitete sie auf den ausgedehnten Wanderungen. Die Rune FE bezeichnete die bewegliche Habe eines Menschen und hieß ursprünglich Vieh zu der Zeit, da Vieh Wohlstand bedeutete. Sie war dem Gott der Fruchtbarkeit Frey gewidmet und galt auch als Rune des Wohlstands. Die bildliche Deutung der Rune basierte auf den aufragenden Hörnern des (Rind-)Viehs. So ist es nicht verwunderlich, dass lateinisch pecunia (Geld) von pecus (Vieh) abgeleitet wurde. Ebenso sprachlich verwandt sind im Englischen cattle (Rind-/Vieh) und chattels (gesamte Habe).

Im Althochdeutschen des 8. Jahrhunderts bezeichneten die Worte fihu, fiho und feho das Nutzvieh bzw. Tier, aber auch das Vermögen bzw. den Besitz. Zu dieser Zeit lebten Menschen und Vieh unter einem Dach zusammen und vom Vieh hingen immerhin das Überleben und der Wohlstand der jeweiligen Besitzer ab.

Generell werden unter “Vieh” die mit dem Menschen als Haustiere zusammenlebenden Säugetiere und Vögel verstanden. Stellenweise wird die Bedeutung auch auf den Begriff “Tier” ausgedehnt.

  • Worte formen unsere Welt und unsere Anschauungen. Ein Wort wollen wir uns nicht weiter wegnehmen lassen: Vieh. Im Zuge der Industrialisierung der Tierhaltung wurden nicht nur dem Begriff “Vieh”, sondern auch den Namen einzelner Nutztierarten negative Inhalte unterlegt, verbunden mit einer Herabwürdigung der jeweiligen Lebewesen. Dieser Disqualifizierung stemmen wir uns entgegen und haben uns den Namenszusatz PROVIEH gegeben. Wir machen hiermit deutlich, dass wir für das Vieh sind, für eine artgemäße Nutztierhaltung, innerhalb der die einzelnen landwirtschaftlichen Nutztiere in ihrer ganzen Rassenvielfalt in den Stoffkreislauf integriert werden und damit die Grundlage für bäuerliche Familienbetriebe bilden.” (Auszug aus der Rede von Sandra Gulla, ehm. Vorsitzende von PROVIEH, am 13.09.2003)