Tausendfach Ferkel grausam getötet

Hilflose Opfer in einem kranken System 

Die sogenannte Nottötung von Ferkeln in der industriellen Schweinezucht ist ein Thema, das gerne unter den Teppich gekehrt wird. Doch gerade in den letzten Jahren gelangt das Thema immer wieder in den Fokus der Öffentlichkeit – und das ist gut so.   

Aktuell gehen schockieren Aufnahmen aus verschiedenen Betrieben in Thüringen und Sachsen-Anhalt durch die Medien. Die von der Tierrechtsorganisation Uncover veröffentlichten Bilder dokumentieren die brutale Realität hinter der industriellen Schweine“produktion“. Zu sehen sind systematische Tötungen von vermeintlich schwachen, kranken und nicht lebensfähigen Ferkeln, die dabei durch unangemessene Verfahren auch noch schwerst misshandelt werden. 

Unsachgemäße Betäubungs- und Tötungsmethoden 

Die Aufnahmen zeigen schwerwiegende Verstöße gegen das Tierschutzgesetz: Ferkel wurden vor der Tötung häufig nicht sachgerecht betäubt. Statt der vorgeschriebenen Betäubung mit einem stumpfen Gegenstand wurden sie einfach gegen Tischkanten geschlagen, auf den Boden geworfen oder – statt mit einem gezielten Schlag – mit bis zu acht Hieben auf den Kopf gequält. Weiter war zu beobachten, dass Mitarbeiter:innen den Jungtieren mit unscharfen Klingen die Kehle aufschnitten, um sie ausbluten zu lassen, ohne sicherzustellen, dass die Tiere wirklich bewusstlos sind. Falsch oder nicht betäubte Ferkel mit unfachmännischem Kehlschnitt litten so minutenlang, bevor sie an Blutverlust oder Erstickung starben. Es wurden wieder zu Bewusstsein kommende Ferkel nachbetäubt oder falsche Kehlschnitte korrigiert. In einigen Fällen wurden sogar noch lebende Tiere in Mülltonnen geworfen. Die mit den Aufnahmen konfrontierte Bundestierschutzbeauftragte Ariane Kari zeigte sich bestürzt und bestätigte hier mehrfaches, eindeutiges Fehlverhalten und offensichtliche Verstöße gegen das Tierschutzgesetz. 

Todeskampf im Gas

Gezeigt wurden auch vermeintlich „humane Tötungsmethoden“, die ebenfalls durch unsachgemäße Anwendung versagten. So wurde in CO2-Boxen nachweislich das Gas erst aktiviert, nachdem die Tiere in die Box geworfen wurden, was den Todeskampf unnötig verlängerte. Zudem wurden die Tiere darin wie Abfall einfach übereinandergestapelt.  

Wirtschaftlichkeit vor dem Tier

Ein zentrales Problem der Ferkeltötung ist die wirtschaftliche Motivation dahinter. Sauen und Ferkel sind reine Produktionseinheiten. Gewinn wird über die Menge erzielt und dabei kann keine Rücksicht auf das Einzeltier genommen werden. Dieüberwiegend eingesetzten Hochleistungszuchtsauen sollen möglichst oft möglichst viele zukünftige Mastschweine gebären, um größtmöglichen Profit für den Markt zu erzielen. Deshalb bringen heutige Sauen sehr viel mehr Ferkel zur Welt. Bei bis zu 16 oder mehr pro Wurf wird in Kauf genommen, dass anteilig auch mehr tote sowie kleinere, schwächere Ferkelchen darunter sein können oder mehr fitte Ferkel als die Sau milchführende Zitzen hat, geboren werden. Hier ist ohnehin die Umverteilung übriger Ferkel auf andere Sauen üblich. Die dann noch überzähligen wie auch die lebensfähigen „Müker-Ferkel“ müssten eigentlich von den Betrieben per Hand aufgezogen werden. Allerdings wäre dies für die Betreiber schlichtweg unrentabel. Wie die Aufnahmen auf drei Betrieben und Aufdeckungen der vergangenen Jahre zeigen, scheint dies System im System zu haben. Es ist davon auszugehen, dass sehr viele Betriebe so arbeiten und dadurch mehrere Millionen Ferkel jährlich als vermeintliche „Nottötung“ ausgemustert werden

Fehlende Kontrollen und rechtliche Konsequenzen

Es ist bezeichnend, dass diese aktuellen schweren Tierschutzverstöße in der Schweinezucht erneut durch Tierschutzaktivisten aufgedeckt wurden. Die gefilmten Betriebe waren auch in der Vergangenheit bereits auffällig und in einem Fall bewirkte selbst ein Wechsel des Betreibers keine Verbesserungen. Wo liegt hier also der Fehler und wo die Lösung? Wo sind die Veterinärbehörden beeinflusst durch Landräte oder freundschaftliche Verstrickungen? Und wo muss die Politik auf bundes- und Länderbene eingreifen und Kontrolldichten erhöhen sowie Gesetzesgrundlagen schaffen?  

PROVIEH setzt sich seit langem für konkrete Maßnahmen ein, die die Situation von Schwein, Rind, Huhn und Co verbessern und erkennt für die Probleme beim Tierschutzvollzug drei Hauptursachen:  

  1. geringe Kontrolldichte und uneinheitliche Bewertung von Tierschutzfällen    
  1. fehlende Ahndung von Tierschutzverstößen durch Staatsanwaltschaften/Gerichte  
  1. hohe Eigenverantwortlichkeit der Tierhalter:innen  

Kathrin Kofent 

23.05.2025


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Unentdeckte oder ungestrafte Tierschutzfälle in der Landwirtschaft | PROVIEH 

Weitere Informationen zu Ferkeltötungen: 

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