Unaufgedeckte Tierqual durch Personalmangel
Tiere als Opfer eines überforderten Kontrollsystems
In letzter Zeit häufen sich die Skandale bei der Haltung von “Nutztieren” in der Landwirtschaft. Dies wirft die Frage auf, wie diese schrecklichen Missstände oft so lange unbemerkt bleiben können. Eigentlich gibt es doch ein staatliches Kontrollsystem, umgesetzt durch die jeweilig zuständigen Veterinärämter, das dafür sorgen soll, dass die – ohnehin schon niedrigen – gesetzlichen Anforderungen an die Haltung unserer landwirtschaftlich genutzten Tiere wie Rinder, Schweine und Hühner eingehalten werden.
Doch auffällig oft werden schockierende Haltungsbedingungen von engagierten Tierschützer:innen aufgedeckt, statt von den eigens dafür vorgesehenen amtlichen Stellen.
Kontrolldichte: mangelhaft
Wie laut eines Berichts des NDR Schleswig-Holstein (Tierschutz-Kontrollen: Ein System mit Schwächen | NDR.de – Nachrichten – Schleswig-Holstein) selbst die Veterinärämter bestätigen, gibt es erhebliche Lücken in der Überprüfung von landwirtschaftlichen Betrieben. Regelmäßig bleiben sie deutlich unter ihren eigenen internen Zielvorgaben bezüglich der Kontrolldichte.
Zu viele Aufgaben und zu wenig Personal – teilweise bleiben Stellen unbesetzt – so die nüchterne Erklärung aus den Veterinärämtern zu dieser skandalösen Situation in allen befragten Kreisen Schleswig-Holsteins. Die Unterbesetzung in den Ämtern führe dazu, dass neben den Aufgaben der Seuchenprävention und der anlassbezogenen Kontrollen kaum Zeit bleibe für die sogenannten anlasslosen Überprüfungen von landwirtschaftlichen Betrieben. In manchen Kreisen fänden sie überhaupt nicht statt. Auch das Landwirtschaftsministerium in Kiel räumt ein, dass der Personalmangel in den Behörden real ist.
Andere Methoden, Tierschutzverstöße aufzudecken, wie beispielsweise durch eine bessere Digitalisierung und Vernetzung der Ämter stehen momentan noch vor bürokratischen Hürden und sind in naher Zukunft noch nicht in Sicht.
Dringender Handlungsbedarf
Für PROVIEH ist die problematische Unterbesetzung der Veterinärämter nicht neu. Wir weisen schon seit Jahren auf die eklatanten Defizite bei der Kontrolle und Ahndung von Tierschutzverstößen hin. Die fehlenden Kontrollen und die oft langen Fristen zur Behebung von Missständen, verbunden mit laschen Strafen, machen Tierquälerei erst möglich. Doch so kann es nicht weitergehen. Personelle Probleme in den Behörden dürfen nicht auf dem Rücken der Tiere ausgetragen werden. Es ist höchste Zeit, dass hier endlich gehandelt wird.
Im Hinblick auf die völlig unzureichenden Kontrollen fordern wir:
- Schaffung neuer Stellen für Amtsveterinär:innen, um regelmäßige, unangekündigte Kontrollen, bei allen – sowie besonders engmaschig bei bereits aufgefallenen – Betrieben umsetzen zu können
- Regelmäßige Schulungen sowie bundesweite Vereinheitlichung der Ausbildung für Amtsveterinär:innen
Weitere wichtige Lösungsstrategien für mehr Aufdeckung von Tierschutzverstößen sind:
- Unabhängigkeit von Amtsveterinär:innen durch eine ebenso unabhängige Instanz (beispielsweise durch die Bundestierschutzbeauftragte) kontrollieren
- Zuständigkeit von Landkreisen auf Landes- oder Bundesämter übertragen, um lokale Einflussmöglichkeiten zu begrenzen.
- Feste Rahmenrichtlinien zum Umgang mit auffälligen Betrieben (bundeseinheitliche Bewertungskonzepte für alle Tierarten)
- Konkretisierung gesetzlicher Vorschriften für eine vereinfachte Übertragbarkeit in die Praxis
- Etablierung kürzerer und für den Vollzug verbindlicher Fristen zum Abstellen bestehender Verstöße nach bundeseinheitlich festgelegten Ablaufprotokollen
Grundsätzlich fordert PROVIEH eine gesetzliche Verankerung von regelmäßigen Kontrollen, mindestens alle zwei Jahre. Außerdem müssen die Strafen verschärft und bei wiederholten und schwerwiegenden Tierschutzverstößen muss auch ein Nutzungsverbot ausgesprochen werden.
Eva Söhngen
14.04.2025
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