Eklatante Tierschutzverstöße aufgedeckt
Hunderte Schweine vegetieren in eigenen Exkrementen
Tatort Mastschweinehaltung: Ein alter, dunkler Stall im schleswig-holsteinischen Landkreis Bad Segeberg. Gerade einmal durchschnittlich alle zehn Jahre werden hier landwirtschaftliche Tierhaltungen vom Veterinäramt kontrolliert (Quelle: NDR-Medienbericht, s.u.). Hätten Tierschützer:innen von „Team Tierschutz“ die Behörden nicht auf die schrecklichen Zustände aufmerksam gemacht, wären hier vermutlich noch jahrelang viele tausend Schweine unter tierschutzwidrigen Umständen gemästet worden. Jetzt ist der Stall geschlossen – wie viele Tiere aber bis dahin leiden mussten ist ungewiss.
Die Videoaufnahmen zeigen hunderte Schweine, die in kleinen Buchten ohne Tageslicht stehen. Mehrere Zentimeter hoch türmt sich eine stinkende Mischung aus Kot und Harn. Die Stalleinrichtung ist übersät mit Schimmelrasen. Es gibt keinerlei Tageslicht, dafür beißenden Gestank und gefährliche Schimmelsporen.
Kontrollen unzureichend
Solche Zustände sind leider kein Einzelfall. Ein Großteil der über 700 Millionen Nutztiere in Deutschland leiden unter den allgemeinen Unzulänglichkeiten der oftmals nicht artgemäßen Haltungsbedingungen. Und die traurige Realität ist, dass Tierhaltungen nur alle 2,6 bis 48,1 Jahre (!) kontrolliert werden (Quelle: Vollzug von Tier- und Verbraucherschutzrecht Drucksache 19/3195). So werden die überhaupt ans Tageslicht kommenden Tierschutzfälle nur zur Hälfte von den unterbesetzten Ordnungsbehörden aufgedeckt. Die anderen 50 Prozent werden insbesondere durch Tierschutzorganisationen oder durch Hinweise von Privatpersonen bekannt. Viele weitere bleiben unentdeckt.
Stilles Tierleid, tausendfach, jahrein jahraus

Es ist noch keine zwei Jahre her, als 700 qualvoll verendete Schweine mehr oder weniger zufällig in einem schleswig-holsteinischen Stall aufgefunden wurden. Jahrelang litten über tausend Pferde eines bekannten Sportpferdezüchter unter Vernachlässigung. 14 Tiere, darunter auch Fohlen, starben oder mussten notgetötet werden. Bei Kühen sieht die Lage nicht besser aus: Seit 2019 gehen immer wieder Fälle misshandelter Milchkühe im Allgäu durch die Presse. Dies sind nur einige Beispiele, die vielfach nicht von den zuständigen Behörden, sondern durch das außerordentliche Engagement von Tierschützer:innen aufgedeckt wurden. Sie bilden damit die Spitze eines vermutlich riesigen Eisberges.
Aber warum leiden so viele tausende Tiere unentdeckt und wie könnte dieses Leid zukünftig verhindert werden?
PROVIEH erkennt für die Probleme beim Tierschutzvollzug drei Hauptursachen:
- geringe Kontrolldichte und uneinheitliche Bewertung von Tierschutzfällen
- fehlende Ahndung von Tierschutzverstößen durch Staatsanwaltschaften bzw. Gerichte
- hohe Eigenverantwortlichkeit der Tierhalter:innen
So darf es nicht mehr weitergehen! Deshalb macht sich PROVIEH unter anderem in einem kompetenten Bündnis gemeinsam mit weiteren Tierschutzverbänden sowie Jurist:innen dafür stark, dass im Tierschutzvollzug massive Verbesserungen umgesetzt werden.
Einen umfangreichen Maßnahmenkatalog haben wir bereits im vergangenen Jahr zusammengestellt und kämpfen an unterschiedlichen Fronten für eine Umsetzung, damit das Leiden der Tiere endlich Folgen hat und Schritt für Schritt auf unterschiedlichen Ebenen wirksam und sichtbar vermindert werden kann. Lesen Sie dazu hier weiter: Unentdeckte oder ungestrafte Tierschutzfälle in der Landwirtschaft | PROVIEH
Sie möchten ganz konkret wissen, wie Sie sich verhalten können, wenn Sie persönlich einen Tierschutzfall entdeckt haben? Umfangreiche Informationen rund um Tierschutzanzeigen finden Sie hier: Tierschutzfall melden | PROVIEH
Medienbericht zum aktuellen Tierschutzfall: Geheime Aufnahmen führen zu Schließung von Schweinemastbetrieb | NDR.de – Fernsehen – Sendungen A-Z – Schleswig-Holstein Magazin
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Bayerischen Landtag hat auf die Allgäuer Tierschutzskandale mit einem offenen Brief sowie einem Antrag auf Anhörung reagiert.
Offener-Brief_Tierschutzskandale.pdf
Antrag-Anhoerung_Tierschutzskandale.pdf
Kathrin Kofent
14.03.2025