Ostereier und Tierhaltung – Was hinter der Schale steckt
Von über 50 Millionen Legehennen, Bruderhähnen und Tierleid nicht nur zu Ostern. Was Sie über ihr (Oster-) Ei wissen sollten.
Bald ist es wieder soweit: Ostern steht vor der Tür und vor Freude und Spannung glänzen zahlreiche Kinderaugen, wenn es am Ostersonntag auf Eiersuche geht. In der christlichen Kultur steht das Ei für die Wiedergeburt (Christi) und das Leben selbst. Zudem reihen sich zahlreiche regionale Bräuche rund um bunt gefärbte hartgekochte Eier ein. Beim Eierbicken, Eierrollen, Eierschieben oder Eiertrudeln werden sie in unterschiedlicher Art und Weise aneinandergeschlagen, geworfen oder gekullert. Zu Ostern haben Eier also einen festen symbolischen Platz. Aber auch im Alltag begleitet uns das Ei als ein beliebtes Nahrungsmittel. 2023 konsumierte jede:r Verbraucher:in in Deutschland im Schnitt 236 Eier. Hierbei werden neben dem gekochten, gerührten und gebratenen Ei auch beispielsweise in Gebäck und Nudeln verarbeitete Eier mit eingerechnet. (siehe hierzu Infokasten 1: “Verstecktes Tierleid”)
PROVIEH möchte das Osterfest zum Anlass nehmen, um Ihnen etwas über die Herkunft all dieser Eier zu berichten und Ihnen Tipps zum Eierkauf zu geben.
Achtung: Verstecktes Tierleid Oft vergessen wird, dass in vielen verarbeiteten Produkten Käfigeier oder Eier aus Bodenhaltung stecken können. Schauen Sie deshalb beim Einkaufen immer auf die Zutatenliste. Die Haltungsform, aus der die Eier stammen, sind bei einigen Produkten benannt. Im Zweifel weichen Sie bei verarbeiteten Produkten auf Bio aus. Vorsicht ist auch beim Kauf von bunt gefärbten und somit ungestempelten Eiern geboten. Diese können ebenfalls aus Käfighaltung stammen (Ei mit der 3).

Woher stammt Ihr Frühstücks(oster)ei?
Rund 13 Milliarden Eier pro Jahr kommen aus deutschen Großbetrieben mit mindestens 3.000 Legehennen. Der durchschnittliche Betrieb hält allerdings mit 20.000 Hennen wesentlich mehr Tiere. Vorherrschend stammen die Eier mit 59,7 Prozent aus Bodenhaltung gefolgt von 22,3 Prozent aus Freilandhaltung, 13,5 Prozent aus Biohaltung und immerhin noch zu 4,5 Prozent aus der Kleingruppenhaltung, welche in Deutschland nur noch bis Ende 2025, in Ausnahmefällen bis 2028, zulässig ist (Zahlen aus 2023). Zudem wurden und werden zusätzlich Eier insbesondere aus den Niederlanden aber auch aus Dänemark, Polen und Rumänien nach Deutschland importiert.

Wie bei allen zur Lebensmittelerzeugung gehaltenen Tieren bringt auch die industrielle Haltung und Nutzung von Legehennen eine Vielzahl an tierschutzrelevanten Problemen mit sich. Die Haltungsform, aus der Ihr Ei stammt, erkennen Sie an der ersten Zahl des Eierstempels:
- „3“: Kleingruppenhaltung,
- „2“: Bodenhaltung,
- „1“: Freilandhaltung,
- „0“: Biohaltung.
Das Ei mit der 3 aus der versteckten Käfighaltung
Die Eier aus der Haltungsform 3 werden zwar nicht als Frischeier in den Regalen angeboten, aber sie finden sich in vielen verarbeiteten Lebensmitteln (siehe Infokasten 1). Diese können aus Käfighaltung stammen. Aber ist die Käfighaltung nicht schon längst abgeschafft worden? Jein – zwar ist die Käfighaltung in sogenannten Legebatterien in Deutschland schon seit 2010 und EU-weit seit 2012 ohne Ausnahme verboten. Diese Käfighaltung wurde jedoch durch die sogenannte „Kleingruppenhaltung“ – einer Haltung in sogenannten „ausgestalteten Käfigen“ ersetzt. In der Kleingruppenhaltung, die in Deutschland noch bis Ende 2025 bzw. in besonderen „Härtefällen“ bis 2028 erlaubt ist, leben je nach Käfig 20 bis 60 Legehennen in einem höchstens 60 Zentimeter hohen Käfig. Für jedes Tier sind hier 800 Quadratzentimeter an nutzbarer Fläche vorgeschrieben – das ist in etwa so viel wie ein DIN-A4-Blatt plus einer Postkarte. Ein Huhn kann sich weder um sich selbst drehen noch durch den Käfig wandern, ohne ständig gegen andere Hühner zu stoßen oder selbst geschubst zu werden. Auch die vorgeschriebenen Sitzstangen sind viel zu eng bemessen und die Hennen werden ständig von ihren Artgenossinnen bedrängt. Eine ungestörte Eiablage ist kaum möglich und das als artgemäß beworbene „Sandbad“ besteht aus einer Kunstrasenmatte ohne geeignetes Substrat zur Körperpflege. Diese Haltungsbedingungen verursachen Unwohlsein und Stress und führen zu Aggressionen und Kannibalismus unter den Hühnern. Um Verletzungen auf ein Minimum zu reduzieren, werden die Hennen im Halbdunkeln gehalten.

Gut zu wissen:
Ausgestaltete Käfige sind mit Ausnahme des Verbotes in Deutschland (ab 2026) ansonsten innerhalb der EU weiterhin zulässig. Interessant sind die Zahlen der Tierschutzorganisation Compassion in World Farming, die aufzeigen, wie hoch der Anteil an Käfighaltung zum Teil noch ist.
Vorsicht auch beim Ei mit der 2!

Eier mit der „2“ im Stempel stammen aus Bodenhaltung. Die Hennen dieser Haltungsform leben folgendermaßen: Bis zu 6.000 Tiere können hier pro Stallabteil zusammengehalten werden und neun Hühner teilen sich einen Quadratmeter. Entweder werden die Hennen ebenerdig oder in einer sogenannten Voliere gehalten, in der sogar doppelt so viele, nämlich 18 Hühner je Quadratmeter nutzbarer Stallgrundfläche erlaubt sind. Naturgemäß sind Hühner Waldbewohner. Sie leben in kleinen Gruppen mit einer festen Rangordnung zusammen. Auch wenn Hühner mehr als 100 Artgenossinnen voneinander unterscheiden können, kann sich in der Enge der Bodenhaltung keine feste soziale Struktur ausbilden. Dies bedeutet enormen Stress. Die Hennen müssen zudem das ganze Jahr über im Stall bleiben und können nicht Sonnenbaden, im Sand scharren, frei flattern und Insekten hinterherjagen, wie es ihrer Natur entspräche.
PROVIEH empfiehlt deshalb beim Einkauf grundsätzlich Eier aus Freilandhaltung bzw. aus Biohaltung zu wählen.
Besser 1 oder 0
Bei der Freilandhaltung („1“ im Stempel) haben die Hennen verglichen mit der Bodenhaltung zusätzlich vier Quadratmeter Auslauffläche zur Verfügung.
In der Biohaltung („0“ im Stempel) haben die Hennen mehr Platz als in der konventionellen Haltung, es dürfen nur 6 anstatt 9 Hennen je Quadratmeter gehalten werden. Die Gruppengrößen pro Stall sind mit 3.000 Hennen halb so groß wie die konventionellen Haltungen. Zudem ist wie bei der Freilandhaltung ein Auslauf verpflichtend. Dieser gibt jeder Henne nochmals 4 Quadratmeter Platz zusätzlich. Draußen können die Tiere artgemäß Scharren, Picken, Sand- und Sonnenbaden. Der Freilauf ist aus Tierschutzsicht sehr wertvoll, sofern dieser gut ausgestaltet und strukturiert ist. Natürliche und künstliche Unterschlupfmöglichkeiten machen es Beutegreifern schwer und geben den Hühnern mehr Sicherheit die Fläche zu nutzen. Es gibt hier viel Platz zum Scharren, Picken und Entdecken. Das Sandbaden dient der Gefiederpflege, worauf oft ein Sonnenbad folgt. Als Sonderhaltungsform bietet die Mobilstallhaltung den Hühnern ebenfalls einen Auslauf und noch dazu oftmals kleinere Gruppen von wenigen hundert Tieren. Dieser Stall kann regelmäßig versetzt werden. So haben die Hennen immer wieder frisches Grün zur Verfügung und der Boden wird vor Überdüngung geschützt.
Ein kurzes Legehennenleben in Deutschland
Woher stammen eigentlich die vielen Millionen Legehennen? Spezielle Brütereien „produzieren“ Küken für die Eierproduktion. Es werden dort gezielt besonders leistungsstarke Rassekreuzungen, sogenannte Hybridküken „erzeugt“. Sie legen genetisch bedingt (nahezu) täglich ein Ei. Die Legehennenküken schlüpfen dabei künstlich ohne Mutter. Die männlichen Geschwister wurden bis Ende 2021 nach dem Schlüpfen aussortiert und getötet, da sie sich aufgrund des Rassezuchtziels „hohe Legeleistung“ nicht gut für die Mast eigneten. Seit Januar 2022 ist das Töten männlicher Eintagsküken in Deutschland verboten. Stattdessen werden seitdem männliche Küken durch Geschlechtsbestimmung im Ei vor dem Schlupf aussortiert oder danach von den weiblichen getrennt separat aufgezogen (Bruderhahnaufzucht). Allerdings umgehen zahlreiche Betriebe das Kükentötungsverbot, indem sie die Küken im Ausland schlüpfen lassen bzw. junge Legehennen im Ausland einkaufen. So enden im Ausland geschlüpfte männliche Küken wieder als Tierfutter. Zudem werden in den Brütereien lebensschwache weibliche Küken getötet oder und versterben Küken direkt beim Schlupf. Bei der Bruderhahnaufzucht wird die Mast oftmals ebenso ins Ausland verlagert, da viele Betriebe es hier nicht leisten können und dort die Kosten niedriger sind. Die Mastbedingungen sind dabei oftmals nicht nachvollziehbar, aber vermutlich vielfach nicht tiergerecht.
Die weiblichen Legehennenküken werden in sogenannte Aufzuchtbetriebe gebracht, wo sie ungefähr 18 Wochen lang heranwachsen. Danach kommen Sie in den Legehennenstall, meist auf einem anderen Betrieb, in eine Boden-, Freiland- oder ökologische Haltung. Ein Hühnerleben ist in der industriellen Haltung sehr kurz. Die Tiere legen bis zu 320 Eier und werden mit nur 18 Monaten ausgemustert. Der Grund: Die speziellen Hochleistungsrassen sind bereits nach einem Jahr Legen ohne Pause ausgepowert und viele leiden an Brustbeinverletzungen aufgrund von Kalziummangel. Diese Tiere durch die Mauser zu bringen, würde sich wirtschaftlich kaum lohnen, da ihre Legeleistung nachlassen würde. Nur wenige Betriebe gönnen ihren Tieren eine Legepause und lassen sie länger am Leben. Im Vergleich dazu können Legehennen in Hobbyhaltungen durchaus fünf bis sieben Jahre alt werden.
Die Hennen werden für den Transport zum Schlachthof von speziellen Fangkolonnen eingefangen, in enge Käfige gesteckt und zum Schlachthof transportiert. Da es immer weniger regionale Schlachtstätten gibt, sind stundenlange Transporte nahezu die Regel. Für den Schlachtvorgang werden die Hennen kopfüber an Metallbügel aufgehängt und im elektrischen Wasserbad oder durch eine CO2-Atmosphäre betäubt und anschließend geschlachtet. In den Legehennenstall kommen dann die neuen Hühner…
Unsere Empfehlungen
- Um einen aktiven Beitrag zum Tierschutz zu leisten, empfehlen wir Ihnen, generell kein Ei mit der Nummer 2 zu kaufen.
- Wählen Sie idealerweise Eier von Höfen aus der Region, wo kleinere Gruppen leben und im Idealfall keine hochleistenden Hybridhühner, sondern langlebigere Rassen oder sogar Zweinutzungsrassen gehalten werden. Denn der Kauf von Eiern aus industrieller Haltung ist immer ein Kompromiss. Auch Legehennen in Freiland- und Biohaltungen leben in großen Beständen und werden bereits nach einem Jahr ausgetauscht.
- Schauen Sie nach Kleinhaltern in Ihrer Nähe. Vielerorts gibt es bereits kleine Verkaufsschränke an der Straße. Scheuen Sie sich nicht, dort einmal zu klingeln und freundlich anzufragen, ob Sie sich die Hühnerhaltung einmal ansehen dürften.
- Achten Sie bei verarbeiteten Produkten wie Gebäck, Eiernudeln, Mayonnaise, etc. auf die Herkunft der darin enthaltenen Eier. Schauen Sie dafür beim Einkaufen immer auf die Zutatenliste. Die Haltungsform, aus der die Eier stammen, sind bei einigen Produkten benannt. Ist dies nicht gekennzeichnet, können sich hier auch Eier aus der Käfighaltung verstecken.
- Erkundigen Sie sich bei Ihrer Bäckerei und im Restaurant nach der Herkunft der Eier und weichen Sie im Zweifel auf Ei-freie bzw. vegane Produkte aus.
- Zusätzlich ist es sinnvoll, darauf zu achten, dass eine Aufzucht der Bruderhähne stattfindet: Hier werden auch die männlichen Küken mit aufgezogen, die normalerweise als Abfallprodukt der Hochleistungsindustrie direkt nach dem Schlüpfen getötet werden. Eine artgemäße Bruderhahnaufzucht ist aus Tierschutzsicht eine deutliche bessere Alternative zum Kükentöten als die Geschlechtserkennung im Ei, zumindest bis sich das Zweinutzungshuhn flächendeckend durchgesetzt hat.
- Eine mobile oder zumindest regionale Schlachtung der Legehennen und Bruderhähne ist wünschenswert, aber nur in wenigen Fällen umsetzbar. Trotzdem sprechen Sie auch dieses Thema an, wenn sich die Möglichkeit bietet
- Bei Osterleckereien und Backwaren gibt es heute bereits zahlreiche vegane Alternativen. Auch hier lohnt sich der Blick auf die Zutatenliste.
Hühner im eigenen Garten?
Für Verbraucher:innen mit einem eigenen Garten, die Hühner mögen und die über die notwendige Zeit verfügen, gibt es auch noch eine weitere Option: Nutzen Sie doch die Möglichkeit, sich eine kleine Gruppe von Hennen für den Eigenbedarf am Haus zu halten. Selbstverständlich gibt es da das ein oder andere zu beachten: Informieren Sie sich vor der Anschaffung umfangreich über die Bedürfnisse zur Haltung und Fütterung, Vorschriften wie auch Einschränkungen im Tierseuchenfall (Stallpflicht) sowie die Vorschriften zur Hühnerhaltung in Ihrem Ort. Nicht überall ist eine Hühnerhaltung uneingeschränkt zulässig. Sprechen Sie mit Ihren Nachbarn und überlegen Sie sich gut, ob Sie einen Hahn dazunehmen wollen. Hier gibt es in einigen Gemeinden Einschränkungen. In reinen Wohngebieten, aber auch im ländlichen Raum kommt es aufgrund krähender Hähne und Geruchsbelästigungen durch Hühnermist regelmäßig zu Streitigkeiten. Einige Hühner(rassen) glucken sehr ausgeprägt und wollen Küken großziehen. Aber jede Brut (sofern ein Hahn in der Gruppe mitläuft) bringt weibliche wie männliche Küken mit sich. Hier gilt es abzuwägen und verantwortungsvoll zu handeln, damit Sie keinen ungeplanten Nachwuchs bekommen und insgesamt lange Freude an Ihren gefiederten Eierproduzentinnen haben. Sollten Sie nicht die Möglichkeit haben selbst Hühner im eigenen Garten zu halten, überlegen Sie, ob Sie sich vielleicht mit anderen Nachbarn zusammentun könnten, um eine „Hühnergemeinschaft“ zu gründen. Vielleicht können Sie aber auch Nachbarn, Freunde oder Bekannte bei deren Hühnerhaltung unterstützen.
Kathrin Kofent
31.03.2025
Weiterführende Infos:
- Alles Infos über Legehennen
- In unserer Video- und Audiothek finden Sie eine Auswahl unserer Videos und Podcasts rund um das Thema Nutztierschutz.
- Eier-Initiativen gegen Kükentötung
- Hühner im eigenen Garten – Tipps und Tricks für Hobbyhalter:innen
- Was steht auf dem Ei? (www.kat.eu)
- Mehr Eier, längeres Leben – Die Zukunft der Legehennenhaltung. Podcast Netzwerk Fokus Tierwohl