Nach den Wahlen
Neuausrichtung oder Stillstand?
Die Bürger:innen in Deutschland haben gewählt. In Zukunft wird es auch in punkto Tierschutz eher „schwarz“ werden.
Die Pläne der CDU/CSU aus den Wahlprogrammen zum Tierschutz muten zunächst einmal sehr verhalten an. Nicht nur PROVIEH, sondern sicher auch viele Wähler:innen vermissten dort den Begriff „Tierschutz“.
Dies zeichnete sich schon bei der Sachverständigenanhörung im Bundestag zur Novelle des Tierschutzgesetzes im Oktober 2024 ab. Die Partei äußerte scharfe Kritik in Bezug auf ein Mehr an Bürokratie, gesetzlichen Verschärfungen im Inland sowie an einem Abbau der Tierhaltung und stand dem Gesetzesentwurf insgesamt ablehnend gegenüber. Somit wird die CDU bei ihrer Landwirtschaftspolitik vermutlich weniger auf verschärfte Gesetze und Verordnungen setzen. Vielmehr könnte Tierschutz zukünftig eher durch Maßnahmen wie Förderprogramme und herabgesetzte Bürokratie indirekt profitieren. Zudem wird man sich vermutlich mehr an der EU-Politik orientieren und nationale Alleingänge meiden wollen.
Legalisierte Tierqual beenden! Das derzeit geltende Tierschutzgesetz erlaubt verstümmelnde Eingriffe wie das Enthornen von Kälbern, das Abschneiden von Ringelschwänzen bei Schweinen und das Kürzen von Schnäbeln bei Puten. Qualzuchten werden genauso wie schädigende Haltungsbedingungen durch unzureichende Bestimmungen toleriert. Die Kontrollen und Sanktionen sind unzureichend und Tierschutzverstöße bleiben oft unentdeckt. Eine Überarbeitung ist also dringend geboten. Zuletzt blieb der als Kompromiss der Regierungsparteien abgespeckte Entwurf zur Überarbeitung des Tierschutzgesetzes weit hinter den Erwartungen der Tierschutzverbände und anderer Organisationen zurück. Er genügt weder dem Staatsziel Tierschutz noch der Forderung der Gesellschaft nach mehr Tierwohl, denn er enthält nach wie vor zahlreiche Ausnahmeregelungen und Schlupflöcher, die geschlossen werden müssen.
Wie geht es nun weiter?
PROVIEH wünscht sich ehrlichen Tierschutz. Ob dieser mit der zukünftigen Bundesregierung und einem CSU-Landwirtschaftsminister jedoch umsetzbar ist, ist mehr als unsicher und insgesamt wird uns Geduld und Verhandlungsgeschick abverlangt werden. Denn zunächst stehen die Koalitionsverhandlungen an. Erste Priorität wird der Bundeshaushalt 2025 haben, der vor der Sommerpause vorgelegt werden sollte und über welchen nach der Sommerpause entschieden wird. Folgen wird der Bundeshaushalt 2026 – hier ist mit einer Entscheidung etwa im November 2025 zu rechnen. Deshalb wird es mit dem Anpacken von Tierschutzthemen noch dauern: Gesetzentwürfe und anderes Handfestes sind daher frühestens ab Ende 2025 oder eher später zu erwarten.
Die Novelle des Tierschutzgesetzes ist leider nicht zuletzt aufgrund der vorgezogenen Neuwahlen gescheitert. Das Haltungskennzeichnungsgesetz wurde nur für Schweine angeschoben, für die Kennzeichnung von Rindfleisch blieb ein enttäuschender Entwurf in der Pipeline des Bundesministeriums stecken. Mit seinem sehr späten Vorstoß zu Tiertransporten in Drittsaaten legte Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir, als eine seiner letzten Amtshandlungen, der EU-Kommission Eckpunkte für ein nationales Regelungsvorhaben zum Schutz aus Deutschland ausgeführter Tiere vor. Hiernach wäre der Export an die Einhaltung bestimmter Tierschutzstandards in den Zielländern gebunden. Es bleibt zu hoffen, dass sein Vorstoß weiter aufgegriffen, und positive Auswirkungen haben wird.
Das Verbandsklagerecht wie auch das Amt der Bundestierschutzbeauftragten sind außerdem akut gefährdet. Dies machten einige Vorab-Aussagen der CDU deutlich. Es bleibt abzuwarten, welcher Koalitionspartner ins Regierungsboot einsteigen wird. Dies könnte die eine oder andere Nuance setzen. Auch das Bundesministerium für Landwirtschaft (BMEL) gilt es neu zu besetzen. Hier war zuletzt seitens der CSU der bayerische Bauernpräsident Günther Felßner für den Ministerposten im Gespräch.
Die EU-Agrarpolitik wird auf jeden Fall auch in Zukunft eine wichtige Rolle für die Weichenstellung in Deutschland spielen. Zu hoffen ist dabei, dass die neu zu definierenden Ziele zur Zukunft der Tierhaltung nicht nur wirtschaftliche, sondern auch Tierwohlaspekte beinhalten werden. Hier werden wir EU-Agrarkommissar Christophe Hansen im Blick behalten müssen.
Quo vadis Tierschutz?
Ein Wechsel der Bundesregierung bedeutet immer eine Umstellung, auch für PROVIEH. Allerdings stehen wir in einem festen Bündnis aus Verbänden und Organisationen, die gemeinsam für ein besseres Leben unserer Tiere in der Landwirtschaft zusammenstehen. Auch wenn die Aussichten zunächst eher düster erscheinen, schauen wir nach vorne und werden das bestmögliche für eine Verbesserung der Lebensbedingungen von Huhn, Rind, Schwein und Co tun.

Kathrin Kofent
27.02.2025
Lesen Sie mehr zu 50 Jahren Nutztierschutz: Die Geschichte des Tierschutzes | PROVIEH
Kathrin Kofent
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