Kampagnenerfolg: Marktführer bietet Ringelschwanzprämie an!
Der Marktführer Tönnies lobte am 28. Oktober 2024 eine Ringelschwanzprämie in Höhe von zehn Euro pro Schwein aus. PROVIEH begrüßt dieses wichtige Signal, dass der Schlachtkonzern damit gesetzt hat.
Zunächst soll die Prämie allen Betrieben der Haltungsform 3 offenstehen, um Erfahrungen mit dem Ausstieg aus dem Schwanzkupieren in der Praxis zu sammeln. Dafür müssen 90 Prozent der zur Schlachtung angelieferten Tiere einen intakten Ringelschwanz aufweisen.
Warum nur für Haltungsform 3?
Die Haltungsform 3 (HF 3) bedeutet, dass die Mastschweine permanenten Außenklimakontakt haben müssen, entweder durch einen Auslauf oder eine Offenfrontstallhaltung (permanent frische Luft durch offene Fenster oder einen Stall mit nur drei Wänden). Zudem müssen die Mastschweine zwischen 50 und 110 Kilogramm eine Mindestfläche von 1,05 Quadratmetern pro Tier zur Verfügung haben, also 40 Prozent mehr als die gesetzlich vorgeschriebenen 0,75 Quadratmeter. Zusätzlich zum bereits vorgeschriebenen (aber meist nicht gewährten!) organischen, rohfaserreichen Beschäftigungsmaterial muss den Tieren in HF 3 Stroh (als Einstreu oder Raufutter) oder vergleichbares Material zur Verfügung gestellt werden. Das gesamte Futter muss zudem gentechnikfrei sein.
Dies sind gute Grundvoraussetzungen – wenn auch nicht unbedingt alle nötigen Maßnahmen – damit ein Ausstieg aus dem Schwanzkupieren zügig gelingen kann; denn all diese Vorgaben sind dazu geeignet, den Anpassungsstress der Schweine an die Haltungsbedingungen im Stall zu senken. Es ist zwar durch einige konventionelle Praxisbetriebe erwiesen, dass auch in Haltungsform 2 Schweine mit intakten Ringelschwänzen gehalten werden können. Allerdings gilt: Je geringer das Stressmaß, desto leichter ist es, dem Schwanzbeißen vorzubeugen.
Wichtiger Impuls zur rechten Zeit!
Die Bekanntgabe der unternehmensfinanzierten Ringelschwanzprämie kommt zur richtigen Zeit. Die Schweinehalter und die gesamte Privatwirtschaft müssen sich endlich auf den Weg machen, um aus der jahrzehntelangen Praxis des Schwanzkupierens und dem Verkauf von tierschutzwidrig produziertem Schweinefleisch herauszukommen. Die parlamentarischen Verhandlungen über die Verschärfung des Tierschutzgesetzes laufen auf Hochtouren, der Druck aus der Europäischen Union wächst seit Jahren und unsere Ringelschwanz-Kampagne nimmt wieder an Fahrt auf.
Umstellungsziele und Beendigung des Schwanzkupierens bis 2030
Die Verknüpfung der Ringelschwanzprämie an HF 3 begünstigt auch die Einhaltung der von einigen großen Lebensmitteleinzelhandelsketten (LEH) formulierten Ziele: Zuerst gab ALDI im Juni 2021den kompletten Umstieg beim Schweinefleisch auf die HF 3 und 4 bis 2030 bekannt. Das ist auch die von PROVIEH angestrebte Frist zum endgültigen Ausstieg aus dem Schwanzkupieren.
LIDL zog Stück für Stück nach. Im Juni 2024 gab der Discounter bekannt, 30 Prozent der Wurstwaren seiner Eigenmarke bis Ende dieses Jahres auf die höheren Haltungsstufen 3 und 4 umstellen zu wollen und erhöhte damit schlagartig die Nachfrage nach Schweinen aus der HF 3. Bis Ende 2025 sollen es 50 Prozent sein – allerdings nur, „wenn eine ausreichende Warenverfügbarkeit gewährleistet ist“! Genau da liegt die Crux.
Ringelschwanzprämie senkt Umstellungshürden
Damit genug Betriebe mindestens auf HF 3 umstellen, brauchen sie Investitionssicherheit. Die Discounter setzten in der Vergangenheit teilweise Verträge plötzlich wieder außer Kraft, wenn die Nachfrage nach den höherwertigen Produkten schwächelte. Das verursacht Unsicherheit. Die Baukosten sind in den letzten Jahren zudem stark gestiegen und die Umbaupläne werden oft von den Behörden boykottiert, indem sie die Genehmigungsverfahren als praktisch unüberwindbare bürokratische Hürdenläufe gestalten. Das verunsichert die umstellungswilligen Betriebe und behindert die Verbesserung des Tierschutzes in der Schweinehaltung zusätzlich. Die Ringelschwanzprämie bietet daher einen wichtigen wirtschaftlichen Anreiz für die Umstellung.
Potenzial für einen Doppelwumms für die Schweine
PROVIEH hofft, dass die von Tönnies eingeführte Ringelschwanzprämie bald zu einer Sektorlösung ausgeweitet wird, an der sich alle Unternehmen beteiligen. Zusammen mit dem Bundesförderprogramm, das nach Ansicht von PROVIEH finanziell künftig besser ausgestattet werden muss, könnte die Ringelschwanzprämie den Weg zum Umbau der Tierhaltung zu höheren Haltungsstufen weisen. Ein bedeutender Meilenstein beim Ausstieg aus dem Schwanzkupieren ist sie jetzt schon.
Sabine Ohm
Weitere Informationen finden Sie in unserer Kampagne: