Freies Federvieh

Warum die Auslaufhaltung dem Geflügel gut tut

Aus dem Dorf, von Tante und Onkel oder den Großeltern kennen viele dieses Bild noch: Freilaufende Hühner, Enten, Gänse und Puten, die über den Hof stolzieren. Die Tiere konnten sich den ganzen Tag frei bewegen, nach Insekten suchen, Sonnenbaden und ungehindert ihren Bedürfnissen nachgehen. In der heute vorherrschenden, industriellen Tierhaltung wird das Geflügel hingegen überwiegend in Bodenhaltung im Stall gehalten. Das bedeutet ein Leben lang eingesperrt zu sein, kaum Tageslicht, nie Gras unter den Füßen und kein freies Flattern, Scharren und Picken.

PROVIEH kämpft seit Jahrzehnten für den Ausbau der Haltungsformen mit Auslauf und somit für eine artgemäße Geflügelhaltung, bei der die Tiere ins Freien können. Im Gegensatz zur konventionellen Käfighaltung oder der Bodenhaltung können die Tiere in der Freilandhaltung ihre natürlichen Verhaltensweisen ausleben, ihre Umgebung ausgiebig erkunden und sich so optimal beschäftigen. Sie können frische Luft atmen, das Sonnenlicht genießen, Sand- und Staubbäder nehmen, scharren, picken und ihrem natürlichen Sozialverhalten nachgehen. Die Sonne regt die natürliche Vitamin-D-Produktion an und die zusätzliche Bewegung stärkt die Knochen und macht die Tiere widerstandsfähiger.

Entwicklung der Haltungsformen

Mastgeflügel

Putenmast
Putenmast Foto: © Andrew Skowron/We Animals Media

Mastgeflügel wie Puten oder Masthähnchen werden in Bodenhaltung in geschlossenen Ställen gehalten. Lange Futter- und Tränkelinien durchziehen die riesigen Hallen. Der Boden ist mit Stroh und Pellets eingestreut. Für Puten gibt es bisher keine speziellen gesetzlichen Haltungsvorschriften und die für Masthühner sind aus Tierschutzsicht unzureichend, um sie artgemäß zu halten. Es fehlen erhöhte Sitzmöglichkeiten für ein artgemäßes Ruhen, Beschäftigungsmaterial und ein Auslauf ins Freie. Der Anteil von Bio-Mastgeflügel in Deutschland liegt im einstelligen Prozentbereich. Hier stehen Hühnern vier Quadratmeter und Puten zehn Quadratmeter Auslauf zur Verfügung.

Mit unserer Kampagne „Puten jetzt schützen!“ setzen wir uns für die längst überfällige artgemäße Haltungsverordnung für Puten ein.

Legehennen

Derzeit ist die Bodenhaltung mit über 60 Prozent noch die vorherrschende Haltungsform für Legehennen ohne Auslauf. Freiland- und Biohaltung machen zusammen etwa 30 Prozent aus. Das war vor 15 Jahren noch ganz anders. Vor dem Verbot war die Käfighaltung mit über 60 Prozent die dominierende Haltungsform der Legehennen. Die heute weit verbreitete Bodenhaltung war neben der Bio- und Freilandhaltung eine Nische. Seit 2010 ist die reine Käfighaltung in Deutschland verboten, 2025 (in Härtefällen 2028) wird auch die sogenannte Kleingruppenhaltung auslaufen. Seitdem entwickelt es sich für die Hühner immer besser und der Anteil der gekauften Eier aus Freilandhaltung steigt stetig.

Anforderungen an den Auslauf

Die Freilandhaltung von Geflügel bringt jedoch auch Herausforderungen mit sich. Der Schutz vor Krankheiten und Räubern erfordert besondere Maßnahmen, um das Wohlbefinden der Tiere zu gewährleisten. Die Betreuung und Pflege der Geflügelbestände erfordert einen Mehraufwand gegenüber Haltungsformen ohne Auslauf. Das führt zu höheren Preisen für die Eier und das Fleisch der Tiere. 

Aber Freilandhaltung ist nicht gleich Freilandhaltung. Manche Landwirt:innen stellen ihren Hühnern lediglich ein paar Unterstände aus gebogenem Metall auf das Feld. Diese sind oft viel zu weit vom Stall entfernt und bieten den Hühnern keinen Schutz vor Raubtieren. Die Hühner trauen sich deshalb nicht auf die Weide und halten sich nur im Stall oder in der Nähe des Stalls auf.

Bio-Verbände wie Demeter, Bioland und Naturland stellen daher besondere Anforderungen an die Auslaufgestaltung. Grundsätzlich sollte der Auslauf waldähnlich gestaltet sein. Das bedeutet, dass mindestens 50 Prozent der Fläche mit Bäumen und Sträuchern oder künstlichen Unterschlupfmöglichkeiten ausgestattet sein müssen. Dann trauen sich die Hühner auch raus und nutzen den Auslauf.

Außerdem müssen die Tiere vor Prädatoren wie Fuchs und Mader sowie vor Krankheitserregern geschützt werden. Ein Zaun, der auch so tief in den Boden reicht, dass ein Fuchs sich nicht darunter durchgraben kann, und ein umfassendes Gesundheitsmanagement sind hier dringend notwendig.

Legehennen und Bruderhähne im Mobilstall
Legehennen und Bruderhähne aus dem Hof Hasenkrug

Und schließlich gibt es noch die Königsdisziplin der artgemäßen Freilandhaltung: den Mobilstall. Hier sind die Hühner in kleineren Gruppen (200 – 2.000 Tiere) untergebracht und haben Zugang zu einem Auslauf rund um den Mobilstall. Dieser wird auf Schienen oder Rädern in regelmäßigen Abständen über das Gelände bewegt. So haben die Hühner immer Zugang zu frischem Gras. Außerdem sind die Tiere krankmachenden Parasiten nicht so lange ausgeliefert und diese können sich nicht so effektiv vermehren, wenn die Hühner regelmäßig “wegziehen”.  Durch den Umzug des Stalls ist auch der Nährstoffeintrag durch die Tiere geringer für die Fläche, da sie nicht nur auf eine Stelle koten. Aber auch rund um den Mobilstall müssen ausreichend Rückzugsmöglichkeiten auf der Weide verteilt sein und ein Elektrozaun hält Räuber fern. Daher ist diese Haltungsform am aufwendigsten und die Produkte entsprechend am teuersten.
Der Mobilstall bietet aber noch einen weiteren Vorteil, da er zum Beispiel in die Fruchtfolge integriert werden kann. Dadurch werden die Nährstoffe im Boden noch besser genutzt.

Artgemäß heißt Auslaufhaltung

Insgesamt bietet die Freilandhaltung von Geflügel eine tiergerechtere Alternative zu anderen Haltungsformen. Sie ermöglicht den Tieren, ihre Grundbedürfnisse auszuleben. Verbraucher:innen können zur Förderung und zum Ausbau dieser tiergerechten Haltungsform durch bewusste Kaufentscheidungen für Geflügelprodukte beitragen.

Seit 50 Jahren setzt sich PROVIEH für eine artgemäße Tierhaltung in der Landwirtschaft ein. Dazu gehört ganz klar der Auslauf ins Freie. Wir werden weiter dafür kämpfen, dass der Anteil der tiergerechten Haltungsformen mit Auslauf steigt.

Mareike Petersen

Beitrag teilen