Lieber weniger, aber dafür gut – zu Besuch beim Biohof Muhs
Nahe der schleswig-holsteinischen Ostseeküste, im beschaulichen Krummbek, betreibt Familie Muhs in vierter Generation einen landwirtschaftlichen Betrieb mit eigener Hof-Schlachterei.
Wir werden freundlich begrüßt von Jana und Bernd Muhs, die uns an diesem herrlichen Frühlingstag über den Hof und durch die Ställe führen. Derzeit leben 26 Zuchtsauen, zwei Eber, rund 280 Mastschweine, 90 Ferkel, jeweils neun Mutterkühe, Jungrinder und Kälber sowie 50 Legehennen nebst Hahn, zwei Mutterschafe mit ihren Lämmern, Gänse, Katzen, Kaninchen und Hündin Emmie auf dem Hof, der nach Biorichtlinien geführt wird.
Sauglücklich
Mal friedlich mal sehr lebendig geht es in den Stallabteilen der Sauen und Ferkel zu. „Ich weiß nicht, ob unsere Schweine glücklich sind. Aber wir sind bemüht ihnen ein gutes Leben zu bieten“, sagt Bernd Muhs. Die Rückmeldung seitens der Schweine kommt prompt. Munter sprintet eine Ferkelgruppe vom Stall in den Auslauf. Die Kleinen tollen voller Lebensfreude durchs Stroh und klettern über den Hals ihrer stoischen Mutter. Die Angler Sattelschwein-Sauen sind sehr umsichtig mit ihrem Nachwuchs. Sie haben viel Platz und können zwischen Stall und Strohauslauf wählen. Die Ferkel haben im Stall ein warmes Nest und dürfen nach wenigen Tagen raus. Über einen Ferkelschlupf kommen sie in den benachbarten Auslauf sowie in einen reinen Ferkelbereich, wo sie mit zusätzlichem Futter versorgt werden. Die Säugezeit ist mit durchschnittlich 49 Tagen eine Woche länger als nach EU-Bio-Richtline vorgeschrieben – ein bestmöglicher Start in die Aufzucht und ins Leben. Die Sauen werden im Natursprung durch die hofeigenen Eber gedeckt. Die Mastschweine kennen sich von klein auf und tragen bereits im Ferkelalter Rangkämpfe aus. Dies spiegelt sich in sehr harmonischen Gruppengefügen wider. Entspannt reagieren sie auf unseren Besuch. Janas und Bernds Sohn Robin stattet einer Gruppe spontan einen Besuch ab. Neugierig wird er begrüßt. Eine große Freude ist es für uns, ausschließlich intakte Ringelschwänze bei allen Schweinen zu sehen. Die vorbildlichen Lebensbedingungen machen es möglich: viel frische Luft, reichlich Einstreu, artgerechte offene Tränken und viel Platz. Zusätzlich zum Getreideschrot erhalten die Schweine zweimal täglich –
artgerecht am Boden – duftende Kleegrassilage. Eine Verneblungsanlage bindet Staub und bei höheren Temperaturen werden die Tiere mittels einer Berieselungsvorrichtung abgekühlt.
Huhn-glücklich
Die Legehennen sind in einem Mobilstall untergebracht. So können sie ganzjährig auf wechselnden Grünflächen picken, scharren und sonnenbaden. Derzeit erkunden sie den Obstgarten.
Kuh und Kalb
Die Mutterkühe und ihr Nachwuchs bleiben bis zum Absetzen zusammen. Sobald die Witterung es zulässt, kommen sie auf die umliegenden Weiden. Die Bullenkälber werden unter Betäubung und Schmerzausschaltung kastriert. Dadurch ist es möglich, sie bis kurz vor der Schlachtung im Alter von zwei Jahren rindergerecht auf der Weide zu halten. Im Winterhalbjahr sind alle Rinder in großzügigen Offenfronställen mit Tretmist untergebracht.
Achtsame Schlachtung
Die Besonderheiten auf Hof Muhs sind der geschlossene Kreislauf und die Regionalität. Futtermittel stammen zu etwa 50 Prozent vom eigenen Hof, der Rest von anderen Biobetrieben im Umkreis. Tiertransporte sind für die hofeigenen Tiere nicht nötig, da die Schweine direkt aus dem Stall in die Schlachterei laufen und die Rinder nur rund 60 Meter vom Rinderstall in das Schlachthaus transportiert werden. Den Tieren bleibt somit sehr viel Stress erspart. Umgebung und Menschen sind ihnen vertraut. Zum Teil werden in Kooperation noch Tiere umliegender Höfe zugekauft, geschlachtet und vermarktet. Auch hier sind die Transportwege kurz. Die Schlachtung erfolgt achtsam und mit viel Ruhe. Da nur wenige Tiere pro Woche geschlachtet werden, sind die Abläufe frei von Zeitdruck und jede Betäubung wird sorgfältigst ausgeführt und überprüft. Die Tiere werden nahezu komplett verwertet. Die vielfältige Produktepalette – alles stammt dabei aus der eigenen Schlachtung – findet zu zwei Dritteln Absatz auf Märkten und im Hofverkauf. Ein Drittel wird regional im Lebensmitteleinzelhandel vertrieben.
Besonders ist auch der Bauernhofkindergarten auf dem Hof. Die Kinder lernen dort von klein auf den Kreislauf von Geburt bis zur Schlachtung und Verarbeitung der Tiere kennen, bekommen ein Gespür für die Bedürfnisse und Eigenarten von Huhn, Rind, Schwein und Co. und wachsen so zu bewussteren Menschen heran. Zudem bietet die Familie Muhs als Demonstrationsbetrieb Kunden und der Öffentlichkeit gerne Einblicke in ihre Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion und hat einen Raum für kulturelle und soziale Veranstaltungen.
Mehr Infos zu Hof, Schlachterei und Kindergarten finden Sie hier: www.biohof-muhs.de
Kathrin Kofent
Betriebsspiegel:
Landwirtschaftlich genutzte: Fläche: 42 Hektar
Ackerfläche: 32 Hektar
Dauergrünland: 10 Hektar
Tierhaltung: Rinder, Schweine, Hühner, Schafe, Kaninchen und Gänse
Schlachtungen pro Jahr:
Schweine: ca. 550 eigene sowie ca. 75 zugekaufte vom Naturland-Hof Maaskamp in Schwartbuck,
Rinder: etwa 100–120 von regionalen Biobetrieben zugekaufte Rinder sowie ca.10–12 eigene Tiere.
Schafe: Um die 80 von 3 Betrieben aus der Region zugekaufte Tiere sowie ein paar wenige eigene.
Dieser Artikel ist erschienen im PROVIEH-Magazin „respektiere leben.“ 02-2024