Bundesrat verwässert Tierschutzgesetz:
Konsequentes Verbot des Schwanzkupierens bei Schweinen nötig!
Berlin, 24. Juli 2024: Anfang Juli hat der Bundesrat seine Stellungnahme zur Novellierung des Tierschutzgesetzes abgegeben. Diese sieht unter anderem vor, die strengeren Regelungen zum routinemäßigen Amputieren von Ringelschwänzen bei Schweinen aufzuweichen. Die Tierschutzorganisation PROVIEH kritisiert dies ausdrücklich. Trotz des seit 1994 bestehenden europäischen Verbots ist das Kupieren der Schwänze in Deutschland nach wie vor in fast allen Betrieben üblich und betrifft jährlich rund 40 Millionen Ferkel. PROVIEH fordert ein Verbot dieser Praxis bis spätestens 2030 sowie die Umsetzung einer verpflichtenden Reduktionsstrategie.
„Das Schwanzkupieren bei Schweinen muss gestoppt werden. Schließlich ist der Eingriff für die Tiere nicht nur schmerzhaft, sondern sie leiden ein Leben lang, weil ihnen mit dem Ringelschwanz ein wichtiges Kommunikationsmittel genommen wird“, kommentiert Sabine Ohm, Fachreferentin für Schweine bei PROVIEH. „Inzwischen hat die Forschung die wesentlichen Ursachen für das Schwanzbeißen entschlüsselt. Heute gibt es auch konventionelle Betriebe, die Schweine mit intakten Ringelschwänzen halten. Es ist eine Frage des Veränderungswillens. Ein „Weiter so“, wie es der Bundesrat will, ist keine Option. Wenn das deutsche Tierschutzgesetz jetzt nicht liefert, könnte auch die EU-Kommission die Geduld verlieren. Das europäische Recht ist eindeutig.“
Die EU-Richtlinie erlaubt das Amputieren eines Teils des Ringelschwanzes nur als letztes Mittel. Dies gilt, wenn alle notwendigen Haltungsanpassungen – wie mehr Platz und organisches Material zum Wühlen und Erkunden – nicht ausreichen, um tierschutzwidrige Verletzungen durch Beißen zu verhindern. Bereits 2009 hatte PROVIEH bei der Europäischen Union Beschwerde gegen Deutschland eingereicht, woraufhin die EU-Kommission mehrfach Rügen aussprach, zuletzt 2018. Der 2019 in Kraft getretene “Nationale Aktionsplan Kupierverzicht” hat keine wesentlichen Verbesserungen gebracht. Statt verbindlicher Bundesvorgaben gibt es einen Flickenteppich von Länderregelungen, die keine wirksamen Kontrollen und Sanktionen ermöglichen. Selbst fünf Jahre nach Einführung kann kein einziges Bundesland den Stand der Umsetzung klar benennen, wie Recherchen von PROVIEH ergaben.
Ausgerechnet dieses gescheiterte Konzept will der Bundesrat nun im Tierschutzgesetz verankert sehen, mit der Begründung, die im Gesetzentwurf vorgesehenen Detailregelungen seien praxisfremd und würden die Betriebe überfordern. Vor einer Verschärfung des nationalen Rechts müsse die Rechtslage auf europäischer Ebene weiterentwickelt und geklärt werden.
PROVIEH fordert stattdessen das Verbot des routinemäßigen Schwanzkupierens bis spätestens 2030. Die Beendigung muss durch eine verpflichtende Reduktionsstrategie erfolgen, auf Grundlage von Risikoanalysen und Maßnahmenplänen. Zudem ist eine Schmerzausschaltung im Übergangszeitraum unerlässlich. Die Regelungen im Gesetzentwurf der Bundesregierung müssen klarer formuliert und um verbindliche Fristen erweitert werden. Nur so ist der schrittweise Ausstieg aus der routinemäßigen Amputation von Ringelschwänzen möglich. Nichts anderes schreibt die europäische Richtlinie zum Schutz von Schweinen schon seit über 30 Jahren vor.
Weitere Informationen zu unserer Kampagne “Stoppt das Schwanzkupieren!” finden Sie hier.
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