Beifall für Tierquälerei?

Was läuft falsch im „Pferdesport“?

Berichte um die Aufdeckung tierschutzwidriger Trainingsmethoden im sogenannten „Spitzen-Pferdesport“ reißen auch nach zahlreichen Skandalen der Vergangenheit nicht ab, darunter Andreas Helgstrand in Dänemark und kurz darauf Cesar Perra in Florida unter Beteiligung von zwei bekannten niedersächsischen Züchtern/Reitern. Beiden gemein: ein brutales Handling und tierquälerische Methoden bei der Ausbildung von Pferden. Diesen Sommer folgte nun der Skandal um die britische Olympiareiterin Charlotte Dujardin. Ein Video zeigt, wie sie im Training ein gerittenes Pferd mit zahlreichen, heftigen Peitschenhieben drangsaliert. 

Das Ziel bei alledem sind gefügige Pferde und beispielsweise besonders spektakuläre Bewegungsabläufe für zukünftige Dressurchampions. Anstelle von Leichtigkeit, Ausdruck und feinen Hilfen, die über viele Jahre zu erarbeiten wären, steht der schnelle Erfolg, für den die Pferde gedrillt, gebrochen und gefügig gemacht werden. Bewegungsabläufe werden durch illegale Methoden und Hilfsmittel über Druck und Schmerz andressiert. Die Pferde funktionieren aus Angst vor Schmerzen und durch den regelmäßigen Drill, scharfe Zäumungen und harte Zügelführung wie Marionetten. 

Die Krucks: Auf den Turnieren sollten Richter:innen die tierquälerischen Trainingsmethoden hinter der scheinbaren Leichtigkeit beispielsweise an der Muskulatur und dem Verhalten des Pferdes erkennen und entsprechend (negativ) bewerten. Dies erfolgt nicht. Bei den Richter:innen und Zuschauer:innen wird es je nach Hintergrundwissen und Sensibilität unterschiedlich sein, was sie sehen können und wollen. Aber auch sichtbare Tierquälerei durch Sporeneinsatz, immer irrwitzigere Zäumungen, insbesondere im Springsport, Zwangshaltung wie die verniedlicht als „Rollkur“ bezeichnete Hyperflexion des Pferdehalses in der Dressur, Blut an Maul und Flanken, usw. sind nach wie vor auf Reitsport-Veranstaltungen zu sehen aber werden „übersehen“.

Nirgends wird für Tierquälerei so begeistert Beifall geklatscht, wie im Pferdesport.

Der Erfolg gibt den Menschen Recht und sie machen weiter, vor allem hinter verschlossenen Stalltüren. Denn schneller Erfolg gleich schnelles Geld. Die Pferde leiden nicht nur unter den Trainingsmethoden, sondern ebenso unter deren schädlichen Folgen für den falsch be- und überlasteten Bewegungsapparat. Doch mitnichten sind solche Tierschutzfälle und widrige Trainingsmethoden nur im Spitzensport anzutreffen. In vielen Trainerställen wie auch im Freizeitbereich sollen Pferde schnell „fertig gemacht“ werden für ihre „Karriere als Reitpferd“. Hier wurden ebenfalls einige Misshandlungen aufgedeckt. Der Großteil an Tierquälerei bleibt allerdings zu Lasten der Pferde im Verborgenen.

Was in den letzten Jahrzehnten ebenfalls auf der Strecke geblieben ist, ist die Ausbildung der Reiter:innen. Gutes Reiten im Einklang mit dem Pferd ist ein langer und oft anstrengender Weg. Da wird – auf Kosten der Pferde – gerne die Abkürzung gewählt.

Dies ist nicht nur höchst unfair für die Pferde, sondern auch für solche Trainer:innen  und Reiter:innen, die es besser machen; die den Pferden Zeit geben sich zu entwickeln, die die Persönlichkeit sowie die körperlichen Veranlagungen und Bedürfnisse beachten und einbeziehen. Und die sich Zeit nehmen für ihre eigene Ausbildung und dafür, mit dem Pferd zu einem harmonischen Team zusammenwachsen.

PROVIEH setzt sich seit langem für pferdegerechte Haltungs- und Trainingsmethoden und einen gewaltfreien, fairen Reitsport aus. 

Klar ist: Es muss sich etwas ändern – und zwar umgehend!

Kathrin Kofent

26.07.2024

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