Die Weide ruft! Warum Kühe und Kälber auf die Weide gehören

12 spannende Fakten über Weidehaltung

1.     Kühe und Klima

Kühe sind keine Klimakiller! Laut einer Studie mit Jersey-Kühen hat die Weidehaltung einen deutlich geringeren CO2-Fußabdruck als die intensive Stallhaltung. Auf der Weide ernähren sich die Tiere hauptsächlich vom Grünland, das im Schnitt doppelt so viel CO2 speichert wie ein Ackerboden! Aufgrund des dauerhaften Bewuchses, der guten Durchwurzelung und des höheren Humusgehaltes ist Grünland auch einer guter Wasserspeicher. Das Wasser kann gut in den Boden eindringen, wodurch Erosion und Überschwemmungen verhindert werden. Durch die Weidenutzung wird das Grünland als wertvoller CO2- und Wasserspeicher erhalten. Das für Menschen unverdauliche Gras wird durch die Tiere in wertvolle tierische Lebensmittel umgewandelt. Werden die Milchkühe hauptsächlich von Gras ernährt, wird weniger Ackerfläche für den Anbau von Futtermitteln benötigt und die Tiere stehen nicht in Nahrungskonkurrenz zum Menschen.

Forderung: Weidehaltung ist Klimaschutz! Kühe und Kälber auf der Weide tragen dazu bei, dass Grünland als wertvoller CO2- und Wasserspeicher erhalten bleibt!

2.     Wohlbefinden: Die Weide ist der natürliche Lebensraum von Rindern

Eine Kuh mit Hörnern auf der Weide
© Foto: Farnaces/Adobe-Stock.com

Die Weide ist der natürliche Lebensraum von Rindern. Daher ist es nicht verwunderlich, dass Milchkühe bei freiem Zugang 80 Prozent der Zeit auf der Weide verbringen. Hier können sie frisches, schmackhaftes Gras und Kräuter fressen, wie es ihrer artgemäßen Ernährungsweise entspricht. Kälber, die gemeinsam mit Kühen weiden, ahmen schon früh das Fressverhalten ihrer älteren Artgenossen nach. Auf der Weide ist viel Platz für Bewegung und jedes Tier hat die Möglichkeit, genügend Abstand zu Artgenossen zu halten. Das mindert das Stressempfinden. Da Rinder Weichbodengänger sind, bietet ihnen die Weide einen optimalen Untergrund zum Laufen und Liegen, sodass Klauen und Gliedmaßen geschont werden. Außerdem haben Kälber auf der Weide genügend Platz, um nach Herzenslust zu spielen und herumzutollen! Sonnenlicht und frische Luft wirken sich positiv auf das Wohlbefinden und die Gesundheit der Tiere aus.

Forderung: Artgemäße Milchviehhaltung geht nur auf der Weide! Lasst Kühe und Kälber raus!

3.     Bessere Gesundheit und längere Lebensdauer durch Grasfütterung und Weide

Viel Gras erhöht die Lebensdauer und verbessert die Gesundheit: Als Wiederkäuer sind Rinder naturgemäß in der Lage, sich ausschließlich von Gras zu ernähren. Es enthält viel Rohfaser und ist daher bedeutend für eine gute Verdauung. Bekommen Rinder nicht ausreichend Raufutter, kann der Pansen übersäuern. Schmerzen und eine geringere Leistung der Tiere sind die Folge. Weidehaltung mit einer grasbasierten Fütterung kann sich daher besonders förderlich auf die Gesundheit auswirken. Laut einer Studie mit Milchviehbetrieben sinken dadurch die Tierarztkosten bei besserer Fruchtbarkeit und längerer Lebensdauer. Auch die Kälbergesundheit verbessert sich, wenn die Kälber gemeinsam mit Kühen auf die Weide gehen. Grund ist ein geringerer Parasitendruck, weil die älteren Tiere beim Abgrasen bereits große Mengen Parasiten aufnehmen und so den Befall reduzieren.

Forderung: Für gute Gesundheit und ein langes Leben: Lasst Kühe und Kälber auf die Weide!

4.     Die Weide fördert die Artenvielfalt

Weide fördert die Artenvielfalt: Grünland ist ein wichtiger Lebensraum für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten. Es gilt, diese Ökosysteme als offene Kulturlandschaften zu erhalten. Die Bewirtschaftung mit Maschinen ist eine Möglichkeit. Doch durch die Mahd und Futterwerbung werden jährlich viele Amphibien, bodenbrütende Vögel und Kleinsäugetiere getötet. Eine Beweidung ist hingegen ein viel schonenderes Verfahren und wirkt sich positiv auf die Artenvielfalt aus. So trägt eine Kuh durch ihre Kuhfladen dazu bei, dass 120 kg Insektenmasse gebildet werden, darunter besondere, selten gewordene Arten. Bodenbrüter finden auf der Weide ein geschütztes Plätzchen für ihr Nest und Amphibien nutzen feuchtere Teile der Wiese. Einige besonders schützenswerte Grünlandökosysteme können nur durch eine extensive Beweidung erhalten werden. Hier finden sich seltene Gräser und Kräuter, die wiederum Nahrung und Lebensraum für zahlreiche Insekten und andere Kleintiere sind.

Forderung: „Weidehaltung fördert die Artenvielfalt! Lasst Kühe und Kälber raus!“

Ein junges Rind auf der Weide.
© Foto: Photo-Passion/AdobeStock.com

5.     Die Weide bringt bessere Milchqualität

Eine Herde Kühe auf der Weide
© Foto: Farnaces/Adobe-Stock.com

Wenn Milchkühe auf der Weide stehen und viel Gras fressen, verbessert sich nachweislich die Milchqualität. Die Milch enthält dann mehr ungesättigte Omega-3-Fettsäuren und Antioxidantien, wie eine Studie aus Dänemark und England ergeben hat. In Milch von Biobetrieben sind diese Inhaltsstoffe zum Teil um 30 bis 100 Prozent höher als in Milch aus konventioneller Stallhaltung. Denn in der Biomilchviehhaltung sind Weidegang und ein hoher Grasanteil im Futter vorgeschrieben. Ein hoher Anteil an Omega-3-Fettsäuren hat eine blutdrucksenkende und entzündungshemmende Wirkung. Weidegang und Gras sind also nicht nur gut für die Tiergesundheit. Durch die wertvollen Inhaltsstoffe ist diese Milch auch gesundheitsfördernder für uns Menschen als Milch aus intensiver Stallhaltung.

Forderung: Die beste Milchqualität gibt es nur auf der Weide. Lasst Kühe und Kälber raus!

6.     Die Weidehaltung geht immer mehr zurück

Die Weidehaltung geht immer mehr zurück. Hatten 2010 hatten noch 37 Prozent der Rinder in Deutschland Zugang zur Weide, waren es 2020 waren nur noch 31 Prozent. Ein Großteil der Tiere steht also ein ganzes Milchkuhleben im Stall. Dabei gibt es große regionale Unterschiede: Während in Bayern, wo die meisten Rinder gehalten werden, weniger als ein Fünftel auf die Weide gehen kann, sind es in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen knapp die Hälfte. Hauptgrund für den Rückgang der Weidehaltung ist die zunehmende Intensivierung der Milchviehhaltung. Für hohe Milchleistungen brauchen die Kühe energiereiches Futter, welches sie als Mischration im Stall bekommen. Auch die stetig wachsenden Herdengrößen und fehlende Flächen am Stall machen eine Weidehaltung schwieriger.

Forderung: Wir brauchen mehr statt weniger Weidehaltung! Lasst Kühe und Kälber raus!

7.     Heumilch und Weidemilch – was ist der Unterschied?

Weidemilch, Heumilch, Bio-Milch – Wie viel Weidehaltung und Grasfütterung steckt eigentlich in diesen Produkten? Bei Bio-Milch wird garantiert, dass die Tiere Zugang zu Auslauf oder Weide haben und in der Fütterung mindestens 60 Prozent Raufuttermittel wie Gras, Heu und Silage eingesetzt werden. Bei den Bioverbänden Bioland, Demeter und Naturland ist Weidegang bis auf Ausnahmefälle verpflichtend. Die Einhaltung der Kriterien wird jährlich kontrolliert. Das Label „g.t.S.-Heumilch“ ist ein EU-geschütztes Verfahren und garantiert eine Milch ohne Silage-Fütterung und mit einem Raufutteranteil von 75 Prozent. Weidehaltung ist hier nicht vorgeschrieben. Anders beim Label „Pro Weideland“: Hier stehen die Kühe an 120 Tagen im Jahr auf der Weide, mindestens sechs Stunden täglich. Pro Kuh müssen 2.000 Quadratmeter Grünland zur Verfügung stehen.

Forderung: Weide und Gras machen beste Milch! Lasst Kühe und Kälber raus!

8.     Weidegang im Sommer, Stallhaltung im Winter

Kühe auf der weide
© Foto: PROVIEH

Auf der Weide wächst nur Gras, wenn es warm genug ist. Deswegen stehen Milchrinder in Deutschland meist nur von April bis Oktober auf der Weide.  Im Winter würden die Tiere draußen nicht genug Nahrung finden. Die Rinder stehen dann meistens im Stall und werden dort mit Heu oder Silage gefüttert. Nur bei den Fleischrindern ist es teils üblich, dass die Herden draußen mit Futter versorgt werden. Neben dem mangelnden Nahrungsangebot ist auch die nasskalte Witterung ein Grund für die Stallhaltung im Winter. Eine Beweidung würde unter diesen nassen Bedingungen viele Trittschäden auf dem Grünland hinterlassen. Futterverschmutzung und vermindertes Graswachstum im Frühjahr wären die Folge. Auch die Klauen der Rinder sind bei großer Nässe anfällig für Erkrankungen. Trotzdem versuchen einige Höfe, ihre Rinder möglichst ganzjährig auf die Weide zu lassen, wenn es das Wetter und die Flächen zulassen.

Forderung: Gute Milch gibt es nur von der Weide! Stalltore auf, Kühe raus!

9.     Weidehaltung ist wirtschaftlich!

Grasfütterung bringt mehr Geld für den Hof! Milchviehbetriebe, die ihren Kühen viel Weidegang bieten und nur wenig Kraftfutter füttern, machen mitunter mehr Gewinn als vergleichbare Betriebe. Laut einer Studie ist das Einkommen pro Kuh um 35 Prozent höher, wenn eine grasbasierte Fütterung mit Weidehaltung umgesetzt wird. Da weitestgehend auf Kraftfutter verzichtet wird, sind die Betriebsmittelkosten dieses Systems gering. Weidegang und ein hoher Grasanteil im Futter entsprechen den natürlichen Bedürfnissen der Rinder und sorgen für eine lange Lebensdauer und gute Fruchtbarkeit, wodurch Kosten für Tierarzt und Aufzucht von Jungtieren gespart werden. Zwar ist die Milchleistung bei einer grasbasierten Fütterung um 35 Prozent niedriger als im Bundesdurchschnitt. Jedoch wiegen die positiven Effekte des Haltungssystems die geringere Leistung mehr als auf. Zusätzlich können Produkte aus Weidehaltung oft zu höheren Preisen vermarktet werden.

Forderung: Weidehaltung lohnt sich! Die beste Milch kommt von der Weide.

10.  Warum Kühe auf der Weide nicht verhungern

Kuh und Kalb auf der Weide
© Foto: PROVIEH

Ursprünglich haben sich Rinder hauptsächlich von Gras und Kräutern ernährt, ergänzt um Blätter und junge Baumtriebe. Bei den heute hauptsächlich verwendeten Hochleistungsrassen können in aller Regel jedoch nur noch 30 Prozent des Energiebedarfs aus Weidegras gedeckt werden. Stattdessen bekommen die Tiere viel energieintensive Futtermittel wie Mais, Raps und Soja, um höchste Milchleistungen zu erzielen. Doch andere Rinderrassen sind hervorragende Grundfutterverwerter und brauchen kein oder nur wenig Kraftfutter. Besonders sogenannte Zweinutzungsrassen wie zum Beispiel Fleckvieh oder Angler Rotvieh verwandeln Gras und Kräuter effizient in Milch und Fleisch. Zwar sind die Leistungen geringer, dafür sind die Kosten einer grasbasierten Fütterung meist niedriger und die Tiere haben in der Regel eine gute Gesundheit und Fruchtbarkeit. Eine Weidehaltung steigert zusätzlich das Wohlbefinden der Tiere und es entfallen Kosten für die Futterwerbung.

Forderung: Kühe und Kälber wollen Gras fressen. Raus aus dem Stall, rauf auf die Weide!

11.  Weideauftakt – warum die Kühe verrücktspielen

Auch bei Höfen mit Weidehaltung stehen die Milchkühe während der kalten Jahreszeit meistens im Stall. Erst im Frühling, wenn es wärmer wird und das Gras anfängt zu wachsen, heißt es wieder: Ab auf die Weide! Meist sind die Kühe schon Tage vorher unruhig, weil sie merken, dass der Weideaustrieb bald bevorsteht. Wenn das Tor dann endlich aufgeht, rennt die Herde los. Mit Luftsprüngen und schwingenden Eutern erreichen sie die Weide und beginnen meist gleich zu fressen. So groß ist die Freude auf frisches Gras, frische Luft und viel Platz. Dürfen die Kälber zusammen mit den Kühen auf die Weide gehen, springen auch sie vor Freude und erkunden die neue Umgebung. Beim Weideauftakt zeigt sich, wie sehr Kühe und Kälber die Weide für ihr Wohlbefinden brauchen.

Forderung: Der Frühling ist da, die Weide ruft! Lasst die Kühe springen!

Kuh und Kalb auf der Weide
© Foto: PROVIEH

12. Warum Kühe und Kälber gemeinsam auf die Weide gehen sollten

Gehen Kühe und Kälber gemeinsam auf die Weide, entspricht das am ehesten ihren natürlichen Lebensbedingungen. Die Kühe können sich nach Belieben um ihre Kälber kümmern, Gras fressen und ruhen. Auf der Weide wachsen Kälber ganz natürlich in der Herde auf: Sie können jederzeit Milch aus dem Euter trinken oder mit gleichaltrigen Altersgenossen über die Weide rennen und spielen. Die Kälber ahmen das Fressverhalten der Kühe nach und nehmen so schon früh große Mengen Gras auf. Außerdem lernen die jüngeren von den älteren Tieren den Umgang in der Herde, der auf der Weide optimal ausgelebt werden kann. Denn aufgrund des reichlichen Platz- und Futterangebots gibt es weniger Konkurrenz und Stress unter den Rindern. Verbringen Kühe und Kälber viel Zeit miteinander, bilden sich enge Beziehungen, die mitunter ein Leben lange anhalten. Der gemeinsame Weidegang ist daher eine gute Basis für eine ruhige und stabile Herdendynamik. Forderung: Kühe und Kälber gemeinsam auf die Weide! Für Milch und Fleisch aus artgemäßer Haltung.


Felicia van Borries

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