Haltungskennzeichnung: Wie geht es weiter mit der Tierhaltung in Deutschland?

PROVIEH warnt vor Fehlstart im Umbau der Tierhaltung und appelliert an die Abgeordneten des Bundestages, den Gesetzentwurf grundsätzlich zu überarbeiten! 

Berlin, 19.04.2023: Heute wird der aus Tierschutzsicht unzureichende Gesetzentwurf für die verpflichtende Haltungskennzeichnung im Agrarausschuss abschließend beraten. In dieser Form ist die gesetzlich verpflichtende Haltungskennzeichnung als Orientierungsgrundlage beim Einkauf und als Anreiz für den Umbau von Tierhaltung gänzlich ungeeignet. Aus diesem Grund appelliert PROVIEH erneut an die Agrarausschussmitglieder, sich jetzt für eine Kehrtwende beim Kennzeichen einzusetzen und dem Bundestag entscheidende Änderungen am Gesetzentwurf zu empfehlen – auch um einen weitreichenden Fehlstart im Umbau der Tierhaltung zu verhindern.

„Wir brauchen eine Kennzeichnung, die eine Transformation hin zu einer tierschutzkonformen Tierhaltung fördert, anstatt die aktuellen defizitären Verhältnisse zu zementieren. Dafür sind zwingend Anpassungen bei den Haltungsformen, Kriterien und Bezeichnungen notwendig“, erklärt Patrick Müller, Hauptstadtreferent bei PROVIEH. „Die aktuell geplante staatliche Haltungskennzeichnung ist leider völlig mutlos und fällt als Transparenz- und Orientierungsgrundlage in Bezug auf Tierhaltungssysteme vollends durch“, so Müller weiter.

PROVIEHs Hauptkritikpunkte am Gesetzentwurf in der Kurzübersicht:

  1. Die Haltungsstufe „Stall+Platz“ ist als erste höhere Haltungsform mit nur noch 12,5 Prozent mehr Platz im Vergleich zum Mindeststandard völlig unzureichend und stellt für die Tiere keine wirkliche Verbesserung dar.
  2. Die Haltungsform „Frischluftstall“ muss lediglich einen Außenklimaeinfluss am Stall gewährleisten. Der Zugang zu Außenklima ist damit nicht für jedes Tier sichergestellt. Die Bezeichnung kann jedoch anders verstanden werden und ist damit irreführend. Hier müsste mindestens eine Stallseite komplett geöffnet sein, um dem Namen gerecht zu werden.
  3. Die Haltungsform „Auslauf/Weide“ fasst unterschiedliche Haltungsformen der Stallhaltung mit kleinem betonierten Auslauf und die Freilandhaltung zusammen. Somit täuscht die Bezeichnung und Inkludierung der Weide über die tatsächlich überwiegende Stallhaltung mit Betonauslauf hinweg.

In dieser Form würde von den fünf Haltungsformen im staatlichen Kennzeichen nur die Bio-Haltung transparent für eine wirklich verbesserte Tierhaltung stehen – für PROVIEH und viele innovative landwirtschaftliche Projekte ist dies Verbrauchertäuschung. Denn auch viele konventionelle Betriebe haben längst die Notwendigkeit einer besonders guten Tierhaltung erkannt – ohne Biozertifikat kommen sie jedoch nicht in die oberste Haltungsstufe.

Die schlecht gemachte Kennzeichnung könnte darüber hinaus fatale Auswirkungen für den Umbau der Tierhaltung nach sich ziehen, weil finanzielle Förderungen und privilegierte Baugenehmigungen auf Grundlage der Haltungsformen im Kennzeichengesetz erfolgen sollen. Vor diesem Hintergrund könnte die vollkommen unzureichende Haltungskennzeichnung der Fehlstart für den Umbau der Tierhaltung sein. Die Ausschussmitglieder müssen aus Sicht des Tierschutzes sowie Verbraucherschutzes weitreichende Empfehlungen an den Bundestag übermitteln, um jetzt noch eine Kehrtwende zu erreichen.  
  
Mehr Informationen zur Haltungskennzeichnung und weitgehende Forderungen von PROVIEH an einen Gesetzentwurf im Sinne des Tierschutzes finden Sie auf unserer Webseite

Pressestelle
Ada Brandt 
Pressereferentin 
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