Überarbeiteter Gesetzentwurf zur Haltungskennzeichnung entsetzt Verbraucher- und Tierschutz!
PROVIEH warnt vor Fehlstart im Umbau der Tierhaltung und appelliert an Bundestag, den Gesetzentwurf grundsätzlich zu überarbeiten!
Berlin, 28.03.2023: Der seit Wochen mit Spannung erwartete überarbeitete Gesetzentwurf für die verpflichtende Haltungskennzeichnung ist an die Öffentlichkeit gedrungen und versetzt Verbraucher- und Tierschutz in Entsetzen: Statt den absolut defizitären Gesetzentwurf zu verbessern, ist die geplante staatliche Kennzeichnung nochmals deutlich verschlechtert worden. In dieser Form ist die gesetzlich verpflichtende Haltungskennzeichnung als Orientierungsgrundlage beim Einkauf und als Anreiz für den Umbau von Tierhaltung gänzlich ungeeignet. Aus diesem Grund appelliert PROVIEH an den Bundestag, dem neuen Gesetzentwurf nicht zuzustimmen, sondern sich jetzt für eine Kehrtwende beim Kennzeichen einzusetzen – auch um einen weitreichenden Fehlstart im Umbau der Tierhaltung zu verhindern.
„Eine weitere Verschlechterung der ohnehin schon stark verbesserungswürdigen Haltungskennzeichnung hatte PROVIEH nicht für möglich gehalten“, zeigt sich Anne Hamester, zuständige Fachreferentin bei PROVIEH, erschüttert. „PROVIEH appelliert an die Entscheidungsträger:innen im Bundestag: Setzen Sie sich gegen diesen Rückschritt und für eine Kennzeichnung ein, die eine Transformation hin zu einer tierschutzkonformen Tierhaltung begünstigt statt verhindert. Dafür sind zwingend Anpassungen an den Haltungsformen, Kriterien und Bezeichnungen notwendig!“, fordert Deutschlands ältester Fachverband für Nutztierschutz von der Politik.
In den vergangenen Wochen wurde das Kennzeichnungsgesetz auf Spitzenebene von SPD, Grünen und FDP verhandelt, die sich allesamt zuvor für weitreichende Anpassungen am Gesetz ausgesprochen hatten. Erschreckenderweise sind nun anstelle von nennenswerten Verbesserungen gar wesentliche Verschlechterungen im neuen Gesetzentwurf vorgesehen:
1) So sind unter anderem die von PROVIEH am stärksten kritisierten Haltungsformen sogar noch schlechter strukturiert worden: „Stall+Platz“ als völlig unzureichende erste höhere Haltungsform fordert statt 20 Prozent nun nur noch 12,5 Prozent mehr Platz im Vergleich zum Mindeststandard. Diese weitere Abschwächung der Stufe in Richtung des Mindeststandards und der „Initiative Tierwohl“ ist für PROVIEH geradezu skandalträchtig.
2) Die zuvor erste nennenswert verbesserte Haltungsform „Frischluftstall“ wurde ganz grundsätzlich verschlechtert: Bislang wurde hier für jede Bucht eine geöffnete Stallseite gefordert, mit denen die Tiere echten Zugang zu Außenklima hätten. Dies wurde komplett gestrichen. Im Frischluftstall muss nun lediglich Außenklimaeinfluss im Stall herrschen.
3) Außerdem soll die ursprünglich vorgesehene Haltungsform „Auslauf/Freiland“ umbenannt werden in „Auslauf/Weide“. Statt wie von PROVIEH gefordert die völlig unterschiedlichen Haltungsformen der Stallhaltung mit kleinem betonierten Auslauf und die Freilandhaltung zu trennen, täuscht die Bezeichnung und Inkludierung der Weide nun noch mehr über die tatsächlich überwiegende Stallhaltung mit Betonauslauf hinweg.
In dieser Form würde von den fünf Haltungsformen im staatlichen Kennzeichen nur die Bio-Haltung transparent für eine wirklich verbesserte Tierhaltung stehen – für PROVIEH und viele innovative landwirtschaftliche Projekte ein Graus. Es sind zwar winzige Besserungen bei den Kriterien vorgesehen, so soll Raufutter in allen Stufen und Einstreu in der Stufe „Auslauf/Weide“ vorgeschrieben sein – das ist aus Tierschutzsicht aber ein Tropfen auf dem heißen Stein.
Die aktuell geplante staatliche Haltungskennzeichnung zementiert den tierschutzwidrigen Status-Quo und fällt als Transparenz- und Orientierungsgrundlage in Bezug auf Tierhaltungssysteme durch. Die schlecht gemachte Kennzeichnung könnte darüber hinaus fatale Auswirkungen für den Umbau der Tierhaltung nach sich ziehen, weil finanzielle Förderungen und privilegierte Baugenehmigungen auf Grundlage der Haltungsformen im Kennzeichengesetz gestrickt werden sollen. Vor diesem Hintergrund könnte die schlecht gemachte Haltungskennzeichnung der Fehlstart für den Umbau der Tierhaltung sein.
Mehr Informationen zur Haltungskennzeichnung und weitgehende Forderungen von PROVIEH an einen Gesetzentwurf im Sinne des Tierschutzes finden Sie auf unserer Webseite.
Ansprechperson
Anne Hamester
Fachreferentin für Nutztiere
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Mail: hamester@provieh.de
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Pressereferentin
Telefon: 0178. 100 53 91
Mail: pressereferat@provieh.de