Gemeinsamer Brief an Bundestagsabgeordnete im Agrar- und Ernährungsausschuss

Tierhaltungskennzeichnung im Bundestag: Tierschutzorganisationen fordern gemeinsam notwendige Gesetzesänderungen

Berlin, 15.12.2022: Anlässlich der heutigen ersten Lesung des Tierhaltungskennzeichnungsgesetzes im Bundestag appellieren Deutscher Tierschutzbund, VIER PFOTEN – Stiftung für Tierschutz und PROVIEH gemeinsam an die Abgeordneten im Agrar- und Ernährungsausschuss: Damit die Kennzeichnung zu einer Unterstützung und nicht zum Hemmnis beim Umbau der Tierhaltung wird, sind grundlegende Änderungen am Gesetzentwurf notwendig. Transparenz für die Verbraucher:innen und Anreize für den Umbau der Tierhaltung werden durch das Kennzeichen erst mit strukturellen Gesetzesänderungen erreicht.

Nachdem nicht nur die fundamentale Kritik der Verbändelandschaft – von Tierschutz über den Verbraucherschutz bis zur Breite des Agrar- und Ernährungssektors – sondern nun auch des Bundesrates keine Reaktionen zur Folge hatte, drängen die Tierschutzorganisationen öffentlich auf Änderungen. Es ist nicht akzeptabel, dass die Bundesregierung den aktuellen Gesetzentwurf durchpeitschen will und alle, häufig einhelligen und überschneidenden, Änderungsforderungen ignoriert. Die Tierschutzorganisationen fordern von den Abgeordneten einen verantwortungsvollen Umgang mit dem Gesetzentwurf im Bundestag. Nur so ist ein erfolgreiches, transparentes Haltungskennzeichen möglich.

Dazu Anne Hamester von PROVIEH: 

„In dieser Form darf die gesetzliche Haltungskennzeichnung nicht durchkommen: Es ergeben sich völlig falsche Anreize für den Umbau der Tierhaltung und Verbraucherinnen und Verbraucher werden durch die Kennzeichnung sogar getäuscht. Im nächsten Jahr werden die Abgeordneten mittels ihrer Ausschussempfehlung darüber entscheiden, ob das große Potenzial der verpflichtenden Kennzeichnung aller tierischen Produkte doch noch im Sinne von Tier- und Verbraucherschutz genutzt oder aber leichtfertig verspielt wird.“ 

Rüdiger Jürgensen, Mitglied der Geschäftsleitung von VIER PFOTEN – Stiftung für Tierschutz:

„Der vorliegende Entwurf ist eine Kennzeichnung, die nicht kennzeichnet. Das Label scheitert an der zentralen Aufgabe, Verbraucherinnen und Verbraucher transparent zu informieren und so eine Lenkungswirkung beim Konsum tierischer Produkte zu entfalten. Gerade die vorgeschlagenen Haltungsformen ‚Stall‘, ‚Stall+Platz‘ und ‚Frischluftstall‘ zeichnen kein aussagekräftiges und unterscheidbares Bild der Art und Weise, wie die Tiere in den Ställen wirklich gehalten und inwiefern ihre arteigenen Bedürfnisse erfüllt werden. Wir fordern die Abgeordneten des Deutschen Bundestags auf, den Entwurf kräftig zu überarbeiten.“

Thomas Schröder, Deutscher Tierschutzbund:

„Das vorgelegte Tierhaltungskennzeichen beschränkt sich auf die Haltung von Mastschweinen und bildet dabei lediglich den Status quo ab; es fehlt eine Dynamik hin zu mehr Tierschutz in den Ställen. Und wenn Mastschweine ihr nur knapp 6-monatiges Leben über den eigenen Fäkalien, auf Spaltenboden, ohne frische Luft und natürliches Licht verbringen müssen, so gehört dies verboten. Und nicht gekennzeichnet durch den Staat, der dies beschönigend „Stallhaltung“ nennt.“

Hintergrund:

Seit Monaten fordern die Tierschutzverbände grundsätzliche Änderungen am Gesetzentwurf und stehen damit nicht allein. Die Breite der Verbändelandschaft von Tierschutz, über Verbraucherschutz bis hin zu Agrar- und Ernährungsverbänden lehnt den aktuellen Entwurf ab. Auch der Bundesrat zog kürzlich nach und positioniert sich in aller Deutlichkeit mit über 60 Änderungsanträgen. Rückt der Bundestag den Gesetzentwurf noch gerade? Mit der Kennzeichnung wird der Grundstein gelegt für den dringend notwendigen Umbau der Tierhaltung.

Den gemeinsamen Brief finden Sie hier:


Ansprechperson
Anne Hamester
Fachreferentin für Tiere in der Landwirtschaft
Telefon: 0157. 519 573 41
Mail: hamester@provieh.de

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