FAQs: Haltungskennzeichnung 

Die wichtigsten Fragen zur Haltungskennzeichnung von PROVIEH

PROVIEH fordert eine gesetzlich verpflichtende Haltungskennzeichnung. Unser Ziel ist die flächendeckende Einführung dieser Kennzeichnung für alle Tierarten und alle tierischen Produkte. PROVIEH hat hierfür ein detailliertes und wegweisendes Konzept vorgelegt und schlägt folgende Stufen vor:

Haltungskennzeichnungstabelle

Im Folgenden beantworten wir Ihnen in aller Kürze die wichtigsten Fragen zu PROVIEHS Modell der Haltungskennzeichnung.

FAQs:

  Was ist eine Haltungskennzeichnung?   

Eine Haltungskennzeichnung zeigt Käufer:innen von tierischen Produkten auf einen Blick, wie die Tiere gehalten wurden, die hinter den tierischen Lebensmitteln stehen. So wird auf einer Produktverpackung ersichtlich, ob das Tier unter gesetzlichen Mindeststandards gelebt hat oder ob es mit mehr Platz, auf Stroh oder auf der Weide gehalten wurde. Eine umfassende Kennzeichnung umfasst neben dem Leben der Tiere außerdem den Transport und die Schlachtung.

  Wie ist der aktuelle Stand: Gibt es schon eine Haltungskennzeichnung?   

Viele Supermärkte haben seit 2019 eine einheitliche freiwillige Kennzeichnung auf Fleischprodukte eingeführt. Mit der vierstufigen Kennzeichnung namens “Haltungsform” markieren die Händler das Fleisch, welches in den Selbstbedienungstheken ausliegt und von Schweinen, Rindern, Hühnern und Puten stammt. Verarbeitetes Fleisch wie Fertigprodukte und Fleisch in Konserven sind von der Kennzeichnung ausgeschlossen. Zudem gibt es Siegel, die Bio-Lebensmittel kennzeichnen. Darunter fallen unter anderem das deutsche Bio-Siegel, das grüne EU-Bio-Siegel, Handelseigenmarken wie Alnatura oder REWE-Bio oder die verschiedenen Label der Bio-Anbauverbände wie Demeter oder Naturland. Darüber hinaus findet man Label für die Weidehaltung, Strohhaltung, Regionalität, Fütterung und und und.. Kein Wunder also, wenn die Menschen beim Einkauf im Label-Dschungel den Überblick verlieren. Eine einheitliche, gesetzlich verpflichtende Haltungskennzeichnung gibt es bisher noch nicht. Aber die Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag vereinbart, 2022 die gesetzliche Tierhaltungskennzeichnung einzuführen.

  Wo liegt der Unterschied zwischen einer freiwilligen und einer verpflichtenden Kennzeichnung?   

Freiwillige Kennzeichnungssysteme können eingeführt und ausgestaltet werden, wie es dem Unternehmen oder der Branche beliebt. Unternehmen loben die eigens festgelegten besseren Haltungsstufen schon anhand von wenigen, ohnehin branchenüblichen Anforderungen aus. Auch werden oftmals nur diese „strengeren“ Haltungssysteme mit dem Kennzeichen versehen. Nach gesetzlichen Mindeststandards erzeugte Produkte werden dagegen nicht mit dem Haltungsverfahren gekennzeichnet. Außerdem gilt ein freiwilliges Kennzeichen derzeit nur für Frischfleisch und Frischmilch, verarbeitete Produkte werden ausgelassen.

Eine gesetzlich verpflichtende Haltungskennzeichnung, wie PROVIEH sie fordert, muss hingegen wirkliche Verbesserungen in der Lebensrealität der Tiere bringen und flächendeckend für alle tierischen Produkte gelten. Hierdurch ist sie nicht nur im Supermarkt, sondern auch in der öffentlichen Gemeinschaftsverpflegung und in der Gastronomie einzuführen. Außerdem muss die Haltungskennzeichnung nicht nur für Frischfleisch, sondern ebenso für Wurstwaren, Milchprodukte sowie verarbeitete Produkte gelten.

Auf dieser Grundlage könnten Menschen überall entscheiden, welche Form der Tierhaltung sie unterstützen und honorieren möchten. Zugleich haben Unternehmen durch das verpflichtende Kennzeichen einen echten Anreiz, Produkte aus tierfreundlichen Systemen anzubieten.

  Was bringt den “Nutz”tieren eine Haltungskennzeichnung?   

Die Haltungskennzeichnung ist ein wichtiger indirekter Beitrag für den Ausbau tierfreundlicher Tierhaltungsverfahren. Alle Menschen können sich über die einheitliche Kennzeichnung auf allen tierischen Produkten einfacher für bessere Tierhaltungsverfahren entscheiden. Die gesetzliche Haltungskennzeichnung bietet endlich eine verlässliche Grundlage für den Einstieg in bessere Tierhaltung – für Produzent:innen, Verarbeiter:innen und Konsument:innen.

Zeitgleich ist die Haltungskennzeichnung ein wichtiges direktes Instrument für den flächendeckenden Umbau der Tierhaltung. Zum einen muss der gesetzliche Mindeststandard angehoben werden. Zum anderen müssen sehr gute Haltungsverfahren (Auslauf- und Freilandhaltung) – ausgebaut werden durch finanzielle Förderung und genehmigungsrechtliche Privilegien (siehe auch weiter unten).

  Was zeichnet PROVIEHs Haltungskennzeichnung aus?   

PROVIEHs Haltungskennzeichnung besteht aus vier Haltungsstufen. Diese sind durch bestimmte Anforderungen an die Haltung sowie für die Bereiche Management, Transport und Schlachtung charakterisiert. Die Anforderungen gelten für den gesamten Lebenszyklus des gekennzeichneten Tieres, das heißt nicht nur für die Mast, sondern auch die Aufzucht des Tieres. Hierdurch ist sichergestellt, dass die Haltungsstufe die Lebensrealität des Tieres bestmöglich abbildet. Gleichzeitig orientiert sich PROVIEHs Kennzeichnung am etablierten „Haltungsform“-Kennzeichen des Handels, integriert bestehende Label und ist hierdurch rasch umsetzbar. Um Verbraucher:innen eine echte Entscheidungshilfe beim Einkauf zu bieten, ist die Namensgebung der einzelnen Stufen präziser und sind die entsprechenden Haltungsformen mit einem Bild illustriert.

  Was bedeutet „PROVIEHs Haltungskennzeichnung ist um ein Stufenniveau angehoben”?   

Aktuelle Haltungskennzeichen (zum Beispiel die Eierkennzeichnung und das „Haltungsform“-Label im Handel) reichen vom gesetzlichen Mindeststandard bis hin zur Tierhaltung nach EU-Ökoverordnung. PROVIEH bewertet sowohl den unteren als auch den höchsten Standard als unzureichend und hebt daher beide Stufen wie folgt an:

Mit der Einstiegsstufe “0” fordert PROVIEHs Modell Minimalverbesserungen für alle tierhaltenden Betriebe, da die gesetzlichen Mindestanforderungen unzureichend sind. Zehn Prozent mehr Platz, organisches Beschäftigungsmaterial, Raufutter und konkurrenzfreie Futter- und Tränkestellen sind PROVIEHs absoluter Mindeststandard. Die Anforderungen entsprechen den Kriterien der „Initiative Tierwohl“, sind ohne Umbaumaßnahmen leicht umzusetzen und werden ohnehin von der Mehrheit der Betriebe schon praktiziert. Während diese Stufe im „Haltungsform“-Kennzeichen Stufe 2 ist, fordert PROVIEH diesen Standard schon für die unterste Stufe – für alle Tiere.

PROVIEHs höchste Stufe “3” orientiert sich nicht an der EU-Ökoverordnung, sondern entspricht der echten Freilandhaltung. Sie zeichnet sich durch strenge Kriterien an die Haltung, die Zucht sowie an Transport und Schlachtung aus. Hierdurch beinhaltet PROVIEHs Haltungskennzeichnung schon heute die langfristige Vision einer artgemäßen Haltung und manifestiert nicht den Mindeststandard ökologischer Tierhaltung als Goldstandard von Tierhaltung.

  Warum orientiert sich PROVIEHs Modell nicht an der Eierkennzeichnung?   

Das Modell der Eierkennzeichnung ist ein absteigendes Stufensystem und reicht von der “3” als schlechteste bis zur “0” als beste Haltung. Hierdurch ist die Kennzeichnung nach oben hin „gedeckelt“ und kann keine anspruchsvollere, über den Standard der EU-Ökoverordnung hinausgehende, Tierhaltung abbilden. Mobilstallhaltungen, Aktivställe oder Zweinutzungshühner finden keinen Platz im Eierkennzeichen, sondern werden mit zusätzlichen Labels auf den Eierverpackungen gekennzeichnet. Dies ist für PROVIEH weder zukunftsweisend noch sinnvoll.

PROVIEH fordert daher im Gegensatz hierzu das aufsteigende Stufensystem. Dies reicht von der “0” (Haltung nach gesetzlichen Mindeststandards) bis zur “3” als beste Haltungsform. Diese höchste Stufe geht über das Niveau der EU-Ökoverordnung hinaus und entspricht einer echten Freilandhaltung.

Diese nach oben erweiterbare aufsteigende Stufenanordnung ebnet den Umbau hin zu tierfreundlichen, artgemäßen Haltungssystemen. Im Zeitverlauf kann eine Stufe darüber hinaus, als Stufe 4 oder 5, integriert werden. In der Eierkennzeichnung wäre dies mit einer „Minus 1“ zumindest mehr als missverständlich.

  Wo liegt der Unterschied zur “Haltungsform”-Kennzeichnung im Supermarkt?   

PROVIEHs Modell der Haltungskennzeichnung ist im Vergleich zur „Haltungsform“ um ein Stufenniveau angehoben (siehe oben). Außerdem sind PROVIEHs Haltungsstufen durch deutlich anspruchsvollere Kriterien charakterisiert, welche die Lebensrealität der Tiere ganzheitlich verbessern. Ein großer Unterschied in PROVIEHs Modell ist, dass sich die Kriterien auf den gesamten Lebenszyklus des Tieres beziehen und nicht nur Kriterien für die Dauer der Mast beinhalten. Auch die Ferkel, Küken und Kälber sind in PROVIEHs Modell bedacht. Insbesondere PROVIEHs zwei höhere Stufen, die Auslauf- und Freilandhaltung, gehen deutlich über die höchsten “Haltungsform”-Stufen hinaus.

  Wann kommt die Haltungskennzeichnung?   

PROVIEH fordert: schnellstmöglich! Die Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag die Einführung der Haltungskennzeichnung noch für dieses Jahr (2022) angekündigt. Hierbei wird es sich nur um einen ersten Schritt handeln. Die flächendeckende Einführung für alle tierischen Produkte – sowohl im Einzelhandel, Großhandel, in öffentlicher Gemeinschaftsverpflegung und Gastronomie – wird voraussichtlich einige Jahre dauern.

Die Einführung in diesem Jahr soll sich laut dem Bundeslandwirtschaftsministerium auf die gesetzliche Haltungskennzeichnung für Mastschweine beschränken. Dies solle außerdem zunächst nur für Frischfleisch im Supermarkt gelten. Hierauf aufbauend wolle man die Aufzucht der Tiere, alle anderen Tierarten (Rinder, Geflügel, Schafe, Ziegen) und die flächendeckende Geltung der Haltungskennzeichnung erweitern.

Insgesamt muss der Prozess beschleunigt werden. Schon die letzten drei Legislaturperioden wurden Haltungskennzeichnungen angekündigt, aber nicht umgesetzt. Um die Haltungskennzeichnung 2022 einzuführen, muss der erste Gesetzesentwurf schleunigst eingereicht werden, da der gesetzgeberische Prozess langwierig ist.

  Auf welchen Lebensmitteln finde ich die Kennzeichnung?   

PROVIEH fordert die verpflichtende Haltungskennzeichnung für alle tierischen Produkte! Zuerst soll die Haltungskennzeichnung nur für Frischfleisch eingeführt werden. Darauf aufbauend muss sie aber so schnell wie möglich auch für Wurstwaren, Milch und Milchprodukte, Eier und eihaltige Produkte sowie für jegliche verarbeitete tierische Produkte gelten. Nur so wird Verbraucher:innen bei allen Lebensmitteln tierischen Ursprungs eine informierte Kaufentscheidung ermöglicht.

  Soll es die Kennzeichnung nur im Supermarkt geben?   

PROVIEH fordert die flächendeckende Einführung für alle Vermarktungswege. Unzureichend und zugleich unfair wäre es, die Kennzeichnungspflicht nur für den Lebensmitteleinzelhandel einzuführen. Menschen muss es ebenso im Außerhaus-Verzehr möglich sein, sich über die Haltungsform der hinter den tierischen Produkten stehenden Tieren zu informieren, insbesondere aufgrund des steigenden Anteils von Mahlzeiten aus dem Restaurant oder Imbiss, aus der Kantine, der Mensa oder dem Hotel.

  Wie kann die Haltungskennzeichnung für den Umbau der Tierhaltung genutzt werden?   

Die Stufen in PROVIEHs Haltungskennzeichnung sind die Grundlage für den Umbau der Tierhaltung.

1. Auf Basis der niedrigen Stufen “0” und “1” kann der gesetzliche Mindeststandard in zwei Stufen angehoben werden.

Stufe 0 „Geschlossener Stall“ hebt den Mindeststandard mit sofort umzusetzenden Minimalkriterien an: Zehn Prozent mehr Platz, Raufutter und organisches Beschäftigungsmaterial erfordern keine Umbaumaßnahmen und können so von den Betrieben rasch umgesetzt werden.

Nach zehn Jahren wird der gesetzliche Mindeststandard sodann auf die Stufe 1 „Stallhaltung mit Außenklima“ angehoben. Hier sind 40 Prozent mehr Platz und eine weiche Liegefläche vorgeschrieben. Außerdem bekommen die Tiere durch geöffnete Stallseiten frische Luft und Tageslicht.

2. Zugleich müssen die tierfreundlichen Haltungssysteme ausgebaut werden.

Die Grundlage hierfür stellen PROVIEHs Stufe 2 (Stall mit Auslauf) und Stufe 3 (Freilandhaltung). Die umfassenden Kriterien in dieser Stufe stellen sicher, dass es den Tieren wirklich besser geht: Durch eine strukturierte, großzügige Haltung und Auslauf auf der Weide, durch ein Monitoring des „Tierwohl“-Zustandes (Gesundheitszustand, Verletzungen, physiologische und verhaltensbezogene Verfassung) sowie durch Anforderungen an Transport und Schlachtung sind ganzheitlich Voraussetzungen dafür gestellt, dass es den Tieren gut geht. Daher müssen diese Stufen ausgebaut werden.

Beim Um- und Ausbau müssen die landwirtschaftlichen Betriebe finanziell und organisatorisch durch die Politik unterstützt werden. Der Umbau zieht hohe Investitionskosten nach sich, die zum Teil über eine Förderung unterstützt werden müssen. Auch sind die laufenden Kosten einer solch tierfreundlichen Haltung deutlich teurer: niedrigere Tierdichte im Stall, Stroheinstreu und eine bessere Betreuung erhöhen die Produktionskosten stark. Diese können aktuell jedoch nur zum Teil über Produktpreise aufgefangen werden. Daher müssen Betriebe sowohl bei den Investitionen als auch bei den laufenden Mehrkosten finanziell unterstützt werden. Diese langfristige Finanzierung muss verlässlich über Verträge zwischen Betrieben und Staat abgesichert sein, damit Betriebe den kostspieligen Umbau in der Breite wagen. Zeitgleich müssen Beratungsangebote und die Privilegierung dieser Haltungsstufen bei Baugenehmigungsprozessen den Betrieben den Umbau erleichtern.

  Hat die Politik hieran Interesse?   

Ja! Die Politik hat parteiübergreifend erkannt, dass die aktuelle “Nutz”tierhaltung von der Gesellschaft nicht anerkannt ist, die Umwelt stark belastet und nicht tierschutzgerecht ist. Bei dem notwendigen Umbau des Sektors möchte die Politik unterstützen.

So haben die Regierungsparteien im Koalitionsvertrag festgeschrieben, dass sie landwirtschaftliche Betriebe beim Umbau unterstützen möchten. Grundlage hierfür sollen die Stufen in der gesetzlichen Haltungskennzeichnung sein. Hierfür hat PROVIEH nun die Grundlage geschaffen und gut ausgestaltete, wegweisende Stufen konzipiert.

Mehr dazu finden Sie auf unserer Kampagnenseite: 


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Anne Hamester

Ansprechperson
Anne Hamester
Fachreferentin für Nutztiere
Telefon: 0157. 519 573 41
E-Mail: hamester@provieh.de

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