Schluss mit Tiertransporten – PROVIEH demonstrierte in Aurich

Rund vierhundert Menschen sind am 09. April in Aurich zusammengekommen, um gegen Lebendtierexporte aus dem Landkreis zu demonstrieren.

Aurich, 09.04.2022: In Aurich befindet sich die Sammelstelle des „Vereins Ostfriesischer Stammviehzüchter (VOST)“, von wo aus tausende Tiere jährlich exportiert werden. PROVIEH war ebenfalls mit einer Gruppe Aktiver vor Ort, um gemeinsam mit vielen weiteren Organisationen und Privatpersonen ein sofortiges Verbot der oft tagelangen Tiertransporte über viele tausend Kilometer zu fordern. Aufgerufen zu der Demonstration hatten die “Ostfriesen gegen Tierleid”, die hier regelmäßig gegen Tiertransporte demonstrieren. Unterstützt wurden sie von rund 15 Organisationen.  

Wir fordern laut: “Stoppt Lebendtierexporte!”

Am Morgen des 09. April versammelten sich die Demonstrationsteilnehmenden vor der Sparkassenarena in Aurich mit eindringlichen Bannern und Plakaten, auf denen sie den Stopp der grausamen Tiertransporte forderten. Eine PROVIEH-Gruppe aus ca. 15 Teilnehmer:innen fand sich rund um unser Banner „Stoppt Lebendtierexporte“ zusammen, stattete sich mit orangenen PROVIEH-Jacken, Fahnen und Plakaten aus, auf denen zu lesen war: Tiertransporte verursachen vielfaches Leid: Stress, Angst, Durst, Hitze, Enge, Schmerz. Für die Veranstaltung reisten die Teilnehmer:innen aus ganz Norddeutschland an.  

Vor Beginn der Veranstaltung verteilten die Organisator:innen Trillerpfeifen, um dem Demozug Gehör zu verschaffen. Eröffnet wurde die Veranstaltung von Peter Hübner (Metzger gegen Tiermord), der als Moderator durch den Tag führte. Er setzte um 11 Uhr das Startsignal für den Demozug durch die Innenstadt von Aurich. Die Demonstrant:innen wurden auf jedem Abschnitt von Megafonträger:innen begleitet, die dem Demozug durch Sprechchöre einheizten. Mit lauten Rufen forderte die Menge „Tiertransporte gehören abgeschafft!“. Der Demonstrationszug führte durch die Innenstadt von Aurich, wo viele Passant:innen und Angestellte von Geschäften ihre Tätigkeiten unterbrachen, um sich über das wichtige Thema zu informieren und den Demozug passieren zu lassen.

“Kein einziger Tiertransport war okay”

Nach einer Stunde endete der Lauf am Rathaus von Aurich, wo sich die Teilnehmenden sammelten. Nach einer kurzen Pause eröffnete Tilly Metz (Abgeordnete des Europäischen Parlamentes) eine Runde von Redebeiträgen. Sie berichtete insbesondere aus ihrer Arbeit als Vorsitzende des Untersuchungsausschusses zu Tiertransporten im EU-Parlament: “Ich habe in dieser Funktion viele Tiertransporte gesehen. Keiner, kein einziger dieser Transporte war so, dass ich sagen würde: der war ok”. 

Nach ihr sprachen Frank Weber („hundkatzemaus“), Dr. Edmund Haferbeck (Peta), Tim Werner (Vegans for Future) und Gila Altmann (KT Aurich, Bündnis 90 / DIE GRÜNEN).

Die Rederunde schloss PROVIEH-Hauptstadtreferent Patrick Müller mit einer eindringlichen Rede ab. In dieser hob er besonders zwei Punkte hervor: Zum einen sprach er die häufige Aussage an, dass nur Zuchttiere exportiert würden. Tatsache ist jedoch, dass die überwiegende Anzahl der Rinder nur ein Kalb bekommt oder sogar tragend transportiert wird. Danach werden diese Tiere geschlachtet. Es kann genau nachverfolgt werden, wie viel Zuchtpopulation es in den Bestimmungsländern gibt. Die Population vor Ort wächst jedoch nicht an, obwohl teilweise über Jahrzehnte mehrere zehntausend Tiere in bestimmte Länder transportiert wurden. Die Aussage, es würden fast ausschließlich Zuchttiere exportiert, sei also häufig eine Fehldeklaration.

Zum anderen wies er deutlich darauf hin, dass der Landkreis Teltow-Fläming in Brandenburg ebenso wie der Landkreis Aurich Exportgenehmigungen für tausende Tiere jährlich erteilt. Auch Teltow-Fläming behauptet, sich dagegen nicht wehren zu können. Deshalb brauchen wir ein europaweites Verbot von Lebendtierexporten. Dies jedoch durchzusetzen, wird leider noch sehr, sehr lange dauern. Ein Verbot ist jedoch auch auf nationaler Ebene möglich. Seine Rede endete deshalb mit einem eindringlichen Appell an Landwirtschaftsminister Cem Özdemir: „Handeln Sie, Cem Özdemir! Zeigen Sie, dass Sie wirklich Deutschlands oberster Tierschützer sind und verbieten Sie grausame Lebendtierexporte!“

An die Redebeiträge schlossen sich eine Expertenrunde und eine Podiumsdiskussion mit politischen Vertreter:innen an. Wir danken den Organisatoren, insbesondere den “Ostfriesen gegen Tierleid” und allen Teilnehmer:innen für ihren Einsatz und die tatkräftige Unterstützung vor Ort für diese wichtige Veranstaltung.

Hintergrund:

Jedes Jahr starten von Deutschland aus diverse Lebendtierexporte und verursachen vielfaches Leid. Insbesondere Rinder und Schweine werden zu hunderttausenden innerhalb Europas aber auch in die ganze Welt verfrachtet. Viele Landkreise in Deutschland erteilen inzwischen keine Genehmigungen mehr für diese tierschutzwidrigen Transporte, aber einige wenige bleiben weiter Drehscheiben für die Lebendtierexporte: insbesondere der Landkreis Teltow-Fläming in Brandenburg (PROVIEH demonstrierte bereits im Jahr 2021 vor Ort) und der Landkreis Aurich in Niedersachsen. Die Veterinärämter der betroffenen Kreise sehen oft keine Möglichkeit, sich gegen die Abfertigung der Transporte zu wehren. Zuständig ist die Bundesregierung. Auch ein Verbot von Transporten in Drittstaaten auf europäischer Ebene wäre möglich. Bisher jedoch ist nichts davon in Planung, die Landkreise fertigen weiter hunderte Transporte jährlich ab. 

Sowohl Gerichte als auch mehrere juristische Gutachten bestätigen, dass ein nationales Verbot durch das Bundeslandwirtschaftsministerium zulässig ist. Darüber hinaus wird ein weiterer wichtiger Fakt immer wieder verdeckt: Bei den meisten Transporten handelt es sich keineswegs, wie deklariert, um Zuchttiertransporte. Stattdessen werden die Tiere kurz nach ihrer Ankunft im Zielland unter grausamen Bedingungen geschlachtet. Dieser offensichtliche Betrug muss schnellstens beendet werden. Ein Aufbau einer ordentlichen Zuchtpopulation muss für jedes einzelne Zielland nachgewiesen werden – oder entsprechende Transporte dürfen nicht mehr stattfinden. Das nächste Ziel wird dann ein umfassendes Verbot von Lebendtierexporten auf europäischer Ebene sein – für dieses werden wir noch sehr lange und sehr hart kämpfen müssen.   

Svenja Taube


PROVIEH demonstrierte in Aurich gegen Lebendtierexporte

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PROVIEH-Hauptstadtreferent Patrick Müller mit einer eindringlichen Rede

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