BMEL-Vorschlag zur Haltungskennzeichnung:

Bitte keine Orientierung an Eierkennzeichnung

30.03.2022: agrarheute berichtet über die Eckpunkte der vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) geplanten gesetzlichen Haltungskennzeichnung. Die Ausgestaltung der Haltungsstufen bewertet PROVIEH als soliden Aufschlag für die weitere Ausarbeitung, fehlende Anforderungen für Transport und Schlachtung wären allerdings ein Bruch des Koalitionsvertrages. Auch den Aufbau sieht PROVIEH sehr kritisch, denn die vom BMEL vorgeschlagene gesetzliche Haltungskennzeichnung soll sich an der Eierkennzeichnung orientieren. Ein visionäres Zielbild einer wirklichen Freilandhaltung findet sich somit nicht im Kennzeichen wieder. Stattdessen wird die EU-Ökoverordnung als Goldstandard von Tierhaltung manifestiert.

Cem Özdemir plant den Berichten von agrarheute zufolge ein vierstufiges Kennzeichen, das mit der Stufe 3 für die Stallhaltung beginnt, als Stufe 2 die Stallhaltung mit Außenklimareizen beinhaltet und als höchste Stufen die Auslaufhaltung in Stufe 1 und die Bio-Haltung in Stufe 0 aufnimmt. Damit orientiert sich die geplante Haltungskennzeichnung an der Eierkennzeichnung beim Frischei.

PROVIEH fordert im Gegensatz zur „gedeckelten“ Eierkennzeichnung von der 3 bis hin zur 0 die aufsteigende Stufenanordnung – von der 0 bis zur 3 als beste Haltung: diese aufsteigende Kennzeichnung ist nicht trivial, sondern ermöglicht die Weiterentwicklung der Kennzeichnung im Zeitverlauf! Deutlich über die EU-Bio-Siegel hinausgehende Tierhaltungen wären hierdurch mit einer Stufe 4 oder 5 langfristig in die Kennzeichnung zu integrieren. Dies wäre bei der geplanten Orientierung an der Eierkennzeichnung mit einer -1 oder -2 zumindest mehr als missverständlich“, so Anne Hamester von PROVIEH.

Das zeitgleich mit dem BMEL veröffentlichte PROVIEH-Modell für die gesetzliche Haltungskennzeichnung empfiehlt die entgegengesetzte Stufenanordnung: Stufe 0 sollte die geschlossene Stallhaltung beinhalten, die höchste Stufe sollte Stufe 3 mit der echten Freilandhaltung umfassen. Diese nach oben erweiterbare aufsteigende Stufenanordnung ebnet den Umbau hin zu tierfreundlichen, artgemäßen Haltungssystemen.

Die zwei höchsten Stufen im BMEL-Vorschlag unterscheiden sich nur marginal: die Auslauf- beziehungsweise Weidehaltung als die zweithöchste Stufe und die Anforderungen der EU-Ökoverordnung als höchste Stufe laufen auf die gleiche Haltungsform hinaus. PROVIEH fordert, beides in eine Stufe zu integrieren und als höchste Stufe die visionäre Haltung echter Freilandhaltung einzuführen. Hiermit grenzen sich die Stufen klar voneinander ab und läuten den Umbau hin zu tierfreundlichen Haltungssystemen ein“, kommentiert Anne Hamester von PROVIEH den Vorschlag des BMEL.

Das vierstufige Modell der Tierschutzorganisation beinhaltet – wie im Koalitionsvertrag vereinbart – eine Kennzeichnung von Haltungsform sowie von Transport- und Schlachtbedingungen. Anders als vom Bundesministerium nun verlautet, können diese Prämissen sehr wohl im Kennzeichen integriert werden: In den höchsten Stufen sollten Transporte maximal vier Stunden statt acht Stunden dauern. In der höchsten Stufe wäre außerdem eine hofnahe Schlachtung durchzuführen, die langfristig über mobile Schlachtungen Transporte gänzlich vermeiden würde. PROVIEH fordert die Bundesregierung auf, ihren Koalitionsvertrag und eine gesetzlich verpflichtende Haltungskennzeichnung umzusetzen, die auch Transport und Schlachtung berücksichtigt.

Ausdrücklich zu loben ist der Vorschlag für die erste höhere Stufe: So soll nach der Stufe “Stall” die Stufe “Außenklimakontakt” folgen, genau wie im Modell von PROVIEH vorgesehen. Hier stand zu befürchten, dass die Minimalanforderungen der Initiative Tierwohl zu einer eigenen höheren Stufe erhoben werden. Hier hat man sich für eine glaubwürdige Kennzeichnung entschieden“, lobt PROVIEH den Vorschlag des Bundesministeriums für die erste höhere Stufe.

Hintergrund 

Die Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag die Einführung einer gesetzlich verpflichtenden Haltungskennzeichnung angekündigt. Noch in diesem Jahr möchte das Bundeslandwirtschaftsministerium hierzu ein Konzept vorlegen, anhand dessen auch der Umbau der Tierhaltung ausgerichtet werden soll.

PROVIEH setzt sich seit vielen Jahren aktiv für eine gesetzlich verpflichtende Haltungskennzeichnung für alle tierische Produkte ein. Hierfür hat die Organisation nun ein umfassendes Konzept erarbeitet. PROVIEHs Haltungskennzeichnung schafft Anreize für den Umstieg auf tierfreundlichere Haltungssysteme, generiert Zahlungsbereitschaft im Markt und bietet Verbraucher:innen eine glaubwürdige Orientierungshilfe. Damit stellt die Kennzeichnung die Weichen für den dringend notwendigen Umbau der Tierhaltung.  Das ausführliche Konzept und die genauen umfassenden Stufenanforderungen von PROVIEHs gesetzlicher Haltungskennzeichnung finden Sie hier.

PROVIEH veröffentlichte am 30.03.2022 sein vierstufiges Modell für die im Koalitionsvertrag festgeschriebene gesetzlich verpflichtende Haltungskennzeichnung.

Mehr dazu auf unserer Kampagnenseite: Haltungskennzeichnung jetzt!

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