“Es stinkt zum Himmel – Wollen wir Höfe oder Fabriken?”

Nachbericht der Demo in Donauwörth gegen industrielle Intensivtierhaltung 

Am Dienstag, den 07.09.2021, lud das Agrarbündnis Bayern, welchem auch PROVIEH angehört, zu einer Kundgebung gegen industrielle Massentierhaltung in der Donauwörther Innenstadt. Was man dem idyllischen Donauwörth nicht ansieht, ist, dass hier der größte Ferkelerzeuger Bayerns sein Zuhause hat. Ehemals in Besitz des Schweinebarons Straathof, der durch massive Tierschutzverstöße zu trauriger Berühmtheit gelangte und gegen diesen in der Folge ein Tierhaltungsverbot verhängt wurde, firmiert der neue Betrieb nun unter RwF Reichertsweiler Ferkel GmbH, genannt der Reichertsweiler Hof. Der Name wurde gewechselt, die Firmenphilosophie wohl eher nicht. Abgesehen von den schwer durchschaubaren Beteiligungsgeflechten ist nicht bekannt, dass es Verbesserungen in der Haltungsform gegeben hätte. Tatsache ist, dass dieser Betrieb – einige Redner:innen bezeichneten diesen anschaulich als Hochsicherheitstrakt – mit bäuerlicher Landwirtschaft wenig gemein hat. 

 Lisa und Edgar Munz demonstrieren gemeinsam mit Richard Mergner

Die kleine, aber feine Veranstaltung durfte hochkarätige Redner:innen aus verschiedensten Bereichen begrüßen, welche aus ihrer Sicht die Missstände, unter welchen Tier wie Mensch leiden, aufzeigten. Darunter Richard Mergner (BN Landesvorsitzender), der gleich zu Beginn feststellte, dass der Donauwörther Betrieb nicht nur nichts mehr mit bäuerlicher Haltung zu tun habe und man nicht mehr wisse, welcher Investor gerade hinter dem Betrieb stehe, „es stinke auch buchstäblich zum Himmel!“. Herr Mergner wies damit auf das Ammoniak-Problem dieser Großbetriebe hin.  

Ihm folgte der Landwirt Stephan Kreppold (AbL), welcher betonte, dass es wichtig und auch möglich sei, naturverträgliche Landwirtschaft zu gestalten. Sympathisch stellte er fest, dass wir es den Tieren schuldig seien, wenn wir diese nutzen, sie ihrer Art gemäß zu halten und zu pflegen. Dem entgegengesetzt sind die Haltungssysteme in der industriellen Intensivtierhaltung. Er verwies hier unter anderem auf eine Studie der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU), die nachwies, dass ein großer Teil der Schweine, die auf Vollspalten stünden, an schmerzhaften Gelenkentzündungen leiden. Ziel müsse ein Verbot von Vollspaltenböden sein. Auch war es ihm ein Anliegen – da von manchen Interessengruppen oft falsch interpretiert -, dass die Kritik seitens der Verbände und Verbraucher:innen an diesen Haltungsformen sich nicht gegen die Landwirte richte, sondern eine Kritik am System sei! Immerhin zeigten die letzten Entwicklungen, dass man bereit sei, mehr für Fleisch auszugeben. 

Landwirt Stephan Kreppold (AbL)

 Auf das andere große Problem, den Missbrauch von Medikamenten, machte Dr. Rupert Ebner (Tierarzt, Slow Food) aufmerksam. Er thematisierte den allseits bekannten zu hohen Antibiotika-Einsatz, welcher nicht nur akut eingesetzt werde, sondern bei welchem man nicht zögere, die Nebenwirkung der Wachstumsförderung mitzunehmen. Aber er wies auch auf einen Aspekt in der Schweinezucht hin, der bisher noch nicht im Fokus der Öffentlichkeit steht – den Einsatz von Hormonen. Im Besonderen das Hormon PMSG, das sog. Stutenhormon. Darin hängt im Prinzip das ganze System Schweineindustrie. Es wird zur Arbeitserleichterung eingesetzt, damit Sauen zur gleichen Zeit ihre Ferkel bekommen. Zum Leid der Schweine gesellt sich hier noch das Leid der Stuten hinzu. Das Hormon wird meist von trächtigen Stuten aus Südamerika gewonnen, welche die körperliche Belastung oft nicht überleben und qualvoll verenden.  

Zu den Missständen fanden auch Johanna Ecker-Schotte vom Deutschen Tierschutzbund sowie die stellvertretende Landrätin Ursula Kneißl-Eder deutliche Worte. Und auch Peter Maier, Greenpeace (Arbeitsgruppe Landwirtschaft Augsburg), appellierte: „Wenn wir so weitermachen, weiche Vielfalt der Einfalt“. Natürlich sei Klimaschutz unbequem und die Lösungen sind oftmals unpopulär, man könne jedoch die Agrarwende auch als Chance sehen, da kleinere Betriebe womöglich die Umstellung schneller realisieren könnten als Großbetriebe.  

von links nach rechts: Marion Ruppaner, Stephan Kreppold, Ursula Kneißl-Eder, Peter Maier, Johanna Ecker-Schotte, Rupert Ebner und Richard Mergner

Die Veranstaltung stand natürlich im Zeichen der anstehenden Bundestagswahl und es wurde kräftig ausgeteilt an die Regierenden, welche Ideen seit Jahren diskutieren (ein Beispiel die Haltungskennzeichnung), aber wenig umsetzen. Es wurde aber auch klar, dass man im Kampf gegen die Auswüchse der industriellen Landwirtschaft nur erfolgreich sein kann, wenn sich alle der Verantwortung bewusstwerden, die Landwirte, der Lebensmitteleinzelhandel und die Verbraucher. Es ist wichtig, jetzt bei der Wahl ein Zeichen zu setzen und den Druck auf die Politik zu erhöhen. Die Frage bleibt: Welche Landwirtschaft wollen wir – Höfe oder Fabriken?! 

Es bleibt zu hoffen, dass das Agrarbündnis Bayern noch viel Positives bewirken kann. Alle Mitglieder eint das gemeinsame Ziel, die Tierhaltung zu verbessern, die Umwelt zu schützen UND die bäuerlichen Strukturen zu erhalten!  

Organisiert hatten die Kundgebung federführend Marion Ruppaner und Andrea Eiter. Den Damen sei Dank. Selbst bei der Bestellung des Wetters gab es nichts zu meckern. 

Edith Mews, Regionalgruppe München 

20.09.2021

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