Pferdehaltung – 24 Stunden Heu für den Dauerfresser
Das Pferd ist ein Dauerfresser
Das Pferd ist, anders als die (meisten) Menschen, ein Dauerfresser. In der Natur frisst es 12-18 Stunden am Tag vorwiegend Gräser und Kräuter aber auch Blätter, Rinde und Zweige. Eine Fresspause ist selten länger als 2-3 Stunden. Dieses gilt für Tag und Nacht. Der relativ kleine Magen produziert beständig Magensäure und diese benötigt etwas zu tun.
Probleme bei der herkömmlichen Fütterung
Bei der herkömmlichen Fütterung mit 2-3 Heumahlzeiten kommt es vor allem nachts zu langen Nüchternzeiten. Dieses bedeutet für den Dauerfresser viel Stress. Das Kaubedürfnis kann nicht gedeckt werden, die Magensäure hat keine Nahrung zu verarbeiten und stellt damit eine große Belastung für den Magen dar. Studien haben gezeigt, dass 90 Prozent aller Rennpferde, 60 Prozent der Sportpferde und immerhin noch 30 Prozent der Freizeitpferde unter Magengeschwüren leiden.
Probleme bei 24h-Heufütterung
Die einfachste Lösung besteht darin, Heu ad libitum über 24 Stunden anzubieten, damit das Pferd jederzeit fressen kann. Dieses würde sehr gut funktionieren, wenn die Pferde sich ausreichend bewegten und wenn man gutes Pferdeheu hätte, das bedeutet relativ rohfaserreich und zuckerarm. Leider bekommen die meisten Pferde jedoch „Kuhheu“ vorgesetzt. Die Auswahl der Gräser und der Schnittzeitpunkt sind so gewählt, dass die Kühe mit möglichst wenig Kraftfutter möglichst viel Milch geben. Bei Pferden führt eine größere Menge von solchem Heu leider oft zur Verfettung und zu verschiedenen Stoffwechselproblemen. Daher steht man vor dem Problem, das Heu dosieren zu müssen und trotzdem den Pferden eine lange Fresszeit über 24 Stunden zu ermöglichen.
Lösungen für eine dosierte 24h-Heufütterung
Eine einfache Lösung zur Verringerung der Fressmenge ist die Verwendung von engmaschigen Heunetzen. Das Pferd kann nicht mehr so schnell fressen, sondern muss sich die einzelnen Halme etwas mühsamer erarbeiten. Die Heunetze gibt es in . Auf dem linken Bild sieht man eine schöne Variante von Jörg Weber (www.paddock-trail.de). Dieses ist eine gute Lösung für ein bis zwei Pferde, die vorne keine Hufeisen tragen. Bei mehr Pferden ist der Aufwand zum Stopfen der Netze zu hoch und bei Pferden mit Hufeisen ist die Gefahr zu groß, dass die Pferde mit ihren Eisen in so einem Netz hängen bleiben.
Eine andere Lösung sind Raufen, in denen das Heu mit einem Netz abgedeckt wird. Das Netz wird zum Beispiel auf einen Metallrahmen gezogen und dieser Metallrahmen wird an den Ecken mit einem Seil befestigt. Zum Befüllen wird einfach das Netz hoch gestellt und Heu eingefüllt. Auch Pferde mit Hufeisen können hier gefahrlos fressen.
Statt Netzen kann man auch eine Abdeckung mit Gitterelementen vornehmen. Oder zum Beispiel eine Doppelstabmatte aus dem Baumarkt. Hier muss man jedoch die Pferdezähne im Blick behalten. Manche Pferde drücken so stark an die Gitter, dass sich Rillen an den Zähnen bilden. Andere kommen jedoch sehr gut damit klar.
Mit diesen einfachen Varianten kann man die Heumenge schon ziemlich effektiv reduzieren. Die jeweilige Maschengröße richtet sich dabei nach den jeweiligen Bewohnern. Wir verwenden für normale Warmblutpferde im Sommer 3cm x 3cm Netze. Im Winter wechseln wir manchmal auf 4,5 cm x 4,5 cm Maschen, da die Heuaufnahme bei gefrorenen Netzen viel schwieriger ist.
Zu berücksichtigen ist auch noch eine Eingewöhnungszeit. Pferde, die bisher nur 2 oder 3 Heumahlzeiten bekommen haben, fressen die erste Zeit sehr gierig. Erst nach einigen Monaten realisieren sie, dass immer Heu da ist und das Fressverhalten normalisiert sich.
Als weitere Möglichkeit zur Heudosierung über 24 Stunden gibt es zeitgesteuerte Raufen, die zum Beispiel alle 4 Stunden den Pferden Zugang zum Heu gewähren. Das können eher einfache Modelle sein, bei denen eine zweite Heuportion durch eine batteriebetriebene Zeitschaltuhr zu einem angegebenen Zeitpunkt in ein Heunetz fällt, wie zum Beispiel beim Heuspund von Isabelle Stubner (www.heuspund.ch). Es gibt auch computergesteuerte Systeme zum Beispiel von der Firma HIT, bei denen die Pferde über Transponder erkannt werden und jedes Pferd dann in regelmäßigen Abständen seine individuelle Fressportion in einer Futterstation abholen kann.
Dr. Tanja Romanazzi