Betäubungslose Ferkelkastration – Verfassungswidrige Verlängerung nach Abstimmung im Bundestag
Berlin: Gestern wurde im Bundestag endgültig über die Verlängerung der betäubungslosen Ferkelkastration abgestimmt. Trotz zweimaliger Ablehnung im Bundesrat hat die große Koalition in einer Fraktionsinitiative kurz vor Ablauf der Frist eine zweijährige Verlängerung herbeigeführt.
Wie zu erwarten stimmte die Union (mit 2 Gegenstimmen) und die AfD (mit 7 Gegenstimmen) für die Verlängerung der betäubungslosen Kastration. Mit Ausnahme von 9 Gegenstimmen und 4 Enthaltungen votierte auch die Mehrheit der SPD-Fraktion dafür. Gegen die Verlängerung stimmten sowohl die Grünen als auch die Linksfraktion.
Die Gegenstimmen zeigen, dass die betäubungslose Ferkelkastration nicht für alle Abgeordneten mit ihrem Gewissen vereinbar ist. Leider hat sich die Mehrheit dennoch für eine Verlängerung entschieden.
PROVIEH bezeichnet das Ergebnis der Abstimmung als Armutszeugnis für die große Koalition. Die betäubungslose Ferkelkastration ist durch bestehende Alternativen wie der Ebermast mit und ohne Immunokastration vermeidbar und eine Verlängerung somit sogar verfassungswidrig.
Dazu Jasmin Zöllmer von PROVIEH: “In den nächsten zwei Jahren hätten bei 40 Millionen Ferkeln Schmerzen und Leid verhindert werden können. Dass nun Millionen Steuergelder in eine aus Tierschutzsicht inkonsequente Lösung investiert werden sollen, ist sicher nicht im Sinne der Verbraucher. Eine Kastration, wenn auch unter Gasbetäubung, bleibt eine Kastration. Anders bei der Ebermast mit und ohne Immunokastration. Diese Methoden sind kostengünstig und die Tiere bleiben unversehrt.”
Die Pressemitteilung des BMEL vom 27.11.2018 zum “Runden Tisch Ferkelkastration” definierte drei praxistaugliche Alternativen und widerlegt damit die Notwendigkeit einer Fristverlängerung von zwei Jahren.
“Dass die Ebermast mit und ohne Eberimpfung von den zwei umsatzstärksten Schweinefleischvermarktern in Deutschland abgelehnt wird, ist der eigentliche Grund für die Fristverlängerung”, sagt Angela Dinter, Fachreferentin für Schweine. “Diese Unternehmen fordern weiterhin die chirurgische Kastration von männlichen Ferkeln und setzen damit die Zukunft des Tierschutzes und der deutschen Schweinehaltung auf’s Spiel.”
PROVIEH hat sich bereits seit 2008 für ein Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration eingesetzt und war maßgeblich an der 2013 verabschiedeten Gesetzesänderung beteiligt. Durch lösungsorientierte Zusammenarbeit mit Vertretern der Schweinefleischerzeugung konnte bereits vor Jahren die Ebermast in die Praxis umgesetzt werden. In mehreren Schreiben an den Lebensmitteleinzelhandel forderte PROVIEH ein Bekenntnis zum Einsatz von Ebermast mit und ohne Immunokastration, da dies aus Tierschutzsicht die einzig konsequenten Methoden darstellen. Nach Bekanntwerden der geplanten Fristverlängerung schrieb PROVIEH zusammen mit dem Bund gegen Missbrauch der Tiere (BMT) die Mitglieder des Bundesrates persönlich an, um ihre Stimme für den Tierschutz zu stärken. In einem gemeinsamen offenen Brief appellierte das Bündnis für Tierschutzpolitik, dem auch PROVIEH angehört, an die gesamte SPD-Fraktion, das Staatsziel Tierschutz nicht mit Füßen zu treten und einzufordern, dass bestehende und erprobte Alternativen fristgerecht zum Einsatz kommen. Schließlich unterstütze PROVIEH auch die Demonstration gegen die Verlängerung der betäubungslosen Ferkelkastration, die am 25. November mit Kundgebung vor dem BMEL stattfand.
PROVIEH wird nun rechtliche Schritte, wie zum Beispiel eine Verfassungsklage, prüfen.
30.11.2018
Die genauen Abstimmungsergebnisse finden Sie hier.
Sabine Ohm
Fachreferentin für Tiere in der Landwirtschaft, Schwerpunkt Schweine
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Ada Brandt
Pressereferentin
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