Sitzung des europarlamentarischen Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung (AGRI)

Weiterhin kein Betäubungsgebot bei religiösen Schlachtungen

Die Sitzung des europarlamentarischen Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung (AGRI) am 16. März 2009 endete leider mit einer unerfreulichen Nachricht für den Nutztierschutz. Abgestimmt wurde über den abschließenden Bericht des bei den Verhandlungen mit dem Rat und der Kommission für die neue Schlachtverordnung federführenden Agrarausschusses. Der Kommissionsvorschlag besagte ursprünglich, dass zwar Schlachtungen generell nur unter Betäubung durchgeführt werden dürfen, für religiöse Schlachtungen aber eine Ausnahme von diesem Betäubungsgebot gelte. Zudem sollte es künftig den Mitgliedsstaaten überlassen bleiben, eine Ausnahme von dieser Ausnahme zu beschließen – d. h. auch rituelle Schlachtungen nur noch unter Betäubung zu erlauben. Schweden hat bisher als einziges EU-Mitgliedsland ein Verbot für betäubungsloses Schächten erlassen und hätte nach diesem Vorschlag sein absolutes Betäubungsgebot aufrecht erhalten können. Aber im Agrarausschuss entschied man sich gegen den Kommissionsvorschlag und auch gegen den Änderungsantrag, der ein EU-weites Betäubungsgebot auch für das Schächten eingeführt hätte. Stattdessen soll – wenn es nach dem Willen des Agrarausschusses geht – das betäubungslose Schächten in der gesamten EU (inklusive in Schweden) möglich sein. Die Eurogroup for Animals sammelt derzeit Unterschriften von Europaparlamentariern, damit erneut ein Änderungsantrag bei der endgültigen Abstimmung über den Gesamtbericht des Europaparlaments in der letzten Plenarsitzung vor den Europawahlen (am 7. Mai 2009) eingebracht werden kann. Der soll den Kommissionsvorschlag wiederherstellen, so dass die Mitgliedsstaaten das Recht behielten, das betäubungslose Schächten abzuschaffen.

Der Agrarausschuss stimmte aber einer Kennzeichnungspflicht für Fleischprodukte, die von unbetäubt geschlachteten Tieren stammen, zu. Damit sollen die Verbraucherinnen und Verbraucher in Europa künftig eine Wahlmöglichkeit bekommen, die sie zur Zeit nicht haben. Besonders in Frankreich, wo über die Hälfte der Schafe geschächtet werden, landet viel Schaffleisch von geschächteten Tieren ungekennzeichnet in normalen Supermärkten und Schlachtereien. Dies sei den Konsumenten nicht zuzumuten, hieß es in der Aussprache des Agrarausschusses zum Thema Schächten.

Auch die tierquälerische Geflügelschlachtung mit Betäubung durch das kopfüber aufgehängte Ziehen durch ein Elektro-Wasserbad wurde leider – wieder einmal aus ökonomischen Gründen – nicht verboten. Dabei hatte die europäische Lebensmittelbehörde EFSA schon im Jahr 2005 in einer Studie festgestellt, dass dieses Verfahren stress- und schmerzvoll für die Tiere ist und häufig nicht gut funktioniert, so dass dringend alternative Verfahren zu entwickeln seien. Aber wo kein Verbot da auch keine Not, etwas Neues zu erfinden…

Ein kleiner Erfolg in bezug auf die Forderung nach Entwicklung besserer Betäubungsverfahren sowie nach Alternativen zur gängigen Praxis der Kükentötung konnte auf die gemeinsame Initiative von PROVIEH und anderen Tierschützern erreicht werden: Ein entsprechender Änderungsantrag von Elisabeth Jeggle (MEP) bezüglich der Erwägungsgründe wurde in den Bericht aufgenommen. Und ein weiterer Lichtblick: Auch Fischen soll künftig nach Möglichkeit Schmerz und Leid erspart werden. Damit werden Fische erstmalig auch in die Regelungen des Tierschutzes zum Zeitpunkt des Tötens aufgenommen.

Insgesamt aber ist der Bericht des Agrarausschusses eine Enttäuschung. Bleibt zu hoffen, dass durch Änderungsanträge im Plenum der Bericht des Europäischen Parlaments, der dann an die Kommission und den Rat zur weiteren Diskussion vor der endgültigen Verabschiedung gesendet wird, noch verbessert wird.

Der finale Bericht des AGRI Ausschusses steht noch aus.

Melanie Peters, Büro Brüssel

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