Rolle rückwärts in der Landwirtschaft: Europäischer Rat wirft Natur- und Tierschutz um Jahrzehnte zurück
Novelle Tierschutzgesetz muss Defizite auf EU-Ebene ausgleichen!
Berlin, 30. April 2024: Der Europäische Rat für Landwirtschaft und Fischerei hat gestern in Brüssel beschlossen, die gemeinsame Agrarpolitik zu „vereinfachen“. Dafür werden zentrale Auflagen zum Schutz von Umwelt, Natur und Tieren ausgesetzt. Die entsprechenden Verbände schlagen dagegen Alarm. Auch die Tierschutzorganisation PROVIEH ist besorgt und fordert, zumindest die laufende Überarbeitung des deutschen Tierschutzgesetzes nicht weiter aufzuweichen, sondern konsequent auf Tierwohl auszurichten.
„Die Vereinfachungen sind eine Katastrophe für den Tierschutz: Jedes achte landwirtschaftlich genutzte Tier ist zukünftig schlechter geschützt!“, kritisiert Andreas Schenk, Hauptstadtreferent der Tierschutzorganisation PROVIEH. „Betriebe mit bis zu 10 Hektar Fläche werden künftig von vielen Kontrollen und Sanktionen freigestellt. In Deutschland betrifft das 25 Prozent aller Höfe und 13 Prozent der dort gehaltenen Tiere.“
Bisher müssen landwirtschaftliche Betriebe das Umwelt-, Natur- und Tierschutzrecht einhalten, um staatliche Förderung zu bekommen. Dazu gibt es Kontrollen. Bei Verstößen werden die Gelder gekürzt. Weitere Änderungen gehen allein zu Lasten von Natur- und Klima. So entfällt beispielsweise die Pflicht, einen Teil der Ackerfläche zeitweilig ungenutzt zu lassen. Das ist wichtig, damit sich der Boden erholt und Lebensraum für Tiere entsteht. Außerdem darf mehr Dauergrünland in Ackerland umgewandelt werden. Das beeinträchtigt die Artenvielfalt und setzt Treibhausgase frei.
Das umfangreiche Vereinfachungspaket wurde in einem beispiellosen Schnellverfahren beschlossen, ohne die übliche Beteiligung von Zivilgesellschaft und Wissenschaft.
Gleichzeitig lahmt die ursprünglich für 2023 geplante Reform des europäischen Tierschutzrechts. Bisher liegen nur zwei Änderungsentwürfe vor: zu Tiertransporten und zur Heimtierkennzeichnung. Der zentrale Entwurf zur landwirtschaftlichen Tierhaltung ist noch nicht einmal angekündigt. Die Europäische Bürgerinitiative “End the Cage Age” hat inzwischen eine Untätigkeitsklage gegen die EU-Kommission eingereicht.
„Dieses sogenannte Vereinfachungspaket vereinfacht die Dinge leider keineswegs für den Natur- und Umweltschutz sowie den Tierschutz! PROVIEH fordert vor dem Hintergrund dieser defizitären EU-Gesetzgebung, zumindest die Überarbeitung des deutschen Tierschutzgesetzes nicht weiter aufzuweichen, sondern im Interesse des Tierschutzes nachzuschärfen, insbesondere durch die Vorgabe regelmäßiger Betriebskontrollen“, konstatiert Andreas Schenk abschließend.
Alle Forderungen von PROVIEH an die Novelle des Tierschutzgesetzes finden Sie auf unserer Kampagnenseite „Legalisierte Tierqual beenden!„.
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Ada Brandt
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