EU-Kommission überarbeitet defizitäre Tierschutzgesetzgebung

PROVIEH reicht umfangreiche Stellungnahme ein

Die Europäische Kommission beginnt derzeit, die gesamte EU-Tierschutzgesetzgebung mit dem Ziel aufzuarbeiten, die darin bestehenden Tierschutz-Lücken zu schließen. PROVIEH reichte für diesen bedeutungsvollen Ausarbeitungsprozess eine umfangreiche Stellungnahme bei der EU-Kommission ein. 

End The Cage Age zieht weite Kreise 

Aufhänger dieses potenziellen Meilensteines für den Tierschutz sind die erfolgreiche Petition und das jahrelange Drängen von der Europäischen Bürgerinitiative End The Cage Age, an der auch PROVIEH beteiligt war. End The Cage Age forderte 2020 mit über 170 Organisationen und mehr als 1,5 Millionen Menschen das Ende der Käfighaltung in der Nutztierhaltung. Dieser Aufforderung kam die EU-Kommission nach und kündigte im Juni an, die Käfighaltung bis 2027 vollumfänglich in der EU zu verbieten (PROVIEH berichtete). Nun geht die EU-Kommission sogar noch einen Schritt weiter und überarbeitet die gesamte Tierschutzgesetzgebung. Dies begrüßt PROVIEH ausdrücklich.  

Bedeutung der EU-Tierschutzgesetzgebung  

Die europäische Tierschutzgesetzgebung ist für die Realität der deutschen und europäischen „Nutz“tierhaltung von großer Bedeutung. Die europäischen Richtlinien und Verordnungen müssen von den Mitgliedsstaaten in nationales Recht überführt werden. Die Folge ist, dass in Deutschland nur solche Gesetze und vollzugsfähige Verordnungen bestehen, die auf EU-Ebene konkretisiert und damit von Deutschland umgesetzt werden müssen. Über die europäische Gesetzgebung hinausgehende Bestimmungen bestehen in Deutschland kaum. Deshalb sind die Überarbeitung, Ausweitung und Spezifikation der Europäischen Gesetzgebung für den Tierschutz hierzulande und in der gesamten Europäischen Union von so großer Bedeutung.  

Gräben statt Lücken in aktueller Gesetzgebung 

Trotz dieser Aussicht auf einen Meilenstein im europäischen Tierschutz ist PROVIEH skeptisch, wie konsequent die EU-Kommission die aktuell defizitäre Gesetzgebung zum Wohlergehen der Tiere ausbauen wird. Denn aktuell bestehen weitreichende Lücken in der Gesetzgebung, die von der Käfighaltung über standardmäßige Amputationen und die Qualzuchten bis zu den aktuell unsäglichen Praktiken der Tiertransporte und Schlachtungen reichen. Ebenso bedeutsam ist das Fehlen spezifischer Tierschutzgesetze für etliche Tierarten. Für Jungrinder, Kühe, Mastrinder, Puten, Enten, Gänse sowie Eltern- und Geschwistertiere bestehen aktuell noch keinerlei gesetzliche Bestimmungen. Und bei den bestehenden Gesetzen für Mastschweine, Sauen, Kälber, Legehennen und Masthühnern gibt es weitreichenden Änderungsbedarf – hier sei nur an den Kastenstand, Kälberiglus, die Anbindehaltung und die Haltung auf Vollspalten gedacht.  

Vertragliche Pflicht der EU-Kommission zum Tierschutz 

PROVIEH fordert die EU-Kommission auf, diesen drängenden und weitreichenden Defiziten im Zuge des Überarbeitungsprozesses der EU-Tierschutzgesetzgebung unverzüglich ein Ende zu setzen. Die EU-Kommission ist sogar vertraglich zu dieser konsequenten Ausweitung gezwungen: Verbindlich ist die Prämisse des Artikel 13 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union, wonach „bei der Festlegung und Durchführung der Politik der Union in den Bereichen Landwirtschaft, Fischerei, Verkehr, Binnenmarkt, Forschung, technologische Entwicklung und Raumfahrt (..) die Union und die Mitgliedstaaten den Erfordernissen des Wohlergehens der Tiere als fühlende Wesen in vollem Umfang Rechnung [tragen] …”.   

Aus Sicht von PROVIEH werden diesem Grundsatz aktuell keine der bestehenden Richtlinien und Verordnungen gerecht. In einer 20-seitigen Stellungnahme hat PROVIEH alle dringend erforderlichen Gesetzesänderungen bei der EU-Kommission eingereicht. Diese Stellungnahme finden Sie in eingereichter Form hier. 

Anne Hamester 

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