Der Abschlussbericht der Zukunftskommission ist ein guter Anfang
Berlin, 06.07.2021: Fast ein Jahr wurde in der von Angela Merkel einberufenen Zukunftskommission Landwirtschaft um die Ausrichtung und die Ziele der zukünftigen Landwirtschaft gerungen. Beteiligt waren Vertreterinnen und Vertreter aus Landwirtschaftsverbänden (konventionell und ökologisch), Wirtschaft und Lebensmitteileinzelhandel, Verbraucherschutz, Wissenschaft sowie Umwelt- und Tierschutz. Nach der letzten Arbeitssitzung am 29. Juni wurde heute offiziell der Abschlussbericht an die Bundeskanzlerin übergeben und ist nun für alle öffentlich einsehbar. In diesem sollen die Eckpfeiler für eine zukünftige und zukunftsfähige Landwirtschaft unter der Berücksichtigung ökonomischer, sozialer, ökologischer und tierschutzrelevanter Aspekte definiert werden. PROVIEH hat sich den Bericht angeschaut und sieht darin einen guten Anfang.
Hierzu kommentiert Ludwig Krüger, Leiter des Hauptstadtreferats von PROVIEH: „Der Bericht liest sich überraschend gut. Dass bei einer solch heterogenen Zusammensetzung der Kommission viele Dinge noch eher allgemein formuliert sind und auch bestimmte Reizworte vermieden werden mussten, war zu erwarten. Zwar ist zu befürchten, dass manche Verbände nur deshalb bestimmte Forderungen mitgetragen haben, weil in den GAP-Verhandlungen nötige Reformschritte schon erfolgreich ausgebremst worden waren. Dennoch enthält der Bericht wichtige Zielformulierungen, die manchen Verbänden bislang nur schwer abzuringen waren. So gibt es die Forderung, dass nicht kurative Eingriffe am Tier beendet werden sollen, aber auch, dass stärkere Maßnahmen für ein Verbot der Zucht ergriffen werden müssen, die bei den Tieren und ihren Nachkommen zu Leiden führen. Erfreulich ist zudem, dass tierschutzgerechtere Regelungen für die Schlachtung gefordert wurden und auch ein Ende von Tiertransporten in Drittstaaten. Positiv überraschen zudem Zielformulierungen wie „Verringerungen der Tierbestandszahlen“ und Bekenntnisse, wonach Konsum und Produktion tierischer Erzeugnisse in Deutschland zurückgehen müssen. Nicht zuletzt aufgrund der Mitwirkung der Jugendorganisationen Bund der Deutschen Landjugend und Jugend im Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, die eine gemeinsame Vision für die Landwirtschaft entwickelt haben, gibt es wirklich zukunftsweisende Impulse. So wird mehr auf Regionalität als auf Exportorientierung gesetzt, geleitet von der Einsicht, dass das bisherige System nicht nur ökologisch, sozial und ethisch, sondern auch wirtschaftlich nicht mehr tragfähig ist. Der Bericht ist sicherlich keine Revolution, sondern benennt nur in zaghafter Weise die offensichtlichen Probleme und die notwendigen Ziele. Aber, indem er von so vielen unterschiedlichen Gruppen unterzeichnet wurde, bildet er eine gute Grundlage für die weitere Diskussion zwischen allen Beteiligten in diesem Feld. Dass die Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner in dem Bericht eine Bestätigung ihrer bisherigen Arbeit sieht, verdeutlicht eine nicht unerhebliche Gefahr, nämlich dass der Bericht auf unterschiedliche Weise interpretiert werden kann. Bedenkt man, dass sich die Politik in den letzten Jahren beim Tierschutz in der Landwirtschaft vorrangig nur aufgrund von Gerichtsentscheidungen bewegte, muss man den Bericht eher im Gegenteil als deutliche Kritik an der bisherigen Politik lesen. Hier gilt es also genau aufzupassen und den erwartbaren Verwässerungs- und Vereinnahmungstendenzen etwas entgegenzusetzen. Es kommt jetzt darauf an, dass dieser Bericht wirklich ernst genommen wird und die ambitionierten Lesarten dieses Berichts die Grundlage für die Landwirtschaftspolitik nach der Bundestagswahl bilden.“
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