Landschaftspfleger mit Mähnen und Hufen

25.09.2015: Vor kurzem war PROVIEH im Naturschutzgebiet „Geltinger Birk“ zu Besuch. Hier, an der Grenze zu Dänemark, auf smaragdgrünen Weiden umgeben von Laubwald und Wasser, finden mehr als 80 Koniks ein Zuhause. Diese kleinen Pferde bewahren durch Grasen die unverwechselbare halboffene Landschaft an der Ostsee. „Konik“ ist polnisch und bedeutet „kleines Pferd“.

Ein Pferd auf einer Wiese
© PROVIEH

Um den Tieren im Naturschutzgebiet besonders nahe zu kommen, lohnt es sich, eine Führung mitzumachen. PROVIEH nahm an einer solchen Führung vom „Wildpferdeverein Geltinger Birk“ unter der Leitung von Frau Vierling teil. Frau Vierling führte uns die Küste entlang, durch halb matschige Wiesen und ein kleines Gehölz, bis sich unser Blick über große Weiden und die Konikherde erstreckte. Als eine zweite, kleinere Herde aus einem Gebüsch erschien und sich neugierig den Besuchern näherte, kamen auch die Hobbyfotografen unserer Gruppe voll auf ihre Kosten und ließen die Kameras ununterbrochen klicken. Trotzdem sprach jeder mit gesenkter Stimme, weil wir Angst hatten, die wundervollen Tiere zu erschrecken. Und plötzlich passierte das Unerwartete: Die mausgrauen, kleinen „Ponys“ trauten sich näher an uns Menschen heran und suchten den Körperkontakt. Wir waren erstaunt, als drei größere Tiere und auch Fohlen sich über die weichen Mähnen streicheln ließen. Genau in solchen Momenten wird das besondere Wesen der Koniks deutlich: Sie sind sozial, freundlich und wirken fast zahm, obwohl ihr Aussehen ganz deutlich darauf hinweist, dass sie von Wildpferden abstammen. Die Streifen an den Beinen und den Aalstrich auf dem Rücken haben sie von ihren Vorfahren, den Tarpans geerbt, die bis ins 19. Jahrhundert in großen Herdenverbänden durch die Wald- und Sumpfgebiete Osteuropas zogen. Daher bevorzugen auch Koniks halboffene Landschaften und Feuchtgebiete. Diese Eigenschaften sind für den Einsatz dieser „kleinen Pferde“ in der Landschaftspflege von Naturschutzgebieten entscheidend. Koniks beweiden immer häufiger die Landschaft in deutschen Naturschutzgebieten: Geltinger Birk an der Ostsee,  Berlin-Brandenburger Naturpark Barnim,  Brachter Wald in Nordrhein-Westfalen sind nur einige Beispiele davon.

Zutrauliche Wildpferde lassen sich streicheln
© PROVIEH

Zum ersten Mal wurden diese Pferde in den Niederlanden im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts als Landschaftspfleger genutzt. Als die Population dort zu stark angestiegen war, wurden 2002 einige Pferde unter anderem an das Naturschutzgebiet „Geltinger Birk“ abgegeben. Seitdem leben diese Koniks auf der schleswig-holsteinischen Halbinsel. Laut Frau Vierling können die Tiere das ganze Jahr unter freiem Himmel leben und sich gut an die Veränderungen in ihrer Umwelt anpassen. Durch kontrollierte Vernässung entstanden in der Birk Flächen, die für viele Zugvögel attraktiv sind. Aber damit diese Feuchtgebiete so bestehen bleiben, ist es wichtig, dass die Wiesen nicht verwalden – und dafür sorgen die Landschaftspfleger mit Mähen und Hufen.

Das Projekt lässt sich aber nicht einwandfrei umsetzen. In den 13 Jahren seit der Einführung der Pferde ist ihre Zahl sehr gestiegen. „Jedes Jahr sei mit 20 Fohlen zu rechnen“, so Frau Vierling. Durch das Wachstum der Konikpopulation entsteht zum Beispiel ein Risiko der Überweidung, welches zu Problemen in dem Ökosystem der Geltinger Birk führen könnte. Deshalb werden jedes Jahr im Herbst die Koniks zusammengetrieben. Fohlen, die im Sommer geboren wurden, bekommen einen Chip. Er bescheinigt ihnen ihre Herkunft und trägt weitere Informationen, die später durch ein elektronisches Lesegerät abgerufen werden können. Junge Hengste und Stuten werden zum Verkauf angeboten. Koniks eignen sich als Freizeitpartner besonders für Kinder, Jugendliche und junge oder leichte Erwachsene. Sie werden auch gerne im therapeutischen Bereich eingesetzt. Haben wir Ihr Interesse an den kleinen wilden Pferden geweckt? Bei den immer donnerstags angebotenen Führungen können Sie die Koniks in der Geltinger Birk näher kennenlernen.

Maria Ukhanova

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