Erster Erfolg nach Protestaktion gegen den Kastenstand vor dem Bundeskanzleramt

PROVIEH kämpft für ein Leben in Würde

In einem gemeinsamen offenen Brief protestierten wir mit über 20 Tier- und Umweltschutzverbänden gegen die geplante Neuregelung der Kastenstandhaltung. Gemeinsam forderten wir die Bundesministerin dazu auf, ihren Entwurf vollständig zu überarbeiten, denn er ist verfassungswidrig, verstoßt gegen das Tierschutzrecht und missachtet mehrere Gerichtsentscheidungen. Im Bundesrats-Agrarausschuss haben die Bundesländer noch die Möglichkeit, Einfluss auf den Inhalt des Verordnungsentwurfs zu nehmen. In weiteren Briefen und Gesprächen fordern wir die Bundesländer auf, diesem Entwurf nicht zustimmen und stattdessen für ein Ausstieg aus dem tierschutzwidrigen Kastenstand zu stimmen.

PROTESTAKTION vor dem Bundeskanzleramt

Zeitgleich mit der geplanten Abstimmung im Agrarausschuss im Bundesrat und im Zuge des von Bundekanzlerin Merkel einberufenen Landwirtschaftsgipfels protestierte PROVIEH gemeinsam mit acht weiteren Tierschutzverbänden am 02. Dezember 2019 vor dem Bundeskanzleramt gegen die geplante Neuregelung der Sauenhaltung. Parallel zum Landwirtschaftsgipfel wurde der entsprechende Verordnungsentwurf im Bundesrats-Agrarausschuss behandelt.

Erster Erfolg!

Einen ersten Erfolg konnten wir verbuchen. Denn durch unseren gemeinsamen Protest in Form von Briefen, Gesprächen und Demonstrationen haben die Bundesländer so viele Änderungen in den Verordnungsentwurf eingebracht, dass dieser im neuen Jahr neu behandelt werden muss. Der Plan der Bundeslandwirtschaftsministerin, die Verordnungsänderung noch vor Weihnachten ohne viel Wirbel vom Bundesrat durchwinken zu lassen, ging also nicht auf. Dies verschafft uns noch ein wenig Zeit, die wir natürlich nutzen werden.

Wie geht es weiter?

Das Thema Kastenstand wird nun voraussichtlich am 27.01.2020 wieder auf der Tagesordnung des Agrarausschusses im Bundesrat stehen. Wir werden natürlich alles daransetzen, bis dahin eine Mehrheit für einen echten Ausstieg aus dem Kastenstand zu schaffen. Am 14.02.2020 wird dann das Plenum im Bundesrat über die Verordnungsänderung entscheiden.

Wir bleiben dran und freuen uns über Ihre Unterstützung.

#LasstdieSauraus!

Hintergrund

Das Leid der Muttersauen

Fast die Hälfte des Jahres verbringen Sauen in Deutschland in der Regel fixiert in Kastenständen. Diese sind häufig viel zu eng, so dass die Tiere ihre Gliedmaßen nicht zu den Seiten ausstrecken können. Junge Sauen müssen bereits über vier Wochen lang im Kastenstand verbringen, nachdem sie besamt wurden. Kurz vor der Geburt der Ferkel werden sie wieder eingesperrt. Sie können nur bewegungslos stehen oder liegen und sich nicht einmal umdrehen. Natürliche Verhaltensweisen wie Nestbau ist nicht möglich. Verhaltensstörungen wie das Leerwühlen oder Stangenbeißen sind die Folge. 

Bahnbrechendes Urteil: die Kastenstände sind zu eng

Ein bahnbrechendes Urteil sollte diesem Missstand endlich ein Ende setzen. Das sogenannte Magdeburger Urteil vom 24. November 2015 schaffte Rechtssicherheit über die Auslegung von § 24 der Nutztierhaltungsverordnung. Dieser besagt, dass „Kastenstände so beschaffen sein müssen, dass jedes Schwein ungehindert aufstehen, sich hinlegen sowie den Kopf und in Seitenlage die Gliedmaßen ausstrecken kann“ und dass deshalb der Umbau der Kastenstände unverzüglich und ohne langjährige Fristen erfolgen muss. 

Landwirtschaftsministerium versucht Gerichtsurteil zu untergraben

Um dieses Gerichtsurteil zu umgehen, soll nun einfach die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung geändert werden. Der neue Satz in der Verordnung lautet demnach, dass „Kastenstände so beschaffen sein müssen, dass das Schwein ungehindert aufstehen, sich in Seitenlage hinlegen und den Kopf ausstrecken kann“. Der Satzteil, dass Sauen ihre Gliedmaßen ausstrecken dürfen müssen, soll einfach gestrichen werden, um so die zu engen Kastenstände zu legalisieren.

Zwar dürfen die Sauen laut neuem Verordnungsentwurf nur noch wenige Tage statt mehrerer Wochen im Kastenstand eingesperrt bleiben. Dies gilt aber erst nach einer Übergangsfrist von 15 und im Härtefall sogar 17 Jahren. Damit wird nicht nur verhindert, dass Sauen ungestört in Seitenlage ruhen können, sondern auch die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes, keine weitere Übergangsfrist mehr einzuräumen, einfach ignoriert.

PROVIEH fordert den sofortigen Ausstieg aus dem Kastenstand. Wir kämpfen für eine artgemäße Tierhaltung, in der Muttersauen und andere Elterntiere ihren Nachwuchs angemessen umsorgen dürfen. Erfolgreiche Beispiele aus der Praxis gibt es hierfür zur Genüge. Mit Beratung und Förderung sollten die Landwirte hier vom Bund bei der Umstellung unterstützt werden.

Jasmin Zöllmer

06.12.2019

Fotos: © Albert-Schweitzer-Stitung

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