Überarbeitete Leitlinien für den Tierschutz im Pferdesport­


­­· Tierschutzverbände erfreut über zahlreiche Verbesserungen zum Tierwohl im Pferdesport
· Kritik an Ausnahme für Galopp- und Trabrennsport
 
PROVIEH, der Deutsche Tierschutzbund, der Bund gegen Missbrauch der Tiere, der Bundesverband Tierschutz, die Landestierschutzbeauftragten aus Baden‑Württemberg, Berlin, Brandenburg, Hessen, Niedersachsen, dem Saarland, Schleswig-Holstein und Sachsen‑Anhalt, die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz sowie die Vereinigung der Freizeitreiter und -fahrer in Deutschland begrüßen die überarbeiteten „Leitlinien für den Tierschutz im Pferdesport“, an der sie die letzten drei Jahre mitgewirkt haben.


Berlin, 05.10.2020: In den jetzt vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) veröffentlichten Leitlinien „Tierschutz im Pferdesport“ konnten elementare Anforderungen für einen besseren Schutz der Tiere konkretisiert und ergänzt werden. So konnte eine grundsätzliche Festlegung des Alters für den Beginn der disziplinbezogenen Ausbildung und den frühesten Turnierstart und eine tierschutzkonforme Haltung während der Ausbildung aufgenommen werden, genauso wie eine klare Ablehnung der Rollkur. Nicht alle Belange konnten abschließend geregelt werden, sollen aber zeitnah wissenschaftlich untersucht werden. Kritik üben die Verbände insbesondere aber daran, dass anders als in den Leitlinien vorgesehen, ausgerechnet für Trabrenn- und Galopprennpferde weiterhin kein Mindestalter der Pferde bei Trainings- und Einsatzbeginn vorgeschrieben sein soll.
 
„Die Mindeststandards der BMEL-Pferdesportleitlinie bieten eine wichtige Orientierungs- und Beurteilungshilfe, welche Anforderungen für Umgang, Haltung, Training und jegliche Nutzung von Pferden unter den Aspekten des Tierschutzes zu stellen sind. Diese gilt es nun weitreichend bekannt zu machen und in die Umsetzung zu bringen“, so die Verbände. Allerdings als tierschutzfachlich völlig inakzeptabel einzustufen ist die Ausnahme für Galopp- und Trabrennpferde hinsichtlich des frühestmöglichen Ausbildungs- und Einsatzbeginns, der laut Leitlinie für alle sonstigen Pferde bei 30 Monaten bzw. 36 Monaten liegen soll. Diese Ausnahme hat rein wirtschaftliche Gründe: Um auf den Rennbahnen international wettbewerbsfähig zu bleiben, wird das stark leistungsorientierte Training der Tiere aus Gründen des Profits seit Jahren über das Wohl der Tiere gestellt. Bekannt ist, dass im Rennsport-Bereiche mit einem erhöhten Risiko für Früh- und Spätschäden – etwa einer Veränderung der Knochenstabilität oder Knorpelschädigungen – bei den Pferden zu rechnen ist. Den Leitlinien konnten folglich keine objektiven wissenschaftlichen Erkenntnisse zu Grunde gelegt werden, die eine Ausnahme für die Trab- und Galopprennpferde rechtfertigen würden. Somit hat sich wieder bestätigt, dass Tierschutz im Rennsport keine prioritäre Rolle spielt.
 
Die Tierschutzverbände kritisieren, dass das BMEL nach einem langen und konstruktiven Prozess unter wissenschaftlicher Beteiligung seine neutrale Moderatorenrolle in der Schlussphase der Leitlinienerstellung verlassen und letztlich dem Willen der Rennsportverbände nachgegeben hat. Darauf haben die Verbände mit einem Differenzprotokoll zur Leitlinie reagiert.
 
Ein großer Erfolg ist, dass sich das BMEL in der Leitlinie dazu verpflichtet hat, zeitnah umfassende wissenschaftliche und praktische Untersuchungen zu initiieren und zu unterstützen, bei denen vor allem die Trainingsbedingungen, die Auswirkungen eines frühen Nutzungsbeginns, die Haltungsumwelt sowie die Durchführung der tierärztlichen Beurteilung der physischen und psychischen Belastbarkeit der betroffenen Pferde im Vordergrund stehen. Nach Abschluss der betreffenden Untersuchungen sollen die Leitlinien auf der Basis der erzielten Forschungsergebnisse nochmals überprüft werden. Damit ist die neue Leitlinie ein „lebendes Dokument“, welches einer kontinuierlichen Überprüfung auf Grundlage aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse unterliegt.

Beitrag teilen