Die mobile Schlachtbox: Die kleine Alternative zum großen Schlachthof

Wer Fleisch verzehrt, muss das Töten von Tieren akzeptieren. Konventionelle Großschlachthöfe stehen in der Kritik. Doch es geht auch dezentral: Bauern im Allgäu und in Baden Württemberg machen es mit der mobilen Schlachtbox vor. Die Schlachthöfe werden immer größer und zentralisierter, auch deshalb haben Tiertransporte deutlich zugenommen. Die unzureichenden Tierschutzvorgaben und die mangelnde Kontrolldichte werden von allen Tierschutzorganisationen kritisiert.  
Bei rationalisierten Schlachtbetrieben bleibt für eine Schlachtung nicht einmal eine Minute Zeit. Bei der Betäubung kommt es zu Fehlerquoten von 9 bis 12 Prozent. Hunderttausende Tiere werden also bei Bewusstsein gestochen und entblutet. Transport und Schlachthofumgebung bedeuten für alle Tiere Stress und Angst. Dies gilt noch mehr für Weiderinder, die die meiste Zeit im Herdenverband im Freien leben. Hier setzt die mobile Schlachtbox von Ernst Hermann Maier (Uria e.V.) an. Sie soll es erlauben, schonend mit dem Tier umzugehen. Und ohne Ausschüttung von Stress- und Angsthormonen ist das Fleisch hochwertiger und bekömmlicher.  

Grafik über die Funktion der Schlachtbox

Die Schlachtbox ist der mobile Teil einer EU-zugelassenen Schlachtstätte. Sie ist hinten an der Traktorhydraulik angebaut. Das Schlachttier wird in seiner gewohnten Umgebung, auf der Weide, mit einem Kopfschuss betäubt, der um ein Vielfaches stärker und präziser wirkt als der sonst übliche Bolzenschuss. Die Herdenmitglieder reagieren auf den Schuss mit schallgedämpfter Kugel-Langwaffe kaum oder gar nicht. Durch den Schuss sackt das Tier bewusstlos zusammen und wird nach Kontrolle der Vitalzeichen mittels hydraulischer Winden in die Schlachtbox gehoben. Mit einem Stechmesser werden anschließend die beiden Halsschlagadern geöffnet. Der Transport zum Verarbeitungsbetrieb erfolgt in der geschlossenen Box innerhalb einer Stunde. Nach mehr als 20 Jahren Tüfteln und vielen Auseinandersetzungen mit den Behörden hat Herr Maier die Zulassung für sein Verfahren erhalten.  

Ganzjährig im Freien gehaltene Rinder dürfen seit 2011 auf der Weide geschlachtet werden (§ 12 Tier-LMHV). Jedoch muss dies genehmigt werden und offiziell muss der Tierarzt anwesend sein. Mit der mobilen Schlachtbox könnten auch andere Rinder auf dem Hof und unter Beachtung der für jede gewerbliche Schlachtung gültigen Verordnungen betäubt und getötet werden. Für viele Fachbehörden ist dies allerdings Neuland und es ist noch viel Überzeugungsarbeit notwendig. Unterstützung erfährt diese Schlachtung ohne Lebendtiertransport nun auch von der Politik. Der neue Bayerische Koalitionsvertrag vermerkt ausdrücklich, dass künftig diese Alternativen gefördert werden sollen. 

Die mobile Schlachtbox soll keine Konkurrenz zu regionalen Schlachtbetrieben sein, die tierschutzkonform arbeiten, sondern solche Betriebe ergänzen und stärken. Deshalb unterstützt auch die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL)-Bayern das Projekt. „Unsere Tiere haben das Recht, dass sie bis zur letzten Sekunde würdevoll behandelt werden“ so Herbert Siegel, Regionalsprecher der AbL-Allgäu und im Vorstand des Schlachtvereins Weitnau-Missen-Buchenberg. Der Biobauer aus dem Oberallgäu hat als erster in Bayern bei Ernst Hermann Maier eine Schlachtbox für ca. 10.000 Euro bestellt. Im Sommer 2018 nutzen drei Bauern gemeinsam das Gerät. Momentan sind 30 Schlachtungen in diesem Jahr geplant. Immerhin – dank der Nachfrage nach Fleisch aus der Schlachtbox können es auch schnell mehr werden. Der Biohof Siegel bietet auch den Versand des Schlachtbox-Fleisches in Kühlboxen an. Als weiteres Qualitätsmerkmal werden auf dem Hof nur Kälber aus muttergebundener Haltung aufgezogen.  

Weitere Infos: Tel. 08320 / 512 
http://www.biohof-siegel.de/ 

Originalfassung des Textes: Fleischatlas Regional der Heinrich-Böll-Stiftung als bayerischer Beitrag der Petra-Kelly-Stiftung und der AbL-Bayern, 2015, mehrfach aktualisiert.  


Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft e. V. (AbL) ist eine bäuerliche Interessenvertretung, die seit 1983 für eine sozial- und umweltverträgliche Landwirtschaft eintritt. Der Landesverband Bayern hat sich im Jahr 2001 gegründet. In der AbL haben sich sowohl konventionell als auch ökologisch wirtschaftende Bäuerinnen und Bauern zusammengeschlossen, die unabhängig von ihrer derzeitigen Betriebsgröße und -organisation, den weiteren Weg in eine industrielle Landwirtschaft nicht mitgehen wollen. 
Die AbL steht für bodengebundene, artgerechte Tierhaltung in überschaubaren Beständen anstelle von Hochleistungstieren mit kurzer Nutzungsdauer. Das Tier darf nicht nur „Produktionsfaktor“ sein, es ist Mitgeschöpf und sein Wohl liegt in unser aller Verantwortung. Bereits 1988 hat die AbL das Markenfleischprogramm „Neuland“ für besonders artgerechte Tierhaltung mitgegründet.
Zu unseren Mitgliedern zählen auch Menschen, die sich als Verbraucher, Umwelt- oder Tierschützer für den Erhalt einer bäuerlichen Landwirtschaft einsetzen. 

Wir freuen uns über neue Mitglieder!  

Mehr Infos: www.abl-bayern.info  
Kontakt und Bestellung der Infobroschüre zur Schlachtbox:  
Landesgeschäftsstelle AbL Bayern, Andrea Elisabeth Eiter,  
E-Mail: abl-bayern@web.de  


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