Die Große Koalition und Tierschutz:
Wo bleibt der Umbau der Tierhaltung?
Der Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD steht. Echte Verbesserungen in der Tierhaltung? – Fehlanzeige. Anstatt Landwirte mit gezielter Förderung beim erforderlichen Umbau der Tierhaltung zu unterstützen und so die Tierhaltung endlich zukunftsfähig zu machen, wird an längst überfälligen Symptomen herumgedoktert.
Tierwohllabel statt gesetzlicher Haltungskennzeichnung
Die Große Koalition hätte die Möglichkeit, eine flächendeckende, verständliche Kennzeichnung der Haltungsbedingungen beim Fleisch einzuführen und damit endlich Transparenz zu schaffen. Stattdessen wird ein Label als Erfolg gefeiert, das sowieso gekommen wäre. Das staatliche Tierwohllabel ist freiwillig, damit unverbindlich und deckt ungenügende Haltungssysteme. Das Label wird bereits vergeben, wenn lediglich die gesetzlich geltenden Vorschriften erfüllt werden.
Eine gesetzlich verpflichtende Haltungskennzeichnung für Fleisch und Milchprodukte in Anlehnung an die Eierkennzeichnung ist und bleibt der einzige Weg, um Tierhaltung flächendeckend transparent für den Konsumenten zu gestalten.
Töten der Eintagsküken verlängert bis Ende 2019
Bis Ende 2019 dürfen Millionen Eintagsküken weiterhin direkt nach dem Schlüpfen getötet werden. Die Problematik der männlichen Wegwerfküken ist seit Jahrzehnten hinlänglich bekannt. Seit fünf Jahren wird vermehrt über technische Lösungen zur Bestimmung des Kükengeschlechts am Ei diskutiert. Das Bundeslandwirtschaftsministerium, so wie die deutsche Geflügelindustrie, geht davon aus, dass die Geschlechtsbestimmung zum Ende dieses Jahres einsatzbereit ist. Trotzdem bleibt das Töten bis Ende 2019 erlaubt! Echte Lösungsansätze gegen die einseitige Zucht auf Hochleistung, wie die Förderung des robusten Zweinutzungshuhns, bleiben unangetastet.
Umbau der Tierhaltung ohne Finanzierung nicht möglich
Zwar wurde das Ziel formuliert, auf nicht-kurative Eingriffe (zum Beispiel das Enthornen) zu verzichten, aber ohne verbindliche Ausstiegs-Szenarien mit Zeitplan und gezielter Förderung werden längst verbotene Praktiken, wie das Kupieren des Ringelschwanzes beim Schwein, jedoch kaum beendet werden. Drei bis fünf Milliarden Euro pro Jahr kostet der Umbau der Tierhaltung laut des wissenschaftlichen Beirats des Bundeslandwirtschaftsministeriums. Die GroKo möchte für die gesamten vier Jahre für Landwirtschaft und ländliche Räume jedoch nur insgesamt 1,5 Milliarden Euro ausgeben.
Grundlage für eine neue Tierschutzpolitik muss die Erarbeitung und Einführung eines nationalen Tierschutzplans mit gezielten Förderungsmaßnahmen für die Umstellung auf tierfreundlichere Haltungssysteme sein. Dieser soll unabhängig von Legislaturperioden und aktuell gewählten Parteien langfristig ein verbindliches Leitbild für deutlich mehr Tierschutz bieten.
09.02.2018
Stefanie Pöpken und Jasmin Zöllmer