Welche Tierwohlabgabe für den Tierschutz?

Der Umbau der Tierhaltung will gut durchdacht sein

Mögliche Instrumente rund um die landwirtschaftliche Tierhaltung, die zu Verbesserungen für das Klima, die Umwelt wie auch im Tierschutz führen, werden mit wachsender Intensität diskutiert.  

Die Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) stellte die Notwendigkeit eines Umbaus der Tierhaltung klar heraus. Auch die Bürger:innen in Deutschland haben sich klar positioniert. Rund 90 Prozent und damit eine überragende Mehrheit will mehr Tierschutz für landwirtschaftlich gehaltene Tiere. Politisch ist bislang nur für Schweine etwas durch die staatliche Haltungskennzeichnung angeschoben worden.

Allein dafür wurde eine Milliarde zur Verfügung gestellt. Für einen alle Tierarten umfassenden Umbau der Nutztierhaltung müsste ein stabiles Finanzierungsmodell bestehen. Diskutiert wurden als sogenannte Tierwohlabgaben bisher der Tierwohl-Cent und eine Mehrwertsteuererhöhung auf tierische Produkte.  

Tierwohl-Cent versus Mehrwertsteuererhöhung 

Schweine im Stall mit Stroh
Mehr Platz und mehr Tierwohl gibt es nicht umsonst © Foto: U.J.Alexander/stock-adobe.com

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir hatte bereits Eckwerte für ein „Finanzierungmodell Tierwohl-Cent“ vorgelegt. Dieses wurde von der ZKl ins Gespräch gebracht und umfangreiche Rechenmodelle erstellt. In Form einer mengenbezogenen geringfügigen Steuer auf Fleischerzeugnisse (circa 10-40 Cent pro Kilogramm) könnten Förderprogramme eine Verbesserung der Lebensbedingungen von Rind, Schwein, Huhn und Co längerfristig absichern. So könnten auch kleine und mittelständische Betriebe, anstatt aufgeben zu müssen, wieder neue Zukunftsperspektiven sehen und zugunsten von Tierschutz, Nachhaltigkeit und Regionalität investieren. Statt reiner Hochleistung könnten innovative Ansätze im Vordergrund stehen.

Und anstelle des Prinzips „Wachsen oder Weichen“ könnten Höfe, die nachhaltig wirtschaften, auf „Wertschätzung und Wertschöpfung“ setzen. Derzeit ist es um den Tierwohl-Cent allerdings wieder still geworden. Parallel zum Tierwohl-Cent wurde die Anpassung der Mehrwertsteuer im Lebensmittelsektor als möglicher Hebel für eine Tierwohlförderung diskutiert.

Dazu passend bringt eine aktuelle Veröffentlichung diese Maßnahme erneut in den Focus und hebt hervor, dass sich. Ihr Ansatz: Durch eine Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes auf tierische und eine Senkung für pflanzliche Lebensmittel würden sich positive Effekte für die menschliche Gesundheit, die Umwelt sowie die Wirtschaft ergeben. In den letzten Jahren ist der Fokus ohnehin schon vermehrt auf eine Anpassung der Ernährungsgewohnheiten gerichtet worden. Langfristig sollen weniger tierische und mehr pflanzliche Lebensmittel konsumiert werden. So würde unter anderem die Freisetzung von Treibhausgas-Emissionen aus der Tierhaltung reduziert werden. Auch die Tierzahlen in der Landwirtschaft sollen mittelfristig vor diesem Hintergrund gesenkt werden. 

Eine Frau kauft eine Packung Fleisch im Kühlregal eines Supermarktes
Eine faire Besteuerung für gute Haltungsbedingungen ist wichtig für die Entscheidung am Fleischregal. Foto: © Lado2016/stock-adobe.com

Die Steuer-Mehreinnahmen aus der Mehrwertsteuererhöhung dürften allerdings nicht zweckgebunden genutzt werden, sondern würden zunächst in den Bundeshaushalt fließen. Im Gegensatz zum Tierwohl-Cent wäre es somit fraglich, inwieweit auf diese Weise generierte Gelder in Fördermaßnahmen fließen würden, die speziell das Leben der Tiere in der Landwirtschaft verbessern. PROVIEH sieht außerdem kritisch, dass es bei einer gleichmäßig hohen Besteuerung von Milch, Fleisch und Co indirekt zu einer Bestrafung von Betrieben käme, die ihren Tieren entsprechend der freiwilligen Haltungskennzeichnung des Handels mehr Platz, Luft und Freilauf bieten (Haltungsform 3 und 4) und ggf. noch Biorichtlinien einzuhalten hätten (Haltungsform 5). Da es Tierwohl nicht umsonst gibt, haben Produkte aus höheren Haltungsstufen ihren Preis.

Durch eine gleichmäßige Besteuerung aller tierischen Produkte würde die Preisspanne zwischen den Haltungsstufen weiterwachsen und viele Verbraucher:innen müssten notgedrungen zu günstigeren Produkten der (Haltungsstufen 1 und 2) greifen. Eine Anpassung der Mehrwertsteuer würde zwar grundsätzlich den positiven Effekt haben, dass mehr pflanzliche und weniger tierische Produkte konsumiert werden. Gleichzeitig besteht aber die Gefahr, dass Produkte aus höheren Haltungsstufen und somit besseren Lebensbedingungen für die Tiere zum Ladenhüter werden. Hier müsste sichergestellt sein, dass die generierten Gelder tatsächlich den Landwirt:innen zugutekommen, die ihre Tierhaltung auf Stufe 3 und höher umgestellt haben oder umstellen wollen.  

PROVIEH hat sich dazu bereits vielfach positioniert: 

Eine Tierwohlabgabe muss direkt den Tieren zugutekommen. Nur so könnte neben dem Rückgang des Konsums tierischer Produkte gleichzeitig der Umbau der Tierhaltung finanziert werden und höhere Haltungsformen davon profitieren.  

Wir werden die weiteren Entwicklungen kritisch verfolgen. 

Kathrin Kofent 

19.02.2025  


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