EU-MERCOSUR Abkommen unterzeichnet

Gegenmaßnahmen für den Tierschutz erforderlich! 

Nach jahrzehntelangen Verhandlungen kam es kürzlich zu einer Einigung bei einem Handelsabkommen zwischen den MERCOSUR-Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay und der Europäischen Union (EU).

MERKOSUR = Milchmädchenrechnung für den Tierschutz  

Bereits 2020 hatte PROVIEH sich gemeinsam mit über 50 anderen Organisation ausdrücklich gegen dieses Abkommen ausgesprochen. Ebenso protestierten bis zuletzt europaweit zahlreiche Landwirt:innen gegen MERCOSUR. Befürchtet werden unter anderem Wettbewerbsnachteile aufgrund niedrigerer Tierschutzstandards und damit günstigerer Produktionskosten in Lateinamerika. Auf der Homepage des Bundesministeriums für Verkehr und Klimaschutz heißt es dazu „In der Summe ist die Tierhaltung in Europa keinesfalls gefährdet.“ Übersetzt heißt es aber wohl eher, dass der Preisdruck auf tierhaltende Betriebe innerhalb der EU noch weiter wachsen könnte. Bekanntlich bedeutete dies in der Vergangenheit für die landwirtschaftlichen Betriebe stets „wachse oder weiche“. Das heißt kleine und mittelständische Familienbetriebe wären zur Aufstockung der Tierbestände und Intensivierung oder eben zur Aufgabe gezwungen. Eine Zunahme von industriellen Massenbetrieben sowie das Abwandern ins Ausland würden weiter gefördert.   

Politik gefragt: gegensteuern – jetzt! 

Es bleibt zu hoffen, dass Strategien zur Abfederung dieser negativen „Begleiterscheinungen“ zeitnah umgesetzt werden. Landwirt:innen benötigen jetzt einmal mehr Planungssicherheit, angemessene Preise für tierischen Produkte sowie leicht zugängliche langfristige Fördergelder. Durch dieses Gesamtpaket könnten Höfe überleben und bestehende Tierschutzstandards gehalten werden. Für eine von der Mehrheit der deutschen wie europäischen Bevölkerung geforderte Verbesserung landwirtschaftlicher Tierhaltungen sieht PROVIEH ganz klar die Politik in der Pflicht. Tierwohl muss sichtbar werden, damit Verbraucher:innen sich bewusst entscheiden können. Für ihr Konsumverhalten benötigen sie deshalb Unterstützung in Form einer klar verständlichen und übersichtlichen Kategorisierung von Tierwohl.  

Müder Auftakt Tierwohlkennzeichnung 

Hier setzt die verpflichtende staatliche Tierwohlkennzeichnung mit ihren 5 Tierwohlstufen Stall, Stall+Platz, Frischluftstall, Auslauf/Weide und Bio an. Bislang eingeführt wurde die Kennzeichnung aber lediglich für Schweinefleisch. Für Rindfleisch hatte das Bundesministerium kürzlich einen ersten Entwurf vorgelegt. Bis zu einer idealen Umsetzung sowie den Einbezug aller Tierarten inklusive den Bereichen Zucht und Aufzucht ist es noch ein langer Weg. Insbesondere müssen als verlässliche Planungsbasis für die Tierhalter:innen und Referenzgröße für die Kennzeichnung gesetzliche Mindestanforderungen für bislang nicht berücksichtigte Tierarten und -gruppen festgelegt werden. Eine Aufnahme von Mastrindern, Milchkühen, Enten, Puten, etc. in die Tierschutznutztierhaltungsverordnung ist somit dringend und schnellstmöglich erforderlich.  

Die Macht der Lebensmittelkonzerne 

Einige Schritte schneller und weiter ist bereits der Lebensmitteleinzelhandel (LEH). Welche Macht und welche Möglichkeiten zur Förderung des Tierwohls hier liegen, zeigte sich in der erfolgreichen Einführung der freiwilligen Tierwohlkennzeichnung im April 2019. ALDI Nord, ALDI SÜD, EDEKA, Kaufland, LIDL, Netto Marken-Discount, PENNY und REWE kennzeichnen tierische Lebensmittel wie Frischfleisch sowie gewürztes/mariniertes Fleisch (von Huhn, Pute, Ente, Rind, Schwein und Kaninchen), Tiefkühlware, Milch und Milchprodukte mit den Haltungsformen 1 bis 4. Im Juli 2024 erfolgte die Angleichung an die fünfstufige staatliche Kennzeichnung durch die zusätzliche Haltungsform 5 für Produkte aus biologischer Erzeugung.  

Hier finden Sie eine Übersicht der Vorgaben und eine zu den Siegeln

Tierschutz als Chance 

Es kann nicht oft genug wiederholt werden: Für eine bessere Tierhaltung müssen auch die entsprechenden Preise gezahlt werden und bei den Tierhalter:innen ankommen, damit eine möglichst umfangreiche Verbesserung umgesetzt werden kann. Zudem müssen getätigte Investitionen auch langfristig abgedeckt werden. Hier reichen die vom LEH bislang bezahlten Preise nicht aus und es fehlen langfristige Verträge. Grundsätzlich kann durch die Schaffung eines Alleinstellungsmerkmales-Tierschutz auf nationaler und EU-Ebene eine außerordentlich nützliche Abgrenzung zu Importen aus Drittländern erfolgen. Je stärker dabei das Fundament und damit die Argumente für höherpreisige Tierschutzprodukte gegossen werden, umso stabiler wird das „Gebäude“ landwirtschaftliche Tierhaltung in Europa sein.  

Kathrin Kofent 

19.12.2024

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