Ausstieg aus dem Kastenstand – Konzept für Ende der Käfighaltung von Sauen

Ausstieg aus dem Kastenstand – Zwölf Tierschutzorganisationen legen Konzept für Ende der Käfighaltung von Sauen vor

Gemeinsam mit elf weiteren Tierschutzorganisationen hat PROVIEH einen Vorschlag erarbeitet, wie Kastenstände für Sauen in Deutschland innerhalb weniger Jahre komplett abgeschafft werden können. Unter dem Titel »Sauenhaltung in Deutschland – Handlungsmöglichkeiten aus Sicht des Tierschutzes« zeigen die die Organisationen Schritte für einen sofortigen Umbau des Systems Kastenstand auf, hin zu einer für die Sauen weniger leidvollen Gruppenhaltung.

Mit dem Papier wollen die Tierschutzorganisationen einen konstruktiven Beitrag zur aktuellen Debatte um die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung leisten. Ihre Position ist dabei klar: Kastenstände sind tierschutz- und verfassungswidrig und müssen abgeschafft werden. Es kann aus Sicht des Tierschutzes keinen akzeptablen Kompromiss zwischen den Bundesländern geben, der lediglich Fixierungszeiten verkürzt und Kastenstandsbreiten anpasst.

 „Die Sau muss endlich raus aus dem Käfig!“, sagt Jasmin Zöllmer, politische Leitung bei PROVIEH. „Die Zeit ist längst reif für einen echten Ausstieg aus der Käfighaltung, auch bei den Sauen. Planungssicherheit für Landwirte gibt es außerdem nur, wenn jetzt zukunftsfähig umgebaut wird, und hierbei die arteigenen Bedürfnisse der Sauen berücksichtigt werden – mit dem Kastenstand ist dies nicht vereinbar. Beim Umbau hin zur Gruppenhaltung und freien Abferkelung müssen die Landwirte unbedingt finanziell unterstützt werden. Keinesfalls jedoch dürfen Fördergelder in das bestehende System gegeben werden, nur um Kastenstände breiter zu machen.“

Die Kernpunkte der Handlungsmöglichkeiten

Nach Vorstellung der Tierschutzverbände sollen zunächst alle Betriebe im Deckbereich nach Abschluss von zwei Jahren auf die Gruppenhaltung – ohne jeglichen Kastenstand – umgestellt haben. Dabei sollen die Sauenhalter*innen innerhalb der ersten sechs Monate ein Umbaukonzept und innerhalb des ersten Jahres einen Bauantrag vorlegen. Die maximale Fördermöglichkeit sollten diejenigen Betriebe erhalten, die noch vor Ablauf der Frist von einem Jahr einen Bauantrag einreichen.

Nach spätestens fünf Jahren müssen alle Betriebe auch auf freie Abferkelsysteme umgestellt haben. Hier ist nach zwei Jahren ein Umbaukonzept und nach einem weiteren Jahr ein Bauantrag vorzulegen. Die maximale Fördermöglichkeit sollten diejenigen Betriebe erhalten, die noch vor Ablauf der Frist von drei Jahren einen Bauantrag eingereicht haben.

Bis der Umbau wie beschrieben vollzogen wurde, müssen die seit 1992 geltenden Mindestanforderungen umgesetzt werden, die bis heute systematisch ignoriert werden. Die Sauenhalter*innen sollen, um die Mindeststandards zu erfüllen, die Kastenstände im Deckbereich öffnen und den Bereich hinter den Kastenständen für die Tiere nutzbar machen oder einen anderen Umstallungsrhythmus wählen.

Um den raschen Systemwechsel zu ermöglichen sollten die Sauenhalter*innen entsprechende finanzielle Unterstützung erhalten. Neben bereits existierenden Fördermöglichkeiten schlagen die Tierschutzorganisationen drei weitere Finanzierungsinstrumente vor: Sonderabgaben auf Produkte tierischen Ursprungs, eine Neuregelung der Mehrwertsteuer auf pflanzliche und tierische Produkte sowie eine Umschichtung der Fördergelder aus dem Budget der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) von der ersten in die zweite Säule. Fördergelder darf es allerdings nur für tierschutzfachlich einwandfreie Um- und Neubauten ohne jeglichen Kastenstand geben und nicht zum Beispiel für die Verbreiterung von Kastenständen. 

Neben der Finanzierung bedarf es dringender Anpassungen im Baurecht. Darüber hinaus müssen Genehmigungsverfahren stark vereinfacht und beschleunigt werden, wenn die Baumaßnahmen nicht mit einer Bestandsaufstockung einhergehen. Ebenfalls braucht es ein zuverlässiges Kontrollkonzept, um die Einhaltung der Vorgaben zu überwachen und gegebenenfalls Sanktionen zu verhängen. Im Tierschutz ist das Kontrollsystem extrem mangelhaft, so dass hier großer Nachholbedarf besteht.

Das Papier »Sauenhaltung in Deutschland – Handlungsmöglichkeiten aus Sicht des Tierschutzes« finden Sie hier.

Das Papier haben gemeinsam erarbeitet:

Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt
Bundesverband Tierschutz e. V.
Bund gegen den Missbrauch der Tiere e. V.
Compassion in World Farming
Deutsche juristische Gesellschaft für Tierschutzrecht e. V.
Deutscher Naturschutzring
Deutscher Tierschutzbund
mensch fair tier
Menschen für Tierrechte – Bundesverband der Tierversuchsgegner e. V.
PROVIEH e. V.
Tierschutzverein für Berlin e. V.
VIER PFOTEN – Stiftung für Tierschutz

Hintergrund

Fast die Hälfte des Jahres verbringen Sauen in Deutschland in der Regel fixiert in Kastenständen. Diese sind häufig viel zu eng, so dass die Tiere ihre Gliedmaßen nicht zu den Seiten ausstrecken können. Junge Sauen müssen bereits über vier Wochen lang im Kastenstand verbringen, nachdem sie besamt wurden. Kurz vor der Geburt der Ferkel werden sie wieder eingesperrt. Sie können nur bewegungslos stehen oder liegen und sich nicht einmal umdrehen. Natürliche Verhaltensweisen wie Nestbau oder Wühlen sind nicht möglich. Verhaltensstörungen wie das Leerwühlen oder Stangenbeißen sind die Folge. PROVIEH lehnt die Haltung von Sauen im Kastenstand und Ferkelschutzkorb strikt ab.

Hier finden Sie unsere bisherigen Aktivitäten zum Kastenstand sowie die Kampagne „Lasst die Sau raus“.

Pressemitteilung, Berlin, 22. Juni 2020 


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