Die Kupferhalsziege

Im Herbst 2006 erhielt die schweizerische Stiftung ProSpecieRara eine E-Mail, die auf eine ungewöhnliche Ziege aufmerksam machte. Möglicherweise rettete diese E-Mail eine alte, kaum bekannte Ziegenrasse vor dem Aussterben – die Kupferhalsziege.

Eine unbekannte schweizerische Schönheit

Die Kupferhalsziege © unsplash

Die Kupferhalsziege sieht der Walliser Schwarzhalsziege sehr ähnlich, nur dass der Vorderkörper nicht schwarz, sondern hell kupferfarben ist. ProSpecieRara forschte nach und fand in historischen Büchern und nach Auskünften von alten Ziegenzüchtern heraus, dass es schon vor mehr als 100 Jahren immer wieder Kupferhalsziegen in den Beständen der Schwarzhalsziegen gegeben hat. Diese Individuen wurden von den Walliser Züchtern aber immer zu den Schwarzhalsziegen gezählt, weil sie das andersfarbiges Haarkleid für einen Farbfehler hielten oder meinten, dass das Haarkleid von der intensiven Alpensonne ausgeblichen war. Die vermeintlich fehlgefärbten Tiere passten also nicht ins Muster des offiziellen Rassestandards und hatten deshalb keine Chance, ins Zuchtbuch aufgenommen zu werden. Damit waren sie für Züchter uninteressant und landeten oftmals bereits als Ziegenkitz beim Metzger.

Doch die Kupferhalsziege ist eine eigenständige Rasse, vermutlich ein uralter Schlag der Walliser Rasse. Dies fand das Institut für Gentechnik der Universität Bern heraus, als sie ein bisher unbekanntes Gen isolieren konnte, das unter anderem für die Kupferfärbung verantwortlich ist. Fälschlicherweise dachte man bisher, das Gen für die Kupferfarbe sei rezessiv gegenüber dem Gen für die schwarze Farbe, so dass sich bei mischerbigen Tieren die Farbe schwarz durchsetzt. Doch das war ein Irrtum. Heute gilt als bewiesen, dass es sich genau anderes herum verhält: Das Gen für die Kupferfarbe ist dominant gegenüber dem für schwarz. Die allermeisten Kupferhalsziegen tragen heute höchstwahrscheinlich beide Farbgene, sind in dieser Hinsicht also mischerbig und trotzdem immer kupferfarben. Die Dominanz des Kupfer-Gens erklärt auch, warum es wegen einer Mutation immer wieder Tiere in diesem Farbton gegeben hat, obwohl sie in der Regel aus der Zucht „aussortiert“ wurden.

Die Rasse erhalten

Die Kupferhalsziege © Wikipedia

Im Frühjahr 2007 startete ProSpecieRara das Zuchterhaltungsprogramm mit nur 28 Kupferhalsziegen, die die Stiftung in der gesamten Schweiz ausfindig machen konnte, vor allem im Kanton Wallis. Es wurde ein gezieltes Zuchtprogramm auf die Beine gestellt, das vor allem Inzuchtprobleme verhindern sollte, also den Verlust von genetischer Vielfalt. Zu diesem Zweck arbeiteten alle Höfe, auf denen Kupferhalsziegen gehalten wurden, eng zusammen. So wird im Zuchtprogramm streng auf die Vermeidung von zu viel Inzucht geachtet, indem nahe Verwandte möglichst nicht miteinander gepaart werden, sondern höchstens entfernte Verwandte.

Das Zuchterhaltungsprogramm ist ein großer Erfolg, denn in den letzten acht Jahren hat sich der Bestand rund verzwölffacht. In diesem Jahr leben wieder 349 Kupferhalsziegen (123 Böcke und 226 Ziegen inklusiver der Jungtiere aus 2014) auf 30 Höfen in der Schweiz. Trotzdem gehört die Kupferhalsziege noch immer zu den am stärksten bedrohten Nutztierrassen in der Schweiz, so dass alle weiteren Züchter hochwillkommen sind. Für die Vergrößerung des Genpools sind Tiere, die neu zu dem Projekt stoßen, natürlich ein großer Glücksfall. ProSpecieRara bittet deshalb darum, die Augen nach Kupferhalsziegen immer offen zu halten. Auch in Deutschland leben mittlerweile einige dieser schönen Tiere. Um Sympathie für die Kupferhalsziege zu wecken, hat die Stiftung das Kinderbuch „Konrad Kupferhals“ herausgebracht, welches wir in diesem Heft vorstellen.  

Infobox

Kupferhalsziegen besitzen ein langes, zweifarbiges Haarkleid, wobei die vordere kupferfarbige Körperhälfte durch eine scharfe Linie von der weißen hinteren Körperhälfte getrennt ist. Beide Geschlechter tragen kräftige Hörner und Bärte. Die Widerristhöhen der Ziegen liegen bei 75 Zentimeter und die der Böcke bei 85 Zentimeter. Ziegen wiegen etwa 55 Kilogramm, während Böcke bis zu 75 Kilogramm auf die Waage bringen können.

Christina Petersen