Schwäbisch-Hällisches Landschwein

Das Schwäbisch-Hällische Landschwein, auch Schwäbisch-Hällisches Schwein oder umgangssprachlich Hällisch-Fränkisches Landschwein genannt, gehört zu den alten Hausschweinerassen. Es stammt aus dem Nordosten Baden-Württembergs, insbesondere aus der Region Hohenlohe um das namensgebende Schwäbisch Hall.

Herkunft

Bis ins 18. Jahrhundert wurden in Europa nur domestizierte Nachfahren des Wildschweins (Sus scrofa scrofa) als Hausschweine gehalten. Dies änderte sich, als der württembergische König Wilhelm I. um 1820 chinesische Maskenschweine (Sus scrofa vittatus) importierte und zur Verbesserung der Schweinezucht einsetzte. Tatsächlich haben alle heute bekannten europäischen Sattelschweine, zu denen auch das Schwäbisch-Hällische (Sus scrofa domesticus) gehört, denselben Ursprung: Schweine aus der chinesischen Provinz Jinhua, einer Mittelgebirgsregion in Zentral-China, gelangten vermutlich über die Ost-Indische Handelskompanie von China zunächst nach England. Nach der Auflösung der Kontinentalsperre gegen Napoleon kamen diese Schweine schließlich nach Europa und Deutschland. So wurde auch das Schwäbisch-Hällische Schwein aus dem chinesischen Jinhua-Schwein und dem seinerzeitigen Landschwein gezüchtet. Neben dem schwarzen Kopf und dem schwarzen Hinterteil ist auch die leicht gerunzelte Stirn heute noch ein gut erkennbares Merkmal, welches die chinesischen Maskenschweine den Schwäbisch-Hällischen vererbt haben. Bereits 1844 zählte das Schwäbisch-Hällische Schwein zu einer angesehenen Rasse, wie ein Auszug aus dem damaligen „landwirtschaftlichen Correspondenzblatt“ zeigt: „Das Hällische Land ist das Land der Schweine, denn nirgends versteht man sich auf Schweinemast und Schweinezucht so gut wie im Hällischen, nirgends sonst wird sie in der Ausdehnung getrieben und nirgends trifft man die eigentümliche vorzügliche Rasse von Schweinen an, welche der Hällische Bauer hat.“


Schwäbisch-Hällisches Ferkel © Adobe Stock

Steckbrief – Infobox

Die charakteristischsten Merkmale des Schwäbisch-Hällischen Schweins sind der schwarze Kopf und das schwarze Hinterteil sowie große Schlappohren. Durch einen Säumungsstreifen, auf dem weiße Haare auf der schwarz-pigmentierten Haut wachsen, ist die helle von der dunklen Haut klar abgegrenzt. Auch der Hals und die Hinterbeine sind schwarz, die Vorderbeine sind jedoch nicht pigmentiert.
Eber werden etwa 90 Zentimeter hoch und 275 bis 350 Kilogramm schwer. Sauen sind mit rund 80 Zentimetern etwas kleiner und wiegen 222 bis 275 Kilogramm.


Eigenschaften

Schwäbisch-Hällische Schweine gelten als besonders robust und stressresistent, langlebig, umgänglich und ausgesprochen fruchtbar. Bei der Zucht wurde gerade auf Letzteres sowie auf sehr gute Muttereigenschaften großen Wert gelegt und gezielt gefördert. So bemuttern und umsorgen die Sauen ihre Ferkel mit ausgesprochen großer Sorgfalt. Schwäbisch-Hällische Schweine eignen sich auch besonders gut für die Weide- und Hutehaltung und zur Eichelmast.

Bekannt ist das eigentümliche Landschwein auch wegen seiner guten Fleischqualität. Das Fleisch ist dunkelrot und marmoriert und schrumpft nicht in der Pfanne zusammen. Schwäbisch-Hällische zählen außerdem zu den „Fettschweinen“, das heißt ältere Tiere bilden einen dicken Rückenspeck aus, der sich zum Beispiel für die Herstellung von „Lardo“, einem gereiften fetten Speck, eignet. Durch einen Beschluss der EU-Kommission wurde 1998 der Begriff „Schwäbisch-Hällisches Qualitätsschweinefleisch“ sogar unter EU-weiten Schutz gestellt, vergleichbar mit dem Begriff „Parma-Schinken“. Das heißt, dass das Fleisch von Tieren stammen muss, die in festgelegten Regionen unter bestimmten Bedingungen aufgezogen, gemästet und geschlachtet wurden. „Schwäbisch-Hällisches Qualitätsschweinefleisch“ darf nur aus den Landkreisen Schwäbisch Hall, Hohenlohe, Ansbach, Main-Tauber, Rems-Murr und Ostalb stammen. Allerdings existiert noch eine Zucht in Reichenbach/Nahe, die im Falle einer ausbrechenden Seuche den Bestand schützen soll. Das Futter für die Tiere muss aus der Region stammen, gentechnikfrei sein und es dürfen keine Masthilfsstoffe eingesetzt werden.

Gefährdung

Während die Rassezucht der Schwäbisch-Hällischen Schweine im 18. Jahrhundert von großer Bedeutung war, wurde sie in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch wahllose Kreuzungen heruntergewirtschaftet. Anfang des 20. Jahrhunderts führte man die planmäßige Zucht jedoch wieder fort und 1925 wurde die erste Züchtervereinigung gegründet.

In den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts war die Blütezeit der Schwäbisch-Hällischen Schweine. Zu dieser Zeit betrug der Marktanteil der Rasse in Nort-Württemberg über 90 Prozent und im Landkreis Schwäbisch Hall sogar 99,2 Prozent. Doch schon in den 60er Jahren begann der Niedergang dieser Rasse. Der Wunsch der Verbraucher nach magererem Fleisch wurde immer größer und begann die als zu fett geltenden Schwäbisch-Hällischen Schweine zu verdrängen. Landwirte, die an der alten Landrasse festhielten, galten als rückständig und bekamen weniger Geld für das Fleisch dieser Tiere. Bereits 1969 wurde die Zuchtbuchführung auf Anordnung der Zuchtleitung in Stuttgart vollständig eingestellt. 1980 galt die Rasse sogar als ausgestorben. Dass die genetische Verarmung an „Nutz“tierpopulationen ein ökologisches und gesellschaftlich relevantes Problem darstellt, war damals kaum bekannt. Doch einige Bauern hielten mit kleinen Restbeständen an der vormals so geschätzten Landrasse fest. Sie stellten einige Schweine einer Körkommission vor, um möglichst reinrassige Tiere zum Aufbau einer neuen Zucht auszuwählen. 1984 wurden schließlich sechs Zuchtsauen aus zwei verschiedenen Betrieben als letzte noch existierende, reinrassige Schwäbisch-Hällische Schweine aus dem angestammten Zuchtgebiet ausgewählt und in ein neues Zuchtbuch aufgenommen. Es gab jedoch auch Widerstand von etablierten Schweinezüchtern der neuen „weißen Rasse“, die sich stark dafür einsetzten die Schwäbisch-Hällische Zucht nicht wiederzubeleben. Daraufhin wurde am 18. Januar 1986 ein eigener Zuchtverband für die neue alte Rasse gegründet.

Zu erneutem Ruhm gelangten die Hällischen Landschweine auf der Internationalen Grünen Woche in Berlin in den Jahren 1987 bis 1990, wo sie mehrmaliger Bundessieger für die beste Fleischqualität waren. Zudem stellte das Land Baden-Württemberg Prämien für die Erhaltung der alten Landrasse zur Verfügung. 1998 wurde die Bäuerliche Erzeugergemeinschaft Schwäbisch-Hall gegründet, die für die Vermarktung der Schweine zuständig ist. Für die Züchter und Halter richtete man 1990 einen eigenen Beratungsdienst am Landwirtschaftsamt in Schwäbisch Hall ein.

2018 waren 28 Eber und 388 Sauen der Schwäbisch-Hällischen Schweine im Herdbuch eingetragen. Die Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen stuft die Rasse in Kategorie II (stark gefährdet) ein.

Schwäbisch-Hällische Schweine werden heute überwiegend in Betrieben gehalten, die der Züchtervereinigung Schwäbisch-Hällisches Landschwein sowie dem Schweinezuchtverband Baden-Württemberg angeschlossen sind.

Christina Petersen