Das Walachenschaf
Mit ihren beeindruckenden korkenzieherartig gedrehten Hörnern wirken die Böcke des Walachenschafes sehr anmutig. Die „Walachen“, die auch als „mährische Zackelschafe“ bezeichnet werden, sollen ursprünglich ungefähr zu Beginn des 16. Jahrhunderts den Volkstamm der Walachen aus Südrumänien nach Tschechien begleitet haben. Dort wurde die Rasse in den mährischen Beskiden – einem Gebirgszug der Westbeskiden im Osten des Landes – überwiegend als Milchschaf aber auch wegen ihrer Wolle und des Fleisches genutzt.
Nutztier des Jahres
Die Rasse wurde von der Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen (GEH) zum Nutztier des Jahres 2022/2023 gekürt und wird in der Kategorie „Rassen aus anderen Ländern“ in der Roten Liste der GEH geführt.
Als Dreinutzungsrasse wurde sie noch im 20. Jahrhundert in Tschechien und in der Slowakei gehalten. In den 70er und 80er Jahren wurden zur Steigerung der Wirtschaftlichkeit in der damaligen Tschechoslowakei Milch- und Texelschafe eingekreuzt. Glücklicherweise blieben einige wenige Tiere in der Hohen Tatra, dem höchsten Teilgebirge der Karpaten, erhalten. Drei Initiativen zur Erhaltung alter Rassen – unter ihnen die GEH – brachten 1987 aus der Tschechoslowakei sechs Auen und zwei Böcke an vier Standorten in Deutschland unter. 2022 hielten 33 Halter:innen in sieben Bundesländern insgesamt rund 500 Tiere. Im Ursprungsland Tschechien existierten 1993 nur noch 30 reinrassige Walachenschafe. Dort hat sich der Bestand bis heute glücklicherweise mit rund 1.200 Zuchttieren stabilisiert. In Polen und der Slowakei sowie vermutlich auch in Rumänien und der Ukraine leben weitere Populationen.
Temperamentvolle „Teppichschafe“
Die Walachen werden als temperamentvoll, charakterstark und, ihrem Ursprung als Gebirgsrasse entsprechend, als eher scheu und wachsam beschrieben. Bei intensiver Betreuung können sie aber durchaus sehr zutraulich werden und finden ihren Einsatz beispielsweise in der tiergestützten Therapie. Heute sind die sehr wetterfesten, extrem genügsamen Schafe wertvolle Landschaftspfleger. Sie eignen sich für die ganzjährige Freilandhaltung, auch auf kargen Standorten. Aus ihrer groben Wolle werden beispielsweise Teppiche gefertigt.
Steckbrief:
Walachenschafe sind eine mittelgroße, feingliedrige Rasse. Die mischwollige Vliesfarbe mit grobem Deckhaar ist meistens weiß, aber auch schwarz und grau sind möglich. Der Kopf und die Beine sind häufig schwarz, grau, braun oder rot-braun getupft. Brillenbildung ist möglich. Die Böcke tragen die bis zu 50 Zentimeter langen, ganz typisch gedrehten weißen Hörner und haben einen ausgeprägten Kopf mit Ramsnase. Sie erreichen bei einer Schulterhöhe von 75 bis 80 Zentimetern ein Gewicht von 60 bis 75 Kilogramm. Die 65 bis 70 Zentimeter großen Auen wiegen zwischen 40 und 55 Kilogramm. Sie haben feinere, gerade bis nur leicht geramste Köpfe und kleinere Hörner als die Böcke. Es kommen sowohl behornte wie auch unbehornte Weibchen vor. Sie sind spätreif und lammen saisonal am Ende des zweiten Lebensjahres, meist im zeitigen Frühjahr. Ihnen werden leichte Lammungen und sehr gute Muttereigenschaften zugeschrieben. Zwillingsgeburten sind bei guter Futterversorgung möglich. Das ausgeprägte Euter mit den relativ großen Zitzen zeugt von der ursprünglichen Nutzung als Milchschaf.
Kathrin Kofent