Pustertaler Rind
Diese Rinderrasse wurde 1804 erstmals erwähnt. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis zum Ende des Ersten Weltkrieges waren die Pustertaler als die schwerste und eine der milchergiebigsten Rinderassen des Alpenraums bekannt. Es gab den schweren Talschlag und den leichten Bergschlag, der auf den bis über 1.400 Meter hoch gelegenen Höfen zu finden war. Charakteristisch waren bei beiden Schlägen stets zwei Farbvarianten, jedoch mit großer Bandbreite: rot oder schwarz, gescheckt (Schecken) oder gesprenkelt (Sprinzen) auf weißer Grundfarbe. Das Zweinutzungsrind wurde aufgrund seiner ausgezeichneten Fleisch- und Milchqualität sehr geschätzt und hatte einen guten Ruf während der Österreich-Ungarischen Monarchie. “Die Milch für Könige und Prinzen kommt von Pustertaler Spinzen”, lautet gar eine Aufzeichnung im Tiergarten des Wiener Schlosses Schönbrunn.
Das Pustertaler Rind hat sich aus einer roten Landrasse, dem schwarzbraunen Tuxer Rind und der silbergrauen Podolischen Rasse entwickelt. Um 1910 soll es noch rund 10.000 Tiere gegeben haben. Doch als die Zucht zugunsten ertragreicherer Rassen 1927 verboten wurde, brach der Bestand der Pustertaler Rinder dramatisch ein. Es wurden nur noch schwarzweiße Stiere zur Zucht zugelassen, obwohl über 90 Prozent der Rasse rotweiße Tiere waren. Nur einige wenige südtiroler Bauern hielten an den Pustertalern fest und sicherten so den Bestand. 1956 gab es lediglich noch 600 bis 1.000 Tiere. Ein weiteres Problem war die Einkreuzung von Rassen, die ein ähnliches Erscheinungsbild haben.
In den 80er Jahren wurde die GEH auf die dramatische Bestandssituation der Pustertaler Rinder aufmerksam. Auf 21 Betrieben ermittelte die Gesellschaft nur noch 84 Tiere mit 3 männlichen und 10 weiblichen Blutlinien. Ein Stier, der letzte Vertreter einer dieser Blutlinien, konnte gerade noch gerettet werden, als er bereits auf dem Weg zum Metzger war. Einige Tiere wurden nach Deutschland gebracht, um eine Erhaltungszucht aufzubauen. Erst 1998 erwachte in Österreich wieder das Interesse an den Pustertaler Rindern und die Zucht wurde staatlich gefördert. 2017 lag der Bestand an Herdbuchkühen in Deutschland bei 135 Kühen, im italienischen Südtirol bei 575 Tieren und in Österreich bei 923 Kühen.
Steckbrief: Heute werden Pustertaler meist als Fleischrinder in der Mutterkuhhaltung genutzt. Nur wenige Kühe werden gemolken. Bullen wiegen zwischen 650 und 1.200 Kilogramm, bei einer Widerristhöhe zwischen 130-155 Zentimeter. Kühe kommen auf 500 bis 900 Kilogramm, bei einer Widerristhöhe zwischen 125 bis 146 Zentimeter. Sie haben eine kräftige Statur mit auffallend langer Mittelhand, sind gut bemuskelt und robust. Die typische Farbzeichnung zeigt Schecken oder Sprinzen in schwarz oder braun mit einem weißen Band am Rücken und dem Bauch. Es gibt alle erdenklichen Übergänge zwischen den Farbverteilungsmustern bis hin zu rein weißen Tieren, die nur noch Färbungen an Ohren, Augenumrandung und dem Flotzmaul zeigen. Pustertaler Rinder gelten als sehr ruhig, neugierig, nervenstark und gutmütig gegenüber dem Menschen.
Christina Petersen