Deutsche Sperber
Ein Vogel mit Aufsehen erregendem Federkleid
Etwa um 1900 begann der bekannte Duisburger Geflügelzüchter Otto Trieloff mit der Zucht einer neuen Hühnerrasse. Sein Ziel waren Haushühner, die viele Eier legen und gutes Fleisch liefern, denn solche Landhühner waren zu der Zeit auf Bauernhöfen und in ländlichen Haushalten sehr gefragt. Für die Zucht des gewünschten leistungsstarken Wirtschaftshuhns kamen schwarze spanische Minorka, amerikanische gesperberte Plymouth Rocks, gestreifte Italiener, Graue Schotten und gesperberte Bergische Schlotterkämme aus Deutschland zum Einsatz.
Otto Trieloff gab der neuen Rasse den Namen „Rheinische Sperber“. Weil im Züchtungsergebnis aber schließlich die Minorka dominant hervortraten, benannte er sie in „Gesperberte Minorka“ um. Die neue Rasse mit dem auffällig gemusterten Federkleid war innerhalb kürzester Zeit in ganz Deutschland berühmt. Die Nachfrage nach den gesperberten Minorka stieg derart an, dass im Jahre 1907 ein Verein gegründet wurde, um die vielen begeisterten Züchter zu koordinieren. Hier konnten die Rassezüchter gezielt ihr Wissen und vor allem auch Zuchttiere austauschen. Im Jahr 1914 kreuzte Otto Trieloff in die Gesperberten Minorka nochmals Schlotterkämme ein. Aus dieser Verbindung ging ein widerstandsfähiges Landhuhn hervor. Dem Zeitgeist entsprechend sollte eine deutsche Züchtung auch einen deutschen Namen erhalten. Deshalb wurden mit Erlaubnis des Bundes Deutscher Geflügelzüchter im Jahre 1917 aus den „Gesperberten Minorka“ offiziell die „Deutschen Sperber“. Den Namen verdanken sie dem Greifvogel Sperber, der eine ähnlich gescheckte Brustmusterung besitzt.
Zeitgleich mit Otto Trieloff hatte der Dresdner Hühnerzüchter Anton Schneider mit der Entwicklung eines neuen „Gesperberten“ begonnen. Aus diesem Grund stritten die Geflügelzüchter landauf, landab lange darüber, wer der erste wirkliche Züchter des Deutschen Sperbers sei. Aus diesem Streit ging Trieloff schließlich als Sieger hervor. Seine Züchtung bestimmte von nun an das offizielle Zuchtziel: Ein Land- und Wirtschaftshuhn mit langem und breitem Rumpf und breiter, gewölbter Brust mit langem Brustbein.
Nach dem Krieg nicht mehr gefragt
Nach dem Zweiten Weltkrieg spezialisierte sich die Hühnerzucht immer mehr auf leistungsfähige Legehennen auf der einen und fleischige Masthühner auf der anderen Seite. Hühner, die sowohl für die Eier- als auch die Fleischversorgung gehalten wurden, verloren an Bedeutung. In den 1960er Jahren setzte sich die Hybridzucht durch. In der Hybridzucht zeigen nur die Hybridtiere die gewünschte Leistung. Bei den Nachkommen jedoch lässt die Leistung stark nach, weshalb sie wirtschaftlich uninteressant sind. Diese Entwicklung hinterließ auch bei den Beständen der Deutschen Sperber ihre Spuren. Immer mehr Züchter gaben die Sperberzucht auf und verließen den Zuchtverein. Damit verschwand das Huhn von den Züchterausstellungen und war schließlich in seiner Existenz gefährdet.
Eine Bestandserhebung im Jahr 2000 zählte nur noch 65 Hähne und 283 Hennen bei rund 40 Züchtern. Danach stieg das Interesse an den attraktiven Sperberhühnern wieder leicht an. Im Jahr 2009 hatte sich der Bestand fast verdoppelt und im Jahr 2016 wurden bereits wieder 188 Hähne und 880 Hennen gezählt. Über den Berg ist die Rasse damit noch lange nicht.
Der Deutsche Sperber – Steckbrief
Der Deutsche Sperber ist ein kräftiges und großes Landhuhn. Er kommt nur mit dem gesperberten Federkleid vor, erregt damit aber viel Aufsehen. Deutsche Sperber legen im Schnitt 180 Eier im Jahr und haben eine gute Fleischleistung. Sie können also zu Recht noch als Wirtschaftsrasse bezeichnet werden. Der Bruttrieb ist dabei eher gering ausgeprägt, außerdem fliegen sie nicht. Die lebhaften, recht zutraulichen Tiere sind bei großzügigem Auslauf gute Futtersucher.
Eine „gute Henne“ überzeugt durch ihre tief angesetzte Brust und ihren gut ausgebildeten Bauch. Sie bringt etwa 2 bis 2,5 Kilogramm auf die Waage, ein Hahn wiegt 2,5 bis 3 Kilogramm. 1980 wurden die Deutschen Sperber von der Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen (GEH e. V.) in die Rote Liste, unter der Kategorie II „stark gefährdet“, aufgenommen.
Susanne Aigner