Das Rauhwollige Pommersche Landschaf

Einst war diese sehr alte Schafrasse entlang der Ostseeküste weit verbreitet. Durch ihre lange Feuchtigkeit ableitende Oberwolle und ihr genügsames, robustes Naturell, war das Rauhwollige Pommersche Landschaf ideal an das dort vorherrschende raue Klima angepasst. Pommernschafe sind auf magerem Sandboden ebenso gut zu halten wie auf feuchten Moorwiesen. Vermutlich war die ursprüngliche Bezeichnung grau- und nicht rauhwolliges Landschaf. Die Wolle der Schafe lässt sich bei einem Ertrag von vier bis sechs Kilogramm sehr gut verarbeiten. Ursprünglich wurden Segeltuch und sogenannte Fischerjoppen, das sind wasserdichte Jacken für Fischer, aus ihr gefertigt, bis die feinere Merinowolle und andere Materialien sie ersetzten. Es wird angenommen, dass das Pommernschaf aus einer Kreuzung zwischen dem Hannoverschen Schaf und dem Zaupelschaf hervorging.

Tüderschafe

Pommersches-Landschaf und drei kleine Lämmer
Foto: © PROVIEH

Eine interessante Besonderheit der Pommernschafe war, dass sie früher selten in großen Herden gehalten wurden, sondern auf Büdnereien in kleinen Gruppen oder auch einzeln lebten. Büdnereien waren kleine ländliche Anwesen in Norddeutschland, vor allem in Mecklenburg, Pommern und Brandenburg. Die Büdner hatten ein eigenes Haus, aber nur ein kleines Stück Land. Somit war das „Tüdern“, also Anbinden der Schafe an einem Bodenpflock, üblich.

Ähnlich wie bei anderen Landrassen wurde das Pommernschaf ab Mitte des 19. Jahrhunderts durch andere Rassen wie Merinoschafe zusehends verdrängt. Die Zucht intensivierte sich Richtung edlere, feinwolligere Tiere. Darüber hinaus sollte zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Leistungsfähigkeit der Pommernschafe durch die Einkreuzung von Fleischschafen gesteigert werden. Daraus resultierte ein weiterer Rückgang sowie eine Konzentration auf die Küstenregionen, wo die Pommernschafe konkurrenzlos gut mit dem Klima als auch dem kargen Futterangebot auskamen.

Vom Stadtrandschaf zum Landschaftspfleger

Rauhwolliges Pommersches Landschaf und Lämmer auf einer Weide
Foto: © PROVIEH

Diese Genügsamkeit und die gute Futterverwertung gemeinsam mit ihrer ausgesprochenen Freundlichkeit Menschen gegenüber, verhalfen der Rasse dann nach dem Zweiten Weltkrieg zu einem „Comeback“. Als ehemalige „Tüderschafe“ der Büdner, die nun an den Stadträndern auf kleinstem Raum Fleisch, Milch, Wolle sowie Dünger für den Gemüsegarten liefern konnten, waren sie ideal. Mit der Industrialisierung der Landwirtschaft und der damit verbundenen Ernährungssicherung änderte sich dies aber bald wieder. Letztlich galt das Pommernschaf in den 1980er Jahren als stark vom Aussterben bedroht. Mit gerade einmal sieben Böcken und 46 Mutterschafen begann man mit dem Aufbau der Genreserve. Die Zucht konzentrierte sich auf den Inseln Rügen, Hiddensee und Ummanz. Heute „arbeiten“ zahlreiche Pommernschafherden als Landschaftspfleger. Durch ihre langen Beine, den raumgreifenden Gang und ihre harten, widerstandsfähigen Klauen sowie durch ihr schützendes Wollvlies sind sie ideal für diese Aufgabe geeignet. Heute sind die Pommernschafe als Schafrasse der Küstenregionen in Pommern, Mecklenburg, Ostpreußen, Schlesien und Polen verbreitet. Darüber hinaus gibt es Herden in Baden-Württemberg sowie bundesweit einzelne Tiere.

Steckbrief: Pommernschafe sind eine mittelgroße, genetisch hornlose Schafrasse mit langen, klaren Beinen. Ihr Vlies ist mischwollig. Die Lämmer werden schwarz mit einem sehr fein gelockten Fell geboren, welches immer weiter aufhellt und erst im Alter von etwa 13 Monaten die endgültige Farbe, meist nuancierende Grautöne, erreicht. Kopf und Gliedmaßen und der lange Schwanz bleiben schwarz. Einige Böcke entwickeln zudem imposante schwarze Mähnen. Zum Teil ziert ein schwarzer sogenannter Aalstrich den Rücken der Tiere. Die Muttertiere wiegen bei einer Größe von 60 bis 65 Zentimetern bis zu 60 Kilogramm. Die Böcke erreichen bei 70 Zentimeter Widerristhöhe zwischen 70 und 75 Kilogramm Gewicht.

Kathrin Kofent