Lebensmittelverschwendung
Noch vor einigen Jahrzehnten war Fleisch in Deutschland ein Luxusgut. Der Sonntagsbraten war etwas Besonderes und wurde bewusst gegessen, da man sich diesen nicht jeden Tag erlauben konnte. Das ist vorbei, seit wir uns täglich Billig-Fleisch aus industrieller Tierhaltung leisten können.
Heute werden in Deutschland täglich viele Rinder, Schweine und Hühner geschlachtet.
Gut zu wissen: In Deutschland landen über 18 Millionen Tonnen Lebensmittel pro Jahr in der Tonne. Etwa ein Drittel aller Lebensmittel werden in privaten Haushalten entsorgt. Besonders hoch ist der Anteil von Gemüse, Obst und Brot, aber auch Fleisch und andere tierische Produkte werden unbeachtet weggeschmissen. Bezieht man diese Zahlen auf die landwirtschaftliche Nutzfläche, so sieht man, dass jährlich 2,6 Millionen Hektar für die Produktion von Nahrungsmitteln verwendet werden, die niemand isst. Diese Fläche entspricht der Fläche von Mecklenburg-Vorpommern und dem Saarland zusammen.
Schätz mal!
Wie viel Prozent eines der geschlachteten Tiere landet in Deutschland in unserem Magen?
FLEISCH – ein Billigprodukt und nichts mehr wert?
Eine Studie der Universität Leiden in den Niederlanden hat gezeigt, dass weltweit jedes Jahr ganze 18 Milliarden Nutztiere sterben, ohne gegessen zu werden. Dabei überleben viele Tiere (24,9 Prozent) bereits die Aufzucht nicht. Aber auch in der Weiterverarbeitung und dem Vertrieb, also dem Verkauf der Fleischprodukte, kommt es zu erheblichen Verlusten. Wir, die Endverbraucher:innen, oder auch gastronomische Betriebe sind dafür verantwortlich, dass etwa 26,7 Prozent der Fleischprodukte weggeworfen werden. Gerade in den reichen Industrieländern lässt sich eine hohe Verschwendung auf Seiten des Konsums erkennen – Supermärkte haben zu große Vorräte, Restaurants servieren zu große Portionen, und zu Hause landen viele tierische Produkte und Reste im Müll.
Verschwendung von Fleisch und Wurstwaren in Deutschland: Von den etwa 52,2 Kilogramm durchschnittlichen Pro-Kopf-Fleischverzehrs (2022) wandern gute 7 Prozent in die Tonne. Die Heinrich Böll Stiftung hat diese Zahlen auf die Tiere umgerechnet, die geschlachtet werden. Herausgekommen sind rund 230.000 Rinder, 1.800.000 Enten, 2.700.000 Puten, 4.100.000 Schweine und 45.000.000 Hühner, die jedes Jahr im Müll landen. Diese Tiere sind also völlig umsonst gestorben.
Mindesthaltbarkeit – Was bedeutet das eigentlich?
Dem Mythos MHD auf der Spur
Eine mögliche Ursache, dass ein Drittel aller eingekauften Lebensmittel von uns weggeworfen werden, ist das falsch verstandene Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD). Das MHD gibt an, bis wann der Hersteller garantiert, dass das Lebensmittel seine spezifischen Eigenschaften, wie Geschmack, Geruch und Nährstoffe, behält. Bei ungeöffneter Verpackung und der richtigen Lagerung sind die meisten Produkte nach Ablauf des MHDs nicht automatisch verdorben, sondern noch gut & genießbar. Dies lässt sich am besten mit den eigenen Sinnen überprüfen: Sehen, Riechen und Schmecken. Ist Schimmel zu entdecken, der Geruch unangenehm, der Geschmack eher säuerlich, oder prickelt es auf der Zunge? Dann lieber nicht essen!
Lebensmittel, welche besonders leicht verderben und damit eine Gesundheitsgefahr darstellen, werden mit dem Verbrauchsdatum versehen. Das trifft zum Beispiel auf Hackfleisch oder frischen Fisch, aber auch auf vorgeschnittenen Blatt- und Obstsalat zu. Das Verbrauchsdatum gibt an, welcher der letzte Tag ist, an welchem das Lebensmittel noch verkauft und verzehrt werden darf.
So erkennst du, ob Lebensmittel noch gut sind (vzhh.de)
Tipps gegen Lebensmittelverschwendung
↓ Kleine Portionen und lieber nachnehmen
“Die Augen sind oft größer als der Magen.” Doch es wäre schade, wenn Du Dir zu viel auf den Teller geladen hast und dann der Rest weggeschmissen wird. Daher nimm lieber nochmal nach und fülle Dir nur so viel auf, wie du auf jeden Fall schaffst.
↓ Reste weiter verwerten
Habt Ihr einfach zu viel gekocht und es bleiben Reste übrig? Kein Problem, denn es gibt viele Verwendungsmöglichkeiten. Restliches Gemüse kann zum Beispiel zu einer Suppe verarbeitet oder am nächsten Tag mit ein paar Kartoffeln in der Pfanne gebraten werden. Fleisch schmeckt oft auch noch kalt auf einem Stück Brot und Nudeln lassen sich kinderleicht auch nochmal am nächsten Tag erwärmen.
↓ Rotation im Kühlschrank – Überblick behalten und richtig lagern
Auch im Kühlschrank ist es wichtig, den Überblick zu behalten. Wenn immer nur Sachen nachgekauft und nach vorne gestellt werden, vergisst man ganz schnell zum Beispiel den Aufstrich, der sich hinten im Kühlschrank versteckt. Wenn man ihn wiederentdeckt, ist es zu spät – er ist schlecht. Also ältere Sachen lieber nach vorne stellen, damit sie auch wirklich verbraucht werden.
↓ Einkaufszettel schreiben und sich daran orientieren
Im Supermarkt gibt es so viele Verlockungen! Wenn man nicht genau weiß, was man eigentlich einkaufen wollte, kauft man schnell viel mehr, als man eigentlich braucht. Die Produkte werden oft so geschickt platziert, dass der Besucher auf jeden Fall darauf aufmerksam gemacht wird. Daher ist es wichtig, sich vorher einen Einkaufszettel zu schreiben – dann kann man alles, was man eigentlich nicht braucht, viel leichter ignorieren.
↓ MHD nur als Orientierung nutzen
Das Mindesthaltbarkeitsdatum ist hauptsächlich für den Handel gedacht. Wenn das Produkt noch gut aussieht und nicht schlecht riecht, kannst du das MHD ignorieren.
↓ Spenden und Teilen von Lebensmitteln
Habt Ihr Lebensmittel übrig, die Ihr nicht mögt und daher mehr esst? Es gibt sicher Menschen, die sich darüber freuen! In den sozialen Medien gibt es zum Beispiel häufig Gruppen, wo überflüssige Lebensmittel verschenkt oder vertauscht werden. Auch Restaurants, Cafés, Bäckereien oder Supermärkte geben manchmal Lebensmittel ab, die sie nicht mehr verkaufen können. Diese bieten sie zum Beispiel über die App “Too Good, To Go” (zu schade, um zu gehen) an.
Bis 2030 soll sich was bewegen
Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft will die Lebensmittelabfälle bis 2030 halbieren. Die „Nationale Strategie“ sieht vor, zum einen den politischen Rahmen mit unterschiedlichen Akteuren zu stecken und die Hürden bei der Weitergabe von Lebensmitteln politisch zu vereinfachen. Des Weiteren sind die Unternehmen dazu angehalten/ aufgefordert Lebensmittelabfälle beispielsweise während der Produktion und des Transportes zu minimieren und in ihren Verkaufsräumen zum einen auf die Wertschätzung von Lebensmitteln aufmerksam zu machen und zum anderen ein Bewusstsein für das Thema Lebensmittelverschwendung zu schaffen. Als weiteres Handlungsfeld erhofft man sich von der Digitalisierung neue digitale Lösungsansätze und innovative Ideen für komplexe logistische Verteilungsaufgaben, wie beispielsweise intelligente Verpackungen, die die Genusstauglichkeit und Sicherheit von Lebensmitteln anzeigen. Und als letztes sind wir alle gefordert. Wir müssen uns darüber bewusst sein, dass in jedem weggeschmissenen Lebensmitteln neben den Rohstoffen auch jede Menge zusätzlicher Energie steckt, denn die Produktion beansprucht Boden, Wasser, Energie und Treibstoff und wenn tierische Produkte in der Tonne landen, hat ein Tier ganz und gar umsonst gelitten. (BMEL (2019): Nationale Strategie zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung. Berlin)
Initiativen gegen Lebensmittelverschwendung:
TooGoodToGo
Diese App vermittelt Lebensmittel, welche in Läden übriggeblieben sind, für einen vergünstigten Preis.
Foodsharing e.V.
Plattform vernetzt Menschen und kümmert sich um die Verteilung aussortierter Lebensmittel
The Good Food
Laden verkauft „gerettete“ Lebensmittel von LandwirtInnen und Läden nach dem Prinzip „Zahle, was es dir wert ist“.
Zu gut für die Tonne
Kampagne des BMEL
SirPlus – Lebensmittelladen
Tafel – sammeln „überschüssige“ Lebensmittel und geben diese an bedürftige Personen weiter.
Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen
(Stellungnahme_Lebensmittelverschwendung_stoppen.pdf (verbraucherzentrale.nrw))
Filmtipps
Jetzt seid ihr an der Reihe!
Führt in eurer Klasse und in euren Familien eine Befragung zum Thema „Umgang mit Lebensmitteln“ durch. Ihr könnt euch dabei an den folgenden Fragen orientieren oder eigene Ideen in die Befragung einbringen.
– Werden Lebensmittel weggeworfen?
– Welche Lebensmittel werden weggeworfen (Obst und Gemüse, Brot, Molkereiprodukte, Fleisch)?
– Wie hoch schätzt die Person die Menge ein?
– Was macht die Person gegen Lebensmittelverschwendung?
Diskutiert in der Klasse über das Thema Lebensmittelverschwendung und die Folgen im Kontext der globalen Nachhaltigkeitsziele (der SDGs).
Interessante Aspekte:
– Tierethik
– Futtermittelproduktion / Flächenverbrauch
– Energie
– Lebensmittelpreise
Recherchiert zu den Initiativen gegen Lebensmittelverschwendung. An wen richtet sich das Angebot? Erläutere, inwiefern die Initiativen dazu beitragen Lebensmittel vor dem Abfall zu bewahren.
Brainstorming – und was kannst du tun? Überlegt euch, was ihr in eurem Alltag gegen die Lebensmittelverschwendung tun könnt. Schreibt uns eure Ideen an bildung@provieh.de