Buntes Bentheimer Schwein

Dezember 2008: Die mittelgroßen gescheckten Borstenviecher mit dem schönen Spitznamen „Swatbunten“ waren noch vor ein paar Jahren von der Ausrottung bedroht. Bunte Bentheimer Schweine sind wie andere Robustschweinerassen (zum Beispiel Rotbuntes Husumer Schwein, siehe PROMA 01/2008) nicht in den engen Betonboxen von Massentierhaltungsanlagen zu finden, sondern vorzugsweise im Freien bei Wind und Wetter. Sie entsprechen nicht dem heutigen Marktgesetz, weil sie langsam wachsen und fett werden.

Aufwind für die Bunten Bentheimer

Heute gäbe es gar keine Bunten Bentheimer mehr, hätte Bauer Gerhard Schulte-Bernd sich nicht seit 1950 in der Grafschaft Bentheim für diese robuste Rasse eingesetzt. Selbst als das Zuchtbuch geschlossen wurde und alle bisherigen Züchter ihre Bestände aufgaben, weil sich das Interesse der Verbraucher dem ,,Magerfleisch“ zuwandte, blieb er seinen Schweinen treu. ,,Ich war eben ein Dickkopf“ sagt er heute.

Zwei Bunte Bentheimer Ferkel
Zwei Bunte Bentheimer Ferkel © PROVIEH

Im Laufe der Jahrzehnte entwickelte er das Bunte Bentheimer Schwein im Alleingang weiter und achtete dabei immer auf den Geschmack des Fleisches und die Robustheit der Tiere. Diese brauchen weder hochtechnisierte Ställe noch Wachstumsförderer, weder Antibiotika noch sonstige Medikamente, berichtet er stolz, und die Ferkel brauchen weder Stallheizung noch Rotlicht zur Aufzucht. Die Tiere sind stressresistent und genügsam, und die Säue haben gute Muttereigenschaften. Wegen dieser Eigenschaften werden sie ab und zu in die konventionelle Schweinezucht eingekreuzt, weil die Hybridschweine so stressanfällig sind.

Wissenschaftler des Instituts für Tierzucht und Haustiergenetik der Universität Göttingen stellten vor 20 Jahren fest, dass die von Schulte-Bernd fortgeführte Zuchtlinie noch immer eine eigenständige Rasse darstellt. Seither wurde die Herdbuchführung wieder aufgenommen, erst landesweit vor allem in Niedersachsen, dann im bundesweit geführten Zuchtbuch der „Niedersächsischen Erzeugergemeinschaft für Zuchtschweine eG“ (NEZ ). Nach deren Auflösung im Sommer 2008 drohte der Erhaltungszucht zum zweiten Mal ein tiefer Rückschlag. Dieses Mal wurde er vermieden vom 2003 gegründeten „Verein zur Erhaltung des Bunten Bentheimer Schweines e.V.“. Er sorgte für für die Fortführung des bundesweiten Herdbuchs ab November 2008 in der „Züchtervereinigung Nordschwein e.V.“ und schuf für die Vermarktung das Motto „Erhalten durch Aufessen“.

Bunte Bentheimer Sau auf einer Weide
Bunte Bentheimer Sau auf einer Weide © PROVIEH

Ganz in diesem Sinne hat die Organisation SlowFood schon im September 2005 das Fleisch der robusten Rasse wegen seines Wohlgeschmacks in ihre internationale „Arche des Geschmacks“ aufgenommen. SlowFood versteht sich als „Lobby des Geschmacks“ und wurde 1986 in Italien gegründet als Antwort auf die rasante Ausbreitung des Fastfood und des damit einhergehenden Verlustes der Esskultur und Geschmacksvielfalt.

Die Erhaltungsarbeit lohnt sich: Gab es 2003 nur 50 eingetragene Zuchttiere, sind es jetzt 750. Sie leben in 95 Betrieben, von denen 67 Prozent nur ein bis drei Sauen halten und nur 7 Prozent mehr als zehn. Dafür halten 75 Prozent der Betriebe einen Eber. Im Vergleich zu den üblichen Wirtschaftsrassen ist der Bestand dennoch verschwindend klein. Nach Ansicht von Fachleuten muss er auf 5000 Tiere angewachsen sein, bevor die Rasse endgültig aus der Liste der bedrohten Haustierrasse gestrichen werden kann.

Auch wenn die Rasse schwerpunktmäßig noch immer in Niedersachsen gezüchtet wird, so hat sie ihre Liebhaber mittlerweile auch in anderen Bundesländern und sogar im Ausland gefunden. Zu ihnen gehören der Leuchtturmwärter von der niederländischen Insel Terschelling und Züchter in Luxemburg und Norwegen. Die weite räumliche Verbreitung ist sehr zu begrüßen, denn so kann die Rasse wirksam vor dem Auslöschen geschützt werden, zum Beispiel wenn Schweine-Bestände ganzer Regionen wegen Schweinepest vernichtet werden.

Die Bereitschaft der Verbraucher, für das besonders gute Fleisch der Bunten Bentheimer, höhere Preise zu bezahlen, wird auch weiterhin entscheidend sein für den Erfolg und damit den Erhalt der Rasse.

Iris Weiland