Auf Kuschelkurs mit den Alster Wagyus

Wenn Anna Butz die Weide betritt, dauert es nicht lange, bis sie von ihren Rindern umringt ist. Berührungsängste kennen die Tiere nicht. Im Gegenteil: Da werden Kuscheleinheiten offensiv eingefordert und das eigene Bein wird schon mal zur Kratzbürste umfunktioniert. Selbst der 1.200 Kilo schwere Mischlingsbulle Obelix wird unter ihren Händen ganz verschmust.

Anna Butz hat unser PROVIEH-Team und die Regionalgruppen aus Schleswig-Holstein und Hamburg eingeladen, sie und ihre rund 120 Rinder zu besuchen. Dabei stellt sich schnell heraus: Die Neugier an uns Besuchern ist ebenso groß wie unser Interesse an den Tieren. Nach der ersten Scheu auf beiden Seiten werden wir schnell umringt und mitten in die Herde aufgenommen. Rucksäcke und Pullover werden angeknabbert, Hände zum Kraulen gesucht.

Leben in Familienverbänden

Anna Butz und Obelix
© PROVIEH

Kurz vor den Toren Hamburgs hat Anna Butz auf großzügigen Weideflächen eine kleine Rinder-Oase geschaffen. Sie möchte, dass ihre Rinder angst- und stressfrei aufwachsen können und bis zur Schlachtung ein artgerechtes Leben führen. Neben den besonderen japanischen Wagyu-Rindern hält Anna Butz Chianina-Rinder, die größte Kuhrasse der Welt sowie Deutsche Angus, Aubrac, Pinzgauer, Grauvieh und Galloways. Außerdem leben hier Mischlinge aus Fleischrindern und Wagyus und sogar auch einige Milchkühe. Letztere hat Anna Butz dem Vorbesitzer ihres Hofes als Kälbchen aus Iglus abgenommen. Damit ist die Herde eine bunt gemischte Truppe.

Die Tiere leben zusammen mit ihrer Nachzucht in festen Familienverbänden. Die Kühe kalben auf der Weide und säugen ihre Kälber für neun Monate. Anna Butz ist es wichtig, dass ein fester Familienkern immer bestehen bleibt. Diese Herde ist miteinander und mit ihr vertraut. Das erleichtert das Handling der gesamten Truppe. Die älteste Kuh „Omi“ ist inzwischen 13 Jahre alt. Anna Butz und ihre Herde sind ein eingespieltes Team, sie kennt jedes Tier mit Namen. Man merkt, dass die Rinder für sie Individuen mit eigenem Charakter sind. Jedes ihrer Tiere wächst mit enger menschlicher Bindung auf und ist weitestgehend handzahm.

Ihre Sommer verbringt die Herde ganztägig auf der Weide, wo sie am Wasserloch trinkt und unter Bäumen Schatten suchen kann. Im Winter bezieht sie einen Stall mit Laufhof. Gefüttert wird Gras und im Winter Heu und Stroh, dazu gibt es Karotten, Äpfel und Altbrot. Kraftfutter wird nicht zugegeben.

Eine glückliche Kuh mit Hörnern
© PROVIEH

Vom Milchviehbetrieb zum Rinderparadies

Wir wollen wissen: „Wie kommt man dazu, neben einer Selbstständigkeit mit eigener Firma Rinder zu züchten?“ „So wie mit allen meinen Tieren, bin ich eher zufällig an mein erstes Kalb gekommen“, sagt Anna Butz. Das kleine Galloway-Kalb war zu schwach und sollte geschlachtet werden, also nahm sie es auf und päppelte es groß. Damit war der Grundstein für ihre Rinderzucht gelegt, denn ein einzelnes Rind fühlt sich einsam.

2016 kaufte Anna Butz einen landwirtschaftlichen Milchviehbetrieb und baute ihn nach ihren Ansprüchen so um, dass er den Bedürfnissen von Rindern gerecht wurde. Wo früher dicht an dicht Milchvieh im Stall stand, können sich Anna Butz‘ Rinder heute frei bewegen und auf dickem Stroh ausruhen. Sie haben jederzeit die Möglichkeit, den Laufhof zu nutzen oder auf die angrenzenden Weiden zu gelangen.

Das Ende eines Rinderlebens

Nur einmal im Monat wird geschlachtet und dann auch nur ein einzelnes Rind. Anna Butz fährt ihre Tiere im eigenen Hänger zu einem eine halbe Stunde entfernten Schlachter und begleitet jedes Rind als Bezugsperson bis zum letzten Augenblick. Im Gegensatz zur konventionellen Haltung, wo ein Mastrind nur 18 Monate alt wird, lässt Anna Butz ihre Tiere für gewöhnlich zwei bis drei Jahre alt werden. Das Fleisch vermarktet Anna Butz direkt und ausschließlich vor Ort. Ihre Kunden informiert sie per E-Mail Newsletter über eine anstehende Schlachtung.

Wer mehr über Anna Butz und ihre Alster Wagyus erfahren möchte, kann sich auf ihrer Homepage umsehen: http://www.alster-wagyus.de/.

Zum Abschied sagt Anna Butz augenzwinkernd: „Eigentlich hole ich mir die Besucher auch nur zur Bespaßung der Herde auf den Hof.“ Bei 120 Rindern sind auch viele Hände zum Kraulen vonnöten und wir alle können uns vorstellen, die Alster Wagyus in Zukunft noch öfter zu besuchen. Vielen Dank an Anna Butz für den interessanten Nachmittag auf ihrem Hof!

Svenja Taube

Eine neugierige Kuh
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Streicheleinheiten
© PROVIEH

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