Ursachen für das Honigbienensterben

Das Phänomen des Honigbienensterbens (Colonie collaps disorder) hat mehrere Gründe und vieles ist dabei noch ungeklärt. Klar ist aber, dass die Insekten durch den Befall durch die Varroamilbe, durch unzureichendes Nektar- und Pollenangebot, sowie durch den Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft und in Privatgärten geschwächt werden. Doch welche Gründe hat das Bienensterben und wie lässt es sich aufhalten?

Grund 1: Die Varroamilbe (Varroa destructor)

Die Varroamilbe lebt parasitisch an Honigbienen und gilt als größter Bienenschädling weltweit und als eine der Hauptursachen für das Bienensterben. Ihre Entwicklung und Vermehrung erfolgt in der verdeckelten Brut eines Bienenstocks. Die ausgewachsene weibliche Milbe wird etwa 1,1 Millimeter lang und 1,6 Millimeter breit. Der Befall eines Bienenvolks mit der Varroamilbe wird auch als Varroose oder Varroatose bezeichnet. In manchen Ländern, wie Österreich oder der Schweiz, ist der Befall mit der Varroamilbe meldepflichtig. In Deutschland wird wegen der Allgegenwärtigkeit des Bienenschädlings auf Meldepflichten verzichtet.

Die Verroa Milbe in der Vergrößerung
Die Verroa Milbe © Wikipedia

Nur die weiblichen Milben leben direkt auf Bienen und saugen deren Blut. Auch durch ihr Putzverhalten können die Bienen sie selten abstreifen. Fliegen befallene Bienen aus, tragen sie die Milben mit sich und verbreiten sie so. Die männlichen Milben, sowie alle Entwicklungsstadien bis zum adulten Weibchen leben in den Brutzellen und können sich nicht selbstständig von Bienenlarven ernähren. Zur Eiablage verlässt die weibliche Milbe ihre Wirtsbiene. Sie dringt in Brutzellen ein, kurz vor deren Verdeckelung. Die Milbe saugt an der Larve, nachdem diese den in der Brutzelle eingelagerten Nahrungsvorrat aufgebraucht hat. Dann beginnt sie, Eier zu legen, im Regelfall fünf.

Aus dem ersten Ei, welches unbefruchtet ist, entwickelt sich ein Männchen. Aus den befruchteten nachfolgend gelegten Eiern entwickeln sich weibliche Milben, die nach etwa 12 Tagen zusammen mit der schlüpfenden Bienenlarve die Brutzelle verlassenen. Zuvor wurden sie von der männlichen Milbe befruchtet. Das Männchen stirbt nach der Befruchtung. Drohnenbrut (die männlichen Bienenlarven), wird stärker befallen als Arbeiterinnenbrut, Königinnenbrut so gut wie nie.

Eine Verroa Milbe sitzt auf der Biene
Eine Verroa Milbe sitzt auf der Biene © Pixabay

Ursprünglich stammt die Varroamilbe aus Asien. Ihr dortiger Wirt ist die Östliche Honigbiene. Die Milbe befällt  bei den Völkern der Östlichen Honigbiene nur die Drohnenlarven. Sind diese stark befallen, schlüpfen sie nicht und mit ihnen verbleiben dann auch die Milben in der Zelle. Außerdem  entfernen die Bienen die Milben leichter. Die Völker der Östlichen Honigbiene werden also viel weniger geschädigt als andere. Allerdings gibt es auch unter den Westlichen Bienen manche, die weniger stark auf den Befall reagieren.

Durch den Versand von Bienenköniginnen und ganzen Völkern wurde die Milbe weltweit (außer Australien) verbreitet – erste Nachweise in Deutschland stammen aus dem Jahr 1977. Die Wanderimkerei ermöglicht der Milbe eine noch raschere Ausbreitung. Die Milben schwächen die Bienen, befallene Tiere sind beim Schlupf kleiner, bei starkem Befall sind Fehlentwicklungen der Flügel möglich, sie sterben früher und kehren häufiger als gesunde Artgenossen nicht in den Bienenstock zurück. Außerdem überträgt die Varroamilbe Krankheiten und kann so zum Beispiel Virusinfektionen auslösen. Völker der Westlichen Honigbiene sterben spätestens 3 bis 4 Jahre nach dem Erstbefall.

Wie kann die Milbe bekämpft werden?

Die Bekämpfung der Verroa Milbe
Bekämpfung der Verroa Milbe © Pixabay

Die Bienenvölker müssen regelmäßig auf Befall kontrolliert werden. Ist das Volk befallen, gibt es verschiedene Bekämpfungsmethoden. Der Einsatz von sogenannten Akariziden (Mittel zur Bekämpfung von Milben) hat weitgehend zu einer Resistenz der Milben gegen diese Mittel geführt, sodass diese wirkungslos geworden sind. Außerdem verbleiben Rückstände davon in Wachs und Honig. Der Einsatz mit organischen Säuren, wie Essigsäure oder Milchsäure ist recht erfolgreich. Sie können allerdings nicht eingesetzt werden, wenn Brut im Bienenstock vorhanden ist. Eine weitere Methode der Bekämpfung ist das Ausschneiden von verdeckelter, sich kurz vor dem schlüpfen befindender Drohnenbrut, da diese deutlich stärker befallen wird als Arbeiterinnenbrut.

Grund 2: Mangelndes Nahrungsangebot

Durch eine zunehmende Anzahl von Monokulturen auf deutschen Äckern und die frühe, mehrmalige Mahd von Wiesen und Randstreifen hat die Honigbiene es zunehmend schwer, ausreichend Nahrung zu finden. Auch Gärten auf dem Land werden immer artenärmer. Es fehlt vor allem an früh- und spätblühenden Pflanzen. Weite und erfolglose Flüge schwächen die Tiere. Zunehmend nasse Sommer erschweren es den Bienen, auf Nahrungssuche zu fliegen.

Grund 3: Einsatz von Pflanzenschutzmitteln

In Deutschland gibt es derzeit 1389 zugelassene Pflanzenschutzmittel. Sie basieren auf verschiedensten Wirkstoffen und werden unterschiedlich eingesetzt. Rund 600 davon sind in Haus- und Kleingärten erlaubt. Die Zulassung von bisher eingesetzten Mitteln, die auf drei Wirkstoffen basieren (Clothianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam von den Herstellern Bayer CropScience und Syngenta) wurden zum 1.12.2013 von der EU-Kommission teilweise ausgesetzt. Sie stehen unter Verdacht, in engem Zusammenhang mit dem Bienensterben zu stehen. Auf den Wirkstoff Clothianidin ist das Bienensterben 2008 eindeutig zurückzuführen.

Die Wirkstoffe dieser Mittel gehören zu den Neonicotinoiden. Das sind synthetisch hergestellte Nikotinverbindungen, die als Nervengift wirken. Besonders stark ist ihre Wirkung auf Insekten, weniger stark auf Säugetiere. Die Mittel werden entweder direkt auf die Pflanze ausgebracht oder mit dem Gießwasser aufgenommen und wirken als Fraß- oder Kontaktgift. Am häufigsten finden sie jedoch als sogenanntes Beizmittel Einsatz. Dabei werden Samenkörner vor der Aussaat damit ummantelt. Beginnt die Pflanze zu wachsen, nimmt sie die Neonicotinoide über die Wurzel auf. Dadurch werden die Wirkstoffe in der ganzen Pflanze verteilt, was die Pflanze vor Insektenfraß schützen soll.

Durch die Verteilung der Wirkstoffe in der ganzen Pflanze gelangen sie schließlich auch in Pollen und Nektar, die von den Bienen aufgenommen werden. Die Wirkung der Neonicotinoide auf Bienen ist je nach aufgenommener Dosis unterschiedlich. Sie können sofort tödlich wirken oder die Bienen verlieren ihren Orientierungssinn, sodass sie nicht mehr in ihre Bienenstöcke zurückfinden können. Auch die desorientierten Bienen leben nicht mehr lange. Eine weitere Wirkung ist die nachhaltige Schwächung des Immunsystems.

An den Zulassungen für Mittel zur Saatgutbehandlung von Futterrüben, Zuckerrüben, Kartoffeln und Gemüsesaaten ändert sich aber nichts, sie sind von der Aussetzung der Zulassung durch die EU-Kommission ausgenommen. Da vor allem das Saatgut von Raps, Futter- und Zuckerrüben gebeizt wird, findet das Neonicotinoid-Moratorium keine Anwendung. Vier weitere neonicotinoidhaltige Pflanzenschutzmittel dürfen ebenfalls weiterhin angewendet werden, allerdings galt da bereits vorher, dass die Pflanzen zum Behandlungszeitpunkt nicht blühen dürfen, da die Mittel als bienengefährlich gelten. Für Kartoffeln gilt zusätzlich, dass ein starker Blattlausbefall ausgeschlossen werden muss, weil die Bienen dort sonst Honigtau sammeln könnten.

Honigbienensterben im Jahr 2008

Sehr viele tote Bienen
tote Bienen © Pixabay

Im Jahr 2008 wurden etwa 11.000 kollabierte Bienenvölker allein in Deutschland erfasst. Ursache dafür war eine Kontamination mit dem clothianidinhaltigen Pflanzenschutzmittel Poncho von der Firma BayerCropScience. Bei der Aussaat damit gebeizter Maiskörner gelangte der Wirkstoff als Staub auch auf andere, in der Nähe gelegene Felder – besonders auf anliegende Rapsfelder in Blüte. Das giftige Mittel wurde von den Bienen aufgenommen, woraufhin bald ganze Völker starben.  Viele Bienen verendeten bereits auf den Feldern. Diejenigen, die es schafften in ihren Stock zurückzukehren, übertrugen das Gift auf die Bienen und Larven dort.  Neben diesen akuten Schäden gab es zusätzlich viele Folgeschäden zu verzeichnen, die vor allem die Brut betrafen. Weitere Vergiftungsmöglichkeiten für die Bienen bestehen über den Verbleib von leeren Saatgutsäcken von gebeizten Körnern auf den Äckern, über gebeiztes Saatgut, das nicht in den Boden gelangt ist und über im Haushalt und Kleingarten angewandte neonicotinoidhaltige Mittel, zum Beispiel zur Ameisenbekämpfung.

Nach dem Honigbienensterben wurde das Mittel zunächst verboten. Doch bereits ein Jahr später wurde es aufgrund von Untersuchungen von ausgerechnet der Herstellerfirma BayerCropScience – die eine angebliche Unbedenklichkeit ergaben – wieder zugelassen. Gegner der teilweisen Aussetzung der oben genannten Wirkstoffe, wie der Bayrische Bauernverband, berufen sich auch immer wieder auf die Untersuchungen der Langzeitstudie „Deutsches Bienenmonitoring“, deren Ergebnisse aufzeigen soll, dass Pestizide keine Ursache für das Bienensterben sind. Was man wissen muss: Auch diese Studie wird zur Hälfte von genau den Konzernen finanziert, welche die unter Verdacht stehenden Mittel produzieren. Außerdem wurde das Bienensterben 2008 in der Studie nicht berücksichtigt. Die andere Hälfte der Studie wird von den Bieneninstituten finanziert. Laut Walter Haefeker, Präsident der Vereinigung der Europäischen Berufsimker, können diese so aber nicht unabhängig arbeiten.  

Syngenta und BayerCropScience haben im August 2013 Klage gegen das Verbot der von ihnen hergestellten Pflanzenschutzmittel eingereicht. Die Klage wurde glücklicherweise abgeschmettert. Aber es bleibt abzuwarten welche Interessen die EU nach Ablauf des Moratoriums schützen wird – die der Bienen oder die der Konzerne.

Christine Vogt

16.04.2014

Beitrag teilen