Agrarpolitik

GAP, Borchert Kommission und Handelsabkommen

Deutschland wird durch die Landwirtschaft geprägt. Ein Großteil der Fläche unseres Landes wird landwirtschaftlich genutzt, sei es zum Anbau von Futtermitteln oder zur Produktion von Fleisch, Milch und Eiern. Die Nahrungsmittelversorgung ist erfolgreich, aber die Landwirtschaft hat noch andere Aufgaben. Sie erzeugt Kulturlandschaften, stellt Biomasse zur Verfügung und prägt ländliche Regionen. Auch die Landwirtschaft ist allerdings einer Markt- und Preispolitik unterworfen, die auf wirtschaftlichen Erfolg gepolt ist. Die Devise der günstigen Produktion hat sich durchgesetzt, Biodiversität und Tierwohl kosten Geld und das sind nur wenige bereit zu zahlen. 

GAP – Die Gemeinsame Europäische Agrarpolitik 

Die GATT (Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen, General Agreement on Tariffs and Trade) wurde nach dem 2. Weltkrieg gegründet. Das Ziel war zunächst die Nahrungsmittelversorgung zu sichern, den landwirtschaftlichen Sektor zu stärken, die Agrarmärkte zu stabilisieren und die Produktion zu fördern. Seit ihren Anfängen wird die Agrarpolitik immer wieder reformiert und verändert. 1995 wurde aus der GATT die GAP (Gemeinsame Europäische Agrarpolitik/ CAP – Common Agricultural Policy).

Die heutigen Ziele der GAP umfassen die Unterstützung der Landwirtschaft betreibenden Menschen und die Verbesserung der landwirtschaftlichen Produktion sowie die Einkommenssicherung der europäischen Landwirt:innen, die Erhaltung ländlicher Gebiete der EU und die Förderung der Wirtschaft im ländlichen Raum durch einen Anstieg der Arbeitsplätze in der Landwirtschaft. Im Prinzip könnte die GAP eines der großartigsten politischen Gestaltungsinstrumente sein, die es in der EU gibt: Die europäische Landwirtschaft soll nicht dem freien Spiel des Marktes ausgeliefert sein, sondern Ziele verfolgen, die wir in Europa selbst definieren und dies unter Bedingungen tun, die wir selbst festlegen. Mittlerweile gehören zu diesen Zielen auch die Entwicklung des ländlichen Raumes, die Sicherung der Lebensmittelqualität – Tierschutz wird übrigens unter diesem Ziel subsumiert – und der Schutz der Gesundheit, die Umweltpflege, die Erhaltung der Biodiversität sowie Klimaschutzmaßnahmen. Bedenkt man hierbei, um welche riesigen Summen es in diesem Bereich geht, könnte die GAP der europäische Zukunftsmotor schlechthin sein. Zwar ist der Anteil der GAP-Gelder bezogen auf den gesamten EU-Haushalt in den letzten Dekaden gesunken, macht aber mehr als ein Drittel des EU-Budgets aus, in ganzen Zahlen: 389 Milliarden Euro! Deutschland erhält davon in den sieben Jahren mehr als 43 Milliarden. Alle sieben Jahre erfolgt eine neue Ausrichtung und Anpassung an aktuelle Ereignisse. 

Das alte Problem der GAP: pauschale Subventionen statt Investitionen in die Zukunft 

Die Schwächen der GAP sind lange bekannt und werden von den NGOs und breiten Teilen der Wissenschaft immer wieder hervorgehoben: der weitaus größte Teil der GAP-Gelder wird lediglich für die Subventionierung bestehender Strukturen und von Landbesitz verwendet und nur ein kleiner Teil für die notwendigen Maßnahmen für mehr Nachhaltigkeit. 

Die GAP besteht aus zwei Säulen: Aus der ersten Säule kommen die jährlichen Direktzahlungen an die landwirtschaftlichen Betriebe, die sich an der Größe der Betriebe ausrichten, also je Hektar gezahlt werden (Flächenprämien). Diese Direktzahlungen waren einst das Mittel für die Einkommenssicherung in der Landwirtschaft, setzen aber falsche Investitionsanreize und behindern schon lange sichtbar die notwendige Transformation, weil sie für viele Akteure zum eigentlichen Ziel der GAP geworden sind. Notwendige Leistungen und Investitionen für mehr Nachhaltigkeit und Tierschutz werden hingegen über die wesentlich kleinere und deutlich unterfinanzierte zweite Säule belohnt (ca. 80 Prozent für die erste und 20 Prozent für die zweite Säule). Bislang wurden zwar über die erste Säule auch so genannte „Greening“-Maßnahmen zur Steigerung der Umweltverträglichkeit unterstützt, die Kriterien waren aber so niedrig und unbestimmt, dass auch dadurch nur der Status quo verstetigt wurde, dieses Instrument aber keine positive Lenkungswirkung entfaltete.

Klar ist, dass wir einen Umbau der Landwirtschaft und speziell der Tierhaltung benötigen, der Tiere als fühlende Wesen nicht nur auf dem Papier respektiert. Die GAP könnte genau die Brücke zwischen gesellschaftlichen Anforderungen und dem, was für Landwirt:innen in einem integrierten Weltmarkt möglich ist, schaffen. Deshalb bräuchten wir dringend einen echten Paradigmenwechsel der bisherigen europäischen Agrarpolitik. 

Die aktuellen Beschlüsse: neues Wording statt Neuausrichtung 

Die Notwendigkeit einer GAP-Reform hatte indes auch Bundesministerin Julia Klöckner immer wieder hervorgehoben. Im Zuge der deutschen Ratspräsidentschaft leitete sie die wichtigen  Verhandlungen zwischen den Mitgliedstaaten. Sie sah in den Ergebnissen nicht weniger als einen „Aufbruch“ und einen „Systemwechsel“ und begründete diese Einschätzung mit Verweis auf die vermeintlichen Neuerungen. Das Problem des wirkungslosen Greenings soll nun über so genannte „Eco-Schemes“ gelöst werden, welche nach langwierigen Verhandlungen nun 25 Prozent der ersten Säule ausmachen sollen. Doch ob diese Eco-Schemes wirkungsvoller sind als das hellgrüne Greening, ist mehr als fraglich. Zwar sollen aus den Eco-Schemes explizit auch Tierschutzmaßnahmen finanziert werden können (das ist neu und darf hervorgehoben werden, weil Tierschutz in den GAP-Beschlüssen ansonsten nur eine marginale Rolle spielte), sind aber zum einen für die Betriebe freiwillig und zum anderen ohne großen Anreiz, weil eine mehrjährige Übergangsfrist vorgesehen ist. Unverbindlich sind sie auch dadurch, dass sie bewusst unkonkret gehalten sind und die konkrete Ausgestaltung den einzelnen Mitgliedsstaaten überlassen ist. Zwei Probleme sind aber noch gravierender: das Größenverhältnis von erster und zweiter Säule bleibt unberührt. Nachhaltige und mehrjährige Förderung kommt aus der zweiten Säule, aus der ersten Säule kommen hingegen einjährige Zahlungen – wie nachhaltig Projekte mit einjähriger Laufzeit sind, darf sicherlich gefragt werden. Um von einem „Aufbruch“ und „Systemwechsel“ sprechen zu können, müsste die Landwirtschaft einen langfristigen und verlässlichen Weg zu mehr Nachhaltigkeit beschreiten, in dem der prozentuale Anteil der Nachhaltigkeitsinvestitionen stetig bis auf 100 Prozent erhöht wird. Stattdessen stritten sich der Europäische Rat und das EU-Parlament darüber, ob Eco-Schemes 20 oder 30 Prozent der ersten Säule für die gesamten sieben Jahre ausmachen sollen.  

Wer verhandelt hat: der Trilog  

An den GAP-Verhandlungen waren die EU-Kommission, das EU-Parlament und der EU-Rat beteiligt. Die Kommission hatte 2018 eine Position formuliert, die zwar noch keinen Systemwechsel darstellte, aber ambitionierter war als das, worauf sich dann jeweils Parlament und Rat geeinigt hatten und was jetzt die Grundlage des Kompromisses ausmacht. So hatte die Kommission gefordert, dass die Flächenzahlungen nur auf die Hektare bezogen werden dürfen, auf denen Eco-Schemes angewendet werden. Zudem hatte sie mit dem so genannten „Green Deal“, der „Farm to Fork-“ und der „Biodiversitätsstrategie“ einen Weg der Nachhaltigkeit für die EU aufgezeigt, der Hoffnung machen konnte. Doch dafür hätte die GAP explizit an diese Strategien gebunden werden müssen, wozu sich weder Parlament noch Rat durchringen konnten. Das „institutionelle Dreieck“ der EU war daraufhin in die gemeinsamen Abstimmungen, den sogenannten „Trilog“, gegangen, der nun zum Abschluss kam. Dass hier die besten Vorschläge aus allen drei Institutionen verbunden werden, war zwar möglich, aber unwahrscheinlich. Formal möglich war zudem, dass sich die Kommission einem schwachen Kompromiss verweigert hätte und daraufhin einen neuen Legislativvorschlag hätte machen müssen, der dann noch stärker im Geiste des Green Deal verfasst werden könnte. Stattdessen orientierte man sich bei den Einigungen an den kleineren Nennern.  

Unser Fazit aus Tierschutz-Sicht  

Gemessen an dem, was zivilgesellschaftlich gefordert und in Umwelt-, Klima- und Tierschutz-Hinsicht nötig ist, ist das, was verhandelt und nun endgültig beschlossen wurde, niederschmetternd. Tierschutz spielt weiterhin nur eine marginale Rolle – wichtig wäre es gewesen, Tierschutzmaßnahmen durch einen festgelegten GAP-Anteil EU- weit verbindlich vorzuschreiben und die Zahlungen an hohe Tierschutzstandards zu koppeln. Stattdessen wird Tierschutz in der Landwirtschaft weiterhin in die Verantwortung der Mitgliedsstaaten abgewälzt, die die allgemeinen und unverbindlichen Vorgaben in so genannten nationalen Strategieplänen nun konkret umsetzen müssen. Zwar gibt es für Deutschland Pläne, durch spezielle Bonussysteme und Gemeinwohlprämien für Umwelt- und Tierschutzleistungen gezielte Anreize zu setzen. Doch da es keine ambitionierten EU-weiten Vorgaben gibt, wird Tierschutz wohl weiterhin nur als Wettbewerbsnachteil dargestellt und empfunden werden. Erneut ist eine riesige Chance vertan worden. 

Ludwig Krüger

Zwei Kühe in der Abenddämmerung
Foto: © Jonatan Rundblad/stock-adobe.com

Wettbewerb vs. Tierschutz

Verhindern die EU-Binnenmarktregeln höhere Tierschutzstandards?
Ein Beitrag im Kritischen Agrarbericht von Jasmin Zöllmer

Der kritische Agrarbericht erscheint einmal im Jahr

Der Tierschutz in Deutschland gewinnt zunehmend an gesellschaftlicher Relevanz. In Umfragen sprechen sich große Mehrheiten dafür aus, insbesondere Tiere in der Landwirtschaft besser zu schützen und Missstände zu beseitigen. Gleichzeitig lassen maßgebliche Verbesserungen seitens der Politik auf sich warten. Die Lücke zwischen den gesellschaftlichen Anforderungen an die landwirtschaftliche Tierhaltung und den Antworten der Politik wird immer größer. Die Gründe hierfür sind zwar vielfältig, jedoch sticht der fortwährende Fokus auf Wettbewerbsfähigkeit und Kosten- statt Qualitätsführerschaft hervor: Eines der am häufigsten vorgebrachten Argumente gegen die Anhebung von nationalen Tierschutzstandards ist das Risiko eines Wettbewerbsverlusts der deutschen Erzeugung tierischer Produkte und einer daraus resultierenden Abwanderung der Produktion ins Ausland. Insbesondere innerhalb der EU spielt dieses Argument eine tragende Rolle und blockiert oder verschiebt möglicherweise die Anhebung längst überfälliger nationaler Tierschutzstandards.
Der Artikel, erschienen im Kritischen Agrarbericht 2021, beschreibt dieses Problem, erklärt die Hauptursachen und skizziert Lösungsansätze.

Ein Freilandschwein

Borchert-Kommission 

Der Wissenschaftliche Beirat hat für die Agrarpolitik 2015 das Gutachten “Wege zu einer gesellschaftlich akzeptierten Nutztierhaltung” verfasst. Hier wurde ein Großteil der derzeitigen Haltungsbedingungen als nicht zukunftsfähig ausgewiesen. Gleichzeitig wurden Leitlinien und Empfehlungen zur Verbesserung gezeigt. Zudem hat die Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner 2019 das Kompetenznetzwerk Nutztierhaltung (Borchert-Kommission) gegründet, um eine Lösungsstrategie bezüglich der Tierhaltung erarbeiten zu lassen. Es wurden Empfehlungen veröffentlicht, die eine wünschenswerte Richtung einschlagen, aber bei weitem noch nicht ganzheitlich auf die Landwirtschaft angewendet werden können.

Empfehlungen des Kompetenznetzwerks Nutztierhaltung
Position von PROVIEH

Im Mai 2021 haben sich die an den Arbeitsgruppen des Kompetenznetzwerk Nutztierhaltung beteiligten Organisationen Deutscher Tierschutzbund, Deutsche Umwelthilfe, PROVIEH und VIER PFOTEN haben sich in einem offenen Brief an den Vorsitzenden Jochen Borchert gewandt. In öffentlichen Darstellungen ist immer wieder der falsche Eindruck vermittelt worden, der bisherige Verlauf und die zu erwartenden Resultate seien von Konsens unter den beteiligten Gruppen geprägt und von allen mitgetragen. Doch das ist nicht der Fall. Die vier Tier- und Umweltschutzorganisationen führen in ihrem gemeinsamen Schreiben mehrere kritische Punkte an – darunter etwa, dass die Arbeit der “Borchert-Kommission” zu eng an das vom BMEL geplante freiwillige Tierwohlkennzeichen geknüpft ist sowie die Tatsache, dass die tierhaltenden Betriebe ohne weitere Anstrengungen und merkliche Fortschritte im Tierschutz das Kennzeichen erhalten sollen. Das bedeutet beispielsweise, dass Schweine weiterhin mit kupierten Ringelschwänzen auf engstem Raum auf Betonspaltenboden ohne Einstreu gehalten werden können und dies mit mehr Tierwohl ausgelobt werden soll. 

Handelsabkommen und die WTO 

Eine Welt ohne Handel kann man sich kaum mehr vorstellen: Wein aus Frankreich, Käse aus der Schweiz, die Tomaten aus Italien und Olivenöl aus Griechenland. Das ist Alltagskonsum für die meisten von uns, möglich gemacht durch freie Märkte. Mit Handelsbarrieren ist diese Vielfalt an Lebensmitteln zu außerdem relativ günstigen Preisen nicht möglich. So tragen der freie Binnenmarkt der EU, aber auch Handelsabkommen mit verschiedenen Ländern maßgeblich zu unseren Einkaufsmöglichkeiten bei. 

Durch die Gründung der Welthandelsorganisation (WTO) im Jahr 1995 wurde ein Regelwerk der internationalen Handelspolitik aufgestellt. Alle Mitgliedsstaaten haben sich dem Ziel gewidmet, gegen protektionistische Maßnahmen, Ungleichbehandlung zwischen Staaten vorzugehen und den internationalen Handel berechenbarer zu gestalten. Heute sieht sich die WTO immer mehr Kritik ausgesetzt, da die Interessensheterogenität der Mitgliedsstaaten oftmals keine Lösungen zulassen. Ein Beispiel dafür ist die jüngste Verhandlungsrunde im Rahmen der WTO in Doha, die sogenannte Doha-Runde. Sie wurde 2001 mit dem Ziel gestartet, umfassende Handelserleichterungen, vor allem für Industrie- und Agrarprodukte sowie Dienstleistungen, zu erreichen und ist bis heute nicht abgeschlossen. Die internationale Handelspolitik ist heute mehr denn je im Wandel. Es geht um wirtschaftliche Macht von aufsteigenden Staaten und die Erhöhung von Zöllen. Zudem kommt es immer wieder zum Vorwurf des Protektionismus. Dies trifft zum Beispiel die EU durch die Erhöhung von Importzöllen für aus den USA eingeführte Güter.

Um diese Maßnahmen zu umgehen, werden zwischen Binnenmärkten beziehungsweise einzelnen Staaten Freihandelsabkommen abgeschlossen. Dazu zählen zum Beispiel CETA (EU-Kanada), TTIP (EU-USA), JEFTA (EU-Japan) oder Mercosur (EU-Südamerika). Mercosur ist ein regionaler Zusammenschluss von Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay. Momentan wird Mercosur verhandelt, viele nichtstaatliche Organisationen und Verbraucher:innen sprechen sich jedoch gegen Mercosur aus. Sogar in der Politik regt sich Unbehagen das größte Freihandelsabkommen der Welt auf dem Rücken von Biodiversität und sozialer Gerechtigkeit zu errichten.10 Das Freihandelsabkommen soll Zölle überwinden und Exportbedingungen erleichtern, doch geht der internationale Handel zu oft zu Lasten der Tiere, die meist nur möglichst günstig produziert werden sollen. So werden höhere Tierschutzstandards einzelner Länder durch Kostendruck und verstärkten Wettbewerb untergraben. Freihandelsabkommen sollten nur mit fairen und stringenten Bedingungen zugelassen werden, die die nationale Tierschutzpolitik nicht untergraben. Die Verhandlungen der EU-Kommission mit den Mercosur-Staaten sind Ende Juni 2019 abgeschlossen worden. Das Abkommen tritt aber erst in Kraft, wenn der Europäische Rat, das Europäische Parlament sowie alle nationalen Parlamente der 28 EU-Mitgliedstaaten zustimmen. 

Gemeinsamer Aufruf (Juni 2020) 

Zeit zum Umdenken – EU-Mercosur-Abkommen stoppen! 

Seit 20 Jahren dauern die Verhandlungen zwischen der EU und dem südamerikanischen Staatenbund Mercosur (Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay) an. Im Juni 2019 wurde eine politische Verständigung erzielt. Seither wird an der Erarbeitung eines unterzeichnungsreifen Vertrags gearbeitet. Doch die Mehrheit der Bürger:innen lehnt das Abkommen ab. Die Parlamente der EU-Mitgliedstaaten Frankreich, Belgien, Irland und Niederlande haben deutliche Kritik geäußert, die österreichische Regierung will das Abkommen in der jetzigen Form nicht unterzeichnen. Denn kaum ein Abkommen ist so sehr dem Denken und politischen Handeln der Vergangenheit verpflichtet wie das EU-Mercosur-Abkommen. 

Das EU-Mercosur-Abkommen steht für 

● die Verhinderung von existenzsichernden landwirtschaftlichen Erzeugerpreisen in den Mercosur- und EU-Staaten durch eine exportorientierte Agrarpolitik, sowie die Unterminierung von Tierwohl und lokaler Lebensmittelerzeugung. Mehr Tierwohl in Deutschland kostet die Bauernhöfe Geld und gleichzeitig sollen sie mit billigen Fleischimporten aus den Mercosur-Ländern konkurrieren. In den Mercosur-Ländern verstärken die steigenden Fleischexporte und zunehmender Soja- und Zuckerrohranbau (Biokraftstoffe) die Zerstörung der Umwelt und führen zu mehr Gentechnik- und Pestizideinsatz sowie zur Gewässerverschmutzung. 

● die Verschärfung der Klimakrise. Das Abkommen treibt die Abholzung des Amazonasregenwaldes, des Cerrados und der Trockenwälder des Chaco weiter voran, die eine essentielle Bedeutung für die Stabilisierung des Weltklimas und für die biologische Vielfalt haben. Zudem dient es der Absatzförderung für besonders klimaschädliche Autos. 

● die Zunahme von Menschenrechtsverletzungen, wie die Vertreibung von Kleinbauern und -bäuerinnen sowie Indigenen von ihrem Land. Insbesondere unter dem brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro sind Menschenrechtsverletzungen gegen Minderheiten und 

Oppositionelle sowie die Beschneidung von Arbeitnehmer*innenrechten an der Tagesordnung. Durch den Abschluss eines Handelsabkommens belohnt die EU diese Politik und widerspricht ihren eigenen demokratischen Werten. 

Die Corona-Krise hat gezeigt, dass die immer weiter fortschreitende ungesteuerte Globalisierung nicht zu einer gerechten und ökologischen Weltwirtschaft führt. Die EU sollte zukünftig ihre handelspolitischen Ambitionen darauf konzentrieren, ökologisch, sozial, menschenrechtlich und entwicklungspolitisch kohärente, multilaterale Handelsbeziehungen mitzugestalten. 

Nicht, dass wir weniger Kooperation mit Südamerika bräuchten – wir brauchen sogar mehr: für die Bekämpfung von Hunger und Armut, für Klimaschutz, für die Durchsetzung der ILO-Kernarbeitsnormen und der Menschenrechte. Das geplante Abkommen der EU mit dem Mercosur geht jedoch genau in die falsche Richtung. 

Wir fordern deshalb Bundesregierung und EU-Kommission auf: Kein „Weiter So“! Stoppen Sie die Arbeit an dem aktuellen Handelsabkommen der EU mit dem Mercosur. 

Unterzeichnende Organisationen: 

  • Agrar Koordination 
  • Aktion 3.Welt Saar e.V. 
  • Aktion Agrar 
  • Aktionsgemeinschaft solidarische Welt (ASW) 
  • Aktionsgruppe Indianer & Menschenrechte e.V. 
  • Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) 
  • Attac 
  • Berliner Wassertisch 
  • Biokreis e.V. 
  • Bischöfliche Aktion Adveniat e.V. 
  • Bischöfliches Hilfswerk MISEREOR e. V. 
  • Bloque Latinoamericano Berlín 
  • Brot für die Welt 
  • Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) 
  • Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND) 
  • Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft e.V. (BÖLW) 
  • Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) e. V. 
  • Bundesverband Naturkost Naturwaren (BNN) e.V. 
  • Campact 
  • Caritas international 
  • Christliche Initiative Romero (CIR) 
  • Deutsche Umwelthilfe e.V. 
  • Deutscher Naturschutzring (DNR) 
  • Eine Welt Forum Freiburg e.V. 
  • FIAN Deutschland 
  • Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika (FDCL) 
  • Forum Fairer Handel 
  • Forum für Umwelt und gerechte Entwicklung e.V. – FUgE 
  • Forum Umwelt und Entwicklung 
  • Gemeinsam gegen die Tierindustrie 
  • Gen-ethisches Netzwerk e.V. (GeN) 
  • Gesellschaft für bedrohte Völker 
  • Greenpeace 
  • Informationsstelle Lateinamerika – ila (Bonn) 
  • Informationsstelle Peru 
  • Inkota-netzwerk
  • Katholische Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) 
  • Katholische Landjugendbewegung Deutschlands (KLJB) e.V. 
  • Kooperation Brasilien (KoBra) 
  • Medico International e.V.
  • NABU – Naturschutzbund Deutschland e.V. 
  • NaturFreunde Deutschlands e.V. 
  • Naturland – Verband für ökologischen Landbau e.V. 
  • Netzwerk Energie-Hunger – Nein Danke 
  • Netzwerk Gerechter Welthandel 
  • OroVerde – Die Tropenwaldstiftung 
  • Oxfam Deutschland 
  • Pestizid Aktions-Netzwerk e.V. (PAN) 
  • POEMA e.V. 
  • PowerShift 
  • PROVIEH e.V. 
  • Regenwald Institut e.V. 
  • ROBIN WOOD e.V. 
  • Slow Food 
  • SumOfUs 
  • terre des hommes Deutschland e.V. 
  • Umweltinstitut München e.V. 
  • Verband Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe (VENRO) 
  • Weltladen-Dachverband e.V. 
  • Wir haben es satt!-Bündnis 

Literaturhinweise 
„EU-Mercosur-Abkommen: Risiken für Klimaschutz und Menschenrechte“. Herausgegeben von Misereor e.V., Greenpeace e.V. und Dreikönigsaktion – Hilfswerk der Katholischen Jungschar (DKA), Autor: Thomas Fritz (Juni 2020). www.greenpeace.de/presse/publikationen/risiken-fur-klimaschutz-und-menschenrechte 
„Analyse des Abkommens zwischen der Europäischen Union und dem Mercosur“. Herausgegeben von Anna Cavazzini MEP, Die Grünen/EFA und PowerShift e.V., Autor*innen: Dr. Luciana Ghiotto und Dr. Javier Echaide (Januar 2020). www.power-shift.de/neue-studie-eu-mercosur-abkommen-brandbeschleuniger-der-klimakrise/ 
„Angriff auf Klimaschutz und Menschenrechte: Die Folgen des EU Assoziierungsabkommens mit dem Mercosur für Mensch und Umwelt“. Herausgegeben von AbL, Attac, Brot für die Welt, BUND, Campact, FDCL, Forum Umwelt und Entwicklung, NaturFreunde und PowerShift (September 2019). www.power-shift.de/wp-content/uploads/2019/09/Angriff-auf-Klimaschutz-und-Menschenrechte-webversion-final-16.09.2019.pdf 
Hinweise zu weiteren Publikationen: www.gerechter-welthandel.org/material/mercosur/