Ringelschwanz wird zur Pflicht

Dank neuer Erkenntnisse wird Haltung von Schweinen mit intaktem Ringelschwanz unwiderruflich zur Pflicht werden

18.10.2016: Die seit 2008 andauernde Kampagnenarbeit von PROVIEH trägt endlich Früchte. Das routinemäßige Kürzen des Ringelschwanzes von Saugferkeln wird unwiderruflich aufhören. Dafür hat die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen (NRW) mit ihrem „Ringelschwanz-Projekt“ gesorgt. Es beweist klipp und klar, welche Ursachen zum gefürchteten Schwanz- und Ohrbeißen bei Schweinen führen und was zu tun ist, um dies zu verhindern. PROVIEH war dabei, als die erfreulichen Versuchsergebnisse am 18. Oktober 2016 in der Landesversuchsanstalt Haus Düsse vorgestellt wurden.

25 Mastdurchgänge verteilt auf 15 Betriebe brachten folgende überraschende Entdeckung ans Licht: Es sind in der Praxis in allererster Linie technische Störungen, die das Schwanzbeißen hervorrufen. Besonders gefährlich ist, wenn ein Futterautomat, die Versorgung mit sauberem Wasser oder die Lüftungsanlage gestört sind oder gar stundenlang ausfallen. Das führt zu Hunger, Durst, beißendem Ammoniakgestank und/oder Hitzestress, alles mit Schwanzbeißen als häufiger Folge. Auf Betrieben ohne Störungen in diesen Bereichen lag die Erfolgsquote intakter Ringelschwänze bei über 95 Prozent.

„Das alles ist kein Wunder“, sagt Professor Sievert Lorenzen, Vorsitzender von PROVIEH, „denn die auf hohe Tageszunahmen gezüchteten Schweine leiden bei den heute üblichen unnatürlichen Haltungsbedingungen unter einem sehr hohen Anpassungsstress. Die kahlen Betonbuchten mit Vollspaltenböden ohne Zugabe von Raufutter und ohne Gewährung ausreichender Beschäftigungsmöglichkeiten verhindern, dass diese intelligenten Tiere ihre natürlichen Verhaltensweisen wie Wühlen, Kauen und Erforschen der Umwelt befriedigend ausüben können. Dadurch können sie aggressiv werden, bis hin zu Kannibalismus.“

Um Schweine erfolgreich mit unversehrtem Schwanz zu halten, muss das Funktionieren der Stalltechnik sichergestellt werden. Die Tierversorgung darf also nicht zu sehr der Technik überlassen werden, sondern ist vor allem durch den Menschen sicherzustellen. Für eine gute Verdauungsgesundheit und zur Vermeidung von Nekrosen und Schwanzbeißen muss täglich außerdem genug Raufutter von guter Qualität angeboten werden (Luzerne-Heu hat sich sehr bewährt). Unkupiert kann  der Ringelschwanz als wichtiges Frühwarnsystem dienen: Hin- und Herpeitschen, Einklemmen zwischen die Beine oder Nekrosen weisen auf Probleme hin, die der Tierhalter dringend abstellen sollte.

 „Die neuen Erkenntnisse werden das Schwanzkürzen nicht abrupt beenden können, doch auf dem Weg dahin gibt es kein Zurück mehr“, betonte Prof. Dr. Friedhelm Jaeger vom Referat für Tierschutz im nordrhein-westfälischen Agrarministerium. Überdies werden EU-Inspektoren deutsche Schweinebetriebe ab 2017 verstärkt prüfen. Mängel wie routinemäßig gekürzte Ringelschwänze können dann zu Kürzungen von EU-Agrarzahlungen führen. Der nun fällige Umstellungsprozess kann beschleunigt werden durch die seit 2011 von PROVIEH vorgeschlagene „Ringelschwanzprämie“ für den Kupierverzicht. Fördermittel für die notwendigen Betriebsumstellungen könnten ab 2017 aus den Landeshaushalten bereitgestellt und durch EU-Mittel kofinanziert werden. 

Kontakt:
Prof. Dr. Sievert Lorenzen, Vorsitzender von PROVIEH VgtM e.V.
E-Mail: info@provieh.de,
Telefon: 0431. 248280

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