Gesetzliche Haltungskennzeichnung fair für Landwirte und im Sinne der Tiere ausgestalten!

Berlin, 11.05.2022: Angesichts der bisherigen Pläne zur Haltungskennzeichnung zeigt sich PROVIEH enttäuscht. Die Tierschutzorganisation fordert das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) auf, ein ganzheitliches, faires Konzept vorzulegen, anstatt Partikularinteressen zu folgen. PROVIEH richtet folgende Kernforderungen an die Ausgestaltung: Die höchste Stufe der Kennzeichnung darf keinesfalls ausschließlich Bio-Betrieben vorbehalten sein. Außerdem müssen sich die Stufen klar voneinander abgrenzen und bereits in der Einstiegsstufe durch Anhebung des gesetzlichen Mindeststandards einen Mehrwert für die Tiere bieten.

„Die größte Schwäche und der angreifbarste Punkt bei den derzeitigen BMEL-Plänen zur Haltungskennzeichnung liegen in der Exklusivität der Bio-Stufe. Dadurch werden konventionelle Betriebe mit tierfreundlichen Haltungsformen wie Auslauf oder gar Freiland unterhalb von Bio-Betrieben eingeordnet, auch wenn ihre Haltung aus Tierschutzsicht sogar über den Bio-Kriterien liegt. Diese Einordnung macht die gesetzliche Haltungskennzeichnung unlogisch und unfair“, kritisiert Anne Hamester von PROVIEH die Pläne des Bundeslandwirtschaftsministeriums. „PROVIEH fordert eine anspruchsvolle Premiumstufe der Freilandhaltung, die sowohl konventionellen als auch Bio-Betrieben offensteht und den Fokus auf die Haltung und den Tierschutz legt.“

Kern des Instruments Haltungskennzeichnung ist es, gleiche Haltungsbedingungen in ein Raster zu überführen und diese somit staatlich einheitlich zu kennzeichnen. Gleiche Haltungsbedingungen nur aufgrund der fehlenden ökologischen Wirtschaftsweise minderwertig zu bewerten, ist fachlich nicht zu begründen. Schließlich haben Flächenbindung, Biodiversität oder Einsatz von Pestiziden auf dem Acker keinen Einfluss auf die Lebensrealität der Tiere. Eine nur Bio-Betrieben offenstehende Premiumstufe hätte zur Folge, dass weitaus weniger Tiere von den anspruchsvollsten Haltungsanforderungen profitieren könnten. Fatal wäre hier die Absage an das fortschrittliche Engagement konventioneller Betriebe, die in ambitionierten Initiativen wie zum Beispiel Neuland mitwirken. Insbesondere einem grün geführten Ministerium könnte diese Diskriminierung der konventionellen Landwirtschaft schwer angelastet werden.

Gleichzeitig wächst der Druck auf das Bundeslandwirtschaftsministerium, über der Stufe des gesetzlichen Mindeststandards eine zusätzliche Stufe à la „Stallhaltung Plus“ einzuführen und nicht wie ursprünglich geplant, die Stufe des Außenklimas einzuführen. “PROVIEH hält eine solche “Zwischenstufe” für einen entscheidenden Fehler, wenn diese wie aktuell geplant kaum Verbesserungen enthält: 10 Prozent mehr Platz und Beschäftigungsmaterial sind Minimalverbesserungen, die nicht in eine höhere Stufe, sondern in einen gesetzlichen Mindeststandard gehören!”, kommentiert Anne Hamester die Pläne des BMELs.

Aus Tierschutzsicht sollte der gesetzliche Mindeststandard durch die erste Stufe der Haltungskennzeichnung schnellstmöglich auf das Niveau “Stallhaltung Plus” angehoben werden. Dies wäre zudem nur fair für landwirtschaftliche Betriebe, die bereits dieses Niveau umsetzen: Sie werden nicht in die Stufe des heutigen gesetzlichen Mindeststandards einsortiert und erhalten außerdem einen Kostenvorteil gegenüber den Betrieben, die noch umstellen müssen. Zugleich werden durch Anhebung des Mindeststandards niedrigschwellige Tierschutzverbesserungen in die Breite getragen. Durch die Einführung einer unambitionierten Zwischenstufe würde die Glaubwürdigkeit der Haltungskennzeichnung dagegen stark leiden. Es ist nun Aufgabe des Bundeslandwirtschaftsministeriums, wie angekündigt eine transparente Haltungskennzeichnung im Sinne der Tiere einzuführen! 
 
Mehr Informationen finden Sie in PROVIEHs Kernforderungen an die gesetzliche Haltungskennzeichnung.


Hintergrund
Mit ihrem Koalitionsvertrag kündigte die Bundesregierung die zügige Einführung einer gesetzlichen Tierhaltungskennzeichnung an. Der Druck von verschiedenen Stakeholdern auf das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft wächst, die Pläne zur gesetzlichen Haltungskennzeichnung entsprechend ihrer eigenen politischen und wirtschaftlichen Zielsetzungen auszurichten. So fordern auf der einen Seite Bioverbände eine exklusive Bio-Stufe und auf der anderen Seite Initiative Tierwohl und die Borchert-Kommission eine niedrigschwellige Stufe „Stallhaltung Plus“. 
 
PROVIEH stellte ein eigenes Konzept für die gesetzliche Haltungskennzeichnung vor und empfiehlt dem BMEL, die gesetzliche Kennzeichnung anhand von vier ganzheitlich ausgestalteten Stufen im Sinne des Tierschutzes auszurichten.

Weitere Informationen finden Sie auf unserer Kampagnenwebseite und in unserem ausführlichen Konzept zur gesetzlichen Haltungskennzeichnung


Ansprechperson
Anne Hamester
Hauptstadtreferat
Telefon: 0157. 519 573 41
Mail: hamester@provieh.de 

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