Ein Interview mit Herrn Josef Braun vom Biolandhof Braun in Dürneck bei Freising.

Boden-Bewusstsein

Josef Braun ist Mitglied im Geschäftsführenden Landesvorstand von Bioland Bayern und Mitglied des Präsidiums des Bioland e.V.. Schwerpunkte seiner Verbandsarbeit sind die Themen Forschung und Bildung. Sein Familienbetrieb gehört zu den bundesweit ausgewählten Öko-Demonstrationsbetrieben des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, die der interessierten Öffentlichkeit die Besonderheiten, Vorzüge und Herausforderungen des Ökolandbaus nahebringen soll. Auf dem Hof hält Familie Braun 22 behornte Milchkühe und eine Ammenkuh, rund 400 Zweinutzungshühner mit Zugang zu Wintergarten und Grünauslauf ins Agroforst sowie sechs Mastschweine, die frei im Laufstall bei den Kühen mitlaufen. Die Kühe haben einen ganzjährigen freien Zugang zur Weide. Josef Braun hat sich außerdem der Erforschung der Bodenfruchtbarkeit verschrieben.

Herr Braun, seit wann wirtschaften Sie nach Bioland-Richtlinien?

Wir wirtschaften seit 30 Jahren nach den organisch-biologischen Richtlinien von Bioland.  Seit 1995 verarbeiten wir unsere Milch direkt am Hof und haben hierzu eine eigene Käserin angestellt. Unser Betrieb ist auf Direktvermarktung spezialisiert. Seit 20 Jahren werden auch die Tiere komplett direkt vermarktet. Die Schlachtung erfolgt in der nur wenige Kilometer entfernten Tagwerk-Metzgerei in Niederhummel. Außerdem hat unsere Familie den Bio-Hofladen „Gut & Gern“ in München und meine älteste Tochter betreibt ein Catering mit den Produkten des Betriebs.

Unser zweites Standbein ist Ackerbau und Wildblumensaatgut-Vermehrung: hier besonders der Anbau von Wiesenblumen, Ackerblumen und Gewürzkräutern wie Spitzwegerich, Kümmel, Bibernelle und Schafgarbe.

Welche drei Probleme der deutschen Landwirtschaft würden Sie sofort abstellen, wenn Sie das könnten?

Als erstes würde ich ein Bundesbodenschutzgesetz erlassen, welches dem Humusaufbau in der Landwirtschaft dient. Schwere Maschinen würden von den Ackerflächen verbannt. So könnte der Bodendruck verringert und mehr Raum für Wurzeln, Bodentiere und lockeren Boden bis in die Tiefe geschaffen werden. Das Ziel ist, die natürliche Leistungsfähigkeit des Bodens wiederherzustellen.

Als zweites sollte der Maisanbau zurückgefahren werden, um zurück zum Feldfutterbau und Grünland zu kommen. Weg von der Monokultur, hin zur Mischkultur. Verschiedene Pflanzen mit flachen bis tiefen Wurzeln, als Unter- oder Zwischensaaten, bringen Sauerstoff in den Boden. Das wäre auch gut für die Regenwürmer. 400 bis 600 Regenwürmer leben auf einem Quadratmeter biologisch bewirtschafteten Boden – auf einem konventionell bewirtschafteten bayerischen Acker sind es hingegen durchschnittlich gerade mal 16. Im Regenwurmkot befinden sich zwei bis siebenmal so viele pflanzenverfügbare Nährstoffe wie im umgebenen Boden. Die 80 Tonnen Regenwurmkot, die auf meinen Flächen zusammenkommen, enthalten rund die doppelte Stickstoffmenge, die konventionell im Dünger ausgebracht wird.

Als drittes müsste die Tierhaltung an das Wesen der Tiere angepasst werden. Eine Haltung von Tieren auf Spaltenboden und Gitterrost ist nicht zu tolerieren. In den aktuellen Haltungsformen ist zu wenig Platz für das Einzeltier vorhanden. Kühe sind Wiederkäuer, daher ist eine Fütterung, die nicht ausschließlich auf Heu und Weide basiert, als nicht artgerecht abzulehnen.

Welche Maßnahmen wünschen Sie sich von Bundes- und Landesregierungen, um eine flächendeckende tiergerechte Nutztierhaltung in Deutschland umzusetzen?

Ich wünsche mir, dass die Förderrichtlinien zur Tierhaltung umgestellt werden in Richtung der Einführung einer Leistungsbegrenzung, die dem Wesen der Tiere entspricht. Der Bauer als Landnutzer muss sich den Herausforderungen im Wasser-, Landschafts-, Tier-, Klima- und Bodenschutz stellen.

Welche Richtung sollten Milchbauern einschlagen?

Sie sollten zu einer wesensgerechten Tierhaltung kommen und hiermit auch zu einer ausschließlichen Heufütterung. Diese wirkt sich positiv auf das Fettsäuremuster der Milch aus. Zudem gibt es so gut wie keine Belastung der Milch mit E.coli-Bakterien und Clostridien. Durch die Einführung eines Bezahlsystems, das sich daran orientiert, welche Menge Gras beziehungsweise Heu die Kuh gefressen hat, würden Mais, Soja und Kraftfutter zurückgedrängt. Eine Isotopenanalyse der Milch in der Molkerei zeigt, was die Kuh gefressen hat und kann so den Preis steuern.

Wo sehen Sie die Zukunft der Landwirtschaft?

Die bisherigen Landnutzungssysteme müssen alle in Frage gestellt werden. Zum Beispiel sollten alle Hecken und Wälder, die zur Zusammenlegung von Flächen entfernt wurden, wieder gepflanzt werden, um so zu einem höheren Blattflächenindex zu kommen. Laubwald verwertet Sonnenlicht sehr effektiv, wohingegen auf unseren Feldern ab der Gelbreife nichts mehr passiert. Wir sollten die Zeit, in der die Sonne am stärksten scheint, nicht verschenken. Aus diesem Grund haben wir begonnen, ein Agroforstsystem auf unserem Hof zu etablieren. Wir haben bereits tausende Bäume und Sträucher auf den Anbauflächen und den Flächen zur Tierhaltung gepflanzt. Auf rund zehn Meter breiten Streifen wachsen nun in je drei Doppelreihen junge Pappeln, Weiden, Erlen und Ahorn. Die Energie, die vom Licht über die Photosynthese in den Boden gelangt, führt zum Humusaufbau und kann auf dieser Fläche so um bis zu 50 Prozent erhöht werden. Zudem können wir von diesen schnell wachsenden Bäumen Holz und Energie gewinnen.

Die Trennung von Forst- und Ackerwirtschaft sollte aufgehoben werden. Am Beispiel Uganda wird deutlich, dass auch Waldgartensysteme mit sehr hohen Erträgen punkten können. Durch die tiefwurzelnden Holzarten kann zusätzlicher Bodenraum erschlossen werden. Der Humusgehalt hat sich auf unserem Hof von 1,5 Prozent auf 4,5 Prozent verdreifacht, was auch wissenschaftlich belegt ist. Über den Laubfall, die hohen Wurzelleistungen und die Intensivierung des Bodenlebens werden große Mengen CO2 im Boden rückgebunden. So entsteht ein ausgeglichenes Lokalklima, das sich sehr positiv auf die Entwicklung der Ackerkulturen auswirkt. Die Gesamtleistung unserer Erträge ist so hoch wie bei der früheren konventionellen Bewirtschaftung. Ein großflächiger Einsatz von Agroforstsystemen ist in der Lage, sehr große Mengen Energie zu erzeugen und gleichzeitig durch die Bäume auf dem Acker den Wind so stark zu brechen, dass Stürme keine verheerenden Schäden mehr anrichten. Im Fokus stehen die Artenvielfalt, der Humusaufbau und die Etablierung von Pflanzengesellschaften, die im Gegensatz zur Monokultur stehen.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte unser PROVIEH-Mitglied Dr. Henning v. Lützow.  

www.biolandhofbraun.de

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